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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase
Autoren: Mikko Rimminen
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Anfangs hatte ich sie falsch verstanden und für einen Moment geglaubt, sie heiße auch Irma, und schon in mich hineingekichert, von wegen das kann ja heiter werden mit dieser Namensvetternwirtschaft, aber weil es später sowieso mehr als genug Wirrwarr und Verwechslungen gab, war es sicher gut, dass nur ich Irma hieß und sie Irja und dass wir von Arja damals noch gar nichts wussten.
    Da saß sie, mir gegenüber. Sie hatte Lachfalten um den Mund und ihr Kopf war eingerahmt von Uhren aus Wurzelholz und einer Küche. Eine ziemlich gute Daseinsform für einen Menschen, finde ich.
    Auf dem Tisch standen Kaffee und ein Hefezopf, der ewig feuchte aus dem Supermarkt, bei dem man sich immer ein bisschen wundert, mit welchem Gift sie ihn so haltbar kriegen. Die Wurzelholzuhren hinter Irjas Kopf führten ihr eigenes Leben, jede in ihrem Rhythmus, es waren viele, an die zwanzig, ich lauschte ihrem Tick-Tack und schaute auf den Ahorn draußen in seinem lodernden Herbstanzug und verlor mich für einen Augenblick in der Überlegung, welches Maß an Fürsorge so viele Uhren wohl verlangen, ob man sie unentwegt nachstellen muss, ob man manchmal die Nerven verliert und wann der Punkt kommt, an dem man nicht mehr kann und sagt, sollen sie doch laufen, wie sie wollen.
    Sie hatten eigentlich eine ganz schöne Wohnung, da in Kerava,die Familie Jokipaltio. Es war Vormittag, grau und bestimmt ziemlich tristesseträchtig, zumindest für eine Hausfrau, wie Irja, ihren Worten und anderen Anzeichen nach zu schließen, eine war; ihr Mann arbeitete in Jormakkas Autowerkstatt in Korso, die Tochter ging in die Mittelstufe, der Sohn mühte sich durchs Abijahr, wie ich mir auf der Rückfahrt aus dem Gedächtnis notierte.
    Aber angenehm war es, wie gesagt. Es gab die Uhren aus Wurzelholz und alle möglichen kleinen Ziergegenstände, Holztulpen, einen Glaselefanten, eine Kognakflasche in Form des Eiffelturms, eine Muschel, glatt geschliffene Steine und Grünpflanzen, die so aussahen, als würde sich jemand was aus ihnen machen und vielleicht sogar mit ihnen sprechen; nichts Protziges, sondern ein Gesamteindruck, der zu sagen schien, zwar schwimmen wir hier nicht im Geld, doch soll sich auch ein normaler Mensch in seinem Heim wohlfühlen dürfen. Es war reinlich, es roch gut, einfach bloß sauber roch es, nicht aufdringlich nach Putzmitteln, wie bei manchen Leuten, das weckt schnell Misstrauen. Der Platz schien für eine Familie ihrer Größe gerade auszureichen.
    Sie selbst war ebenfalls angenehm: Irja. Von Anfang an konnten wir einfach still dasitzen, es musste nicht ständig geredet werden; wir schauten aus dem Fenster, sahen unter den bunten Bäumen Kinder mit Overalls in allen Farben herumkriechen, wie Seeschlangen in Naturfilmen, und schon glitten wir ganz natürlich wieder ins Gespräch, Ach die Kleinen, Erinnerst du dich noch?, Und ob ich mich erinnere, Das war eine Zeit, Kann man wohl sagen, Obwohl man sie sich nicht unbedingt zurückwünscht, Nein, Die Matschhosen und alles, Das kannst du laut sagen, DIE MATSCHHOSEN UND ALLES,Was?, War ein Witz, Ach so, War wohl eher ein schlechter, Nein, ich hab ihn bloß nicht kapiert.
    »Zuerst wird man krumm vor Sorge, weil sie mit dem Kopf gegen die Schränke stoßen, und dann muss man Angst haben, dass sie von anderen herumgestoßen werden«, sagte Irja. »Man hört nie auf, sich Sorgen um sie zu machen.«
    »Nein«, sagte ich, obwohl ein energisches Nicken wahrscheinlich auch genügt hätte.
    Am wichtigsten war aber doch, dass Fragen gestellt wurden, dass geantwortet wurde, wenn einem danach war, dass man zusammensaß, Kaffee trank. An sich war es ja ein Versehen, das Ganze, ursprünglich wollte ich einen Philodendron in Kerava abholen, irgendjemand verschenkte seine Grünpflanzen wegen Umzugs, in der Markthalle von Hakaniemi hatte ein Zettel an der Wand gehangen, ich weiß nicht, wieso gerade dort, so weit weg von Kerava, und ich weiß heute noch nicht, warum ich meinte, bis nach Kerava fahren zu müssen, um die Pflanze zu holen, aber wenn es was umsonst gibt, kommt einem die Entfernung natürlich nicht so groß vor. Das Resultat war auf jeden Fall, dass ich im falschen Eingang, wenn nicht sogar im falschen Haus landete und in Gedanken an irgendeiner Tür klingelte, bei Jokipaltio, das war mir irgendwie richtig vorgekommen, und es kam mir immer noch so vor, da am Küchentisch, obwohl sich schon bei der ersten Tasse herausstellte, dass man mir hier gar keinen Philodendron aufdrängen wollte.
    Und ich
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