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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Kopf in die Pisse auf dem Boden, um ihn ein bißchen zu erziehen. Mit dem Resultat, daß Bernard noch einmal pinkelt und diesmal einen von Askilds Schuhen trifft.
    »Du – bist – ein – Scheißtierquäler«, sagt Stinne schließlich.
    »Was?« schreit Askild – vielleicht weil ihm sein taubes Ohr einen Streich spielt. »Wie redest du denn mit mir?«
    Ich kann nicht länger zuhören. Ich weiß nicht mehr, wie es kommt, aber plötzlich habe ich Großvater fest auf den Oberschenkel geschlagen und gesagt, er sei ein blöder Idiot.
    »Was?« brüllt Askild.
    »Hau ab, du blöder Idiot«, wiederhole ich.
    Im Zimmer wird es ganz still. Eine kurze Sekunde sieht es so aus, als hätte ich Großvater aufgehalten. Ich halte die Luft an und bin ganz stolz, weil es mir gelungen ist. Dann tritt er mir in den Hintern, ich falle nach vorn auf Stinnes kleinen Tisch und stoße mich an der Schulter.
    Es tut ziemlich weh, aber ich sage nichts.
    Askild faucht, daß man so nicht mit seinem Großvater spricht. Signe läuft zu Vater, und kurz darauf steht Vater im Zimmer und weist Askild zurecht, daß er seinen Sohn nicht in den Hintern zu treten hätte. Askild wirft Vater vor, mich nicht ordentlich erzogen zu haben. Er nennt mich ein Schlüsselkind, weil Mutter, die mit einer Ausbildung als Krankenschwester begonnen hat, tagsüber nicht mehr zu Hause ist, um auf mich aufzupassen. Da kommen nur ungezogene Blagen bei raus, behauptet Askild, der sich nicht traut, mich einen Hurensohn zu nennen, wenn Vater direkt neben ihm steht.
    Stinne findet, daß Askild jetzt nach Hause gehen sollte: »Davon hast du doch den ganzen Abend gesprochen, worauf wartest du denn noch?«
    Als sie wieder im Wohnzimmer sind, hören wir die Trutsche auf dem Gang rumoren. Stinne verschließt hastig die Tür, noch bevor sie hereinkommen kann.
    Ich spüre ein leichtes Zittern in meinem Körper. Stinne berührt vorsichtig meine Schulter und fragt, ob sie noch immer weh tut.
    Ich nicke.
    »Er sollte seine eigene Pisse schmecken«, sagt sie wütend. Und plötzlich haben wir einen Plan, daß Askild, wenn schon nicht seine eigene, dann doch die Pisse von irgend jemand anderem probieren soll, noch bevor der Tag zu Ende geht.
    Askild war allmählich zu einem Schatten geworden, der Bjørk mit einem Gesichtsausdruck verfolgte, der Vater Thorsten immer nervöser werden ließ. Schließlich lud Askild Ejlif kaum noch ins Wirtshaus ein, lieber wollte er die Abende bei Tee und Kartenspielen in der Patriziervilla am Kalfarvei verbringen. Natürlich war inzwischen auch Bjørk auf ihn aufmerksam geworden – immerhin sind ein paar Jahre vergangen, seit er sie zum ersten Mal unter den Birken hatte sitzen sehen. Mit ihrer Schwester Line amüsierte sie sich oft über Askilds linkische Art, seine stammelnden Sätze und die unbeholfenen Versuche, seinen Küstendialekt abzulegen und Bergener Reichsdänisch zu sprechen, wie man es in diesen Jahren in der Familie Svensson tat. Mit der Zeit wurde er zunehmend ungeschickter. Während des Kartenspiels vergoß er Tee über den Tisch, und wenn sie abends Elchsuppe aßen, hinterließ er große braune Flecken auf dem Weg zwischen der Schüssel und seinem Teller. So ist das, wenn man seine Tür irgendwelcher Seeräuberbrut öffnet, dachte Thorsten, der sich bei seiner Frau über ihr gastfreundliches Angebot beschwerte, Askild immer wieder mitessen zu lassen. Doch Ellen war der Ansicht, daß dieser junge Mann zu bedauern sei, nachdem seine Eltern ihn erst kürzlich nach einem Streit vor die Tür gesetzt hatten und er sich gezwungenermaßen bei der Kapitänswitwe Knutsson in einem zehn Quadratmeter großen Zimmer hatte einquartieren müssen. Sie ließ sich nicht davon abbringen. Wenn das Haus allen anderen Gästen offenstand, die Thorsten mit nach Hause schleppte, um sie Bjørk vorzustellen, dann mußte es auch Askild offenstehen. Thorsten gab widerstrebend nach, während er ängstlich Bjørks Lachen registrierte, wenn Askild wieder einmal einen Fauxpas beging. Es war etwas Unheilschwangeres in diesem Lachen, obwohl Bjørk den jungen Ingenieurstudenten noch immer lediglich als eine amüsante Abwechslung ihres Alltags betrachtete.
    Auf lange Sicht waren es natürlich nicht seine lächerlichen Versuche, sich vornehme Manieren anzueignen, die den Ausschlag gaben, es waren nicht seine bettelnden Augen, wenn sie ihn hin und wieder dabei erwischte, wie er einfach dastand und sie anglotzte, es waren auch nicht seine Tolpatschigkeit oder seine
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