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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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schleichen; auch wenn die immer übleren Essensreste, die er ihm jeden Tag in den Mund stopfte, mehr und mehr nach einer Investition in den Tod und nicht in die Zukunft aussahen.
    Am 1. Februar, als die Russen an der Oder standen, erhob sich Askild vom Krankenlager und schwankte zurück zu seiner überwiegend von kriminellen Deutschen, Russen und Polen belegten eigenen Baracke, um wieder seinen Platz in der Hierarchie einzunehmen, den Speckbacke zu verteidigen versucht hatte. Seine Privilegien sollte er jedoch nie wieder zurückerhalten.
    Drei Wochen später verschwand Speckbacke während eines Außenkommandos bei einem Bombenangriff. Man hatte sie nach Leipzig zum Goldgraben abkommandiert, zum Leichenfleddern in ausgebombten Häusern, unter strenger Bewachung der SS . Askild war etwas beiseite getreten, um zu pinkeln, und gerade als er mit seinem Glied in der Hand dastand, flogen die Engländer in ihren Wellington-Bombern über das Viertel und verwandelten die bereits ausgebombte Stadt in ein Inferno von Spreng- und Phosphorbomben. Die Goldgräberei wurde erst einen Tag später fortgesetzt, als wieder einigermaßen Ordnung in der Truppe herrschte. Askild hatte sich in einen vier Meter langen Tunnel zu graben, in dem Speckbacke am vorhergehenden Tag gearbeitet hatte. Als er sich ein paar Stunden später durchgewühlt hatte und plötzlich in einem fast unbeschädigten Kellerraum stand, sah er Speckbacke mit dem Rücken an einer Mauer sitzen und ausdruckslos vor sich hin starren. Im ersten Augenblick dachte Askild, er würde noch leben, als er aber seine Hand berührte, verwandelte sich Speckbacke in einen Haufen Knochen und Stoffreste, die sich wie dunkles Pulver über den Boden verstreuten …
    Askild erzählt, daß die gewaltige Wärmeentwicklung das gesamte Fettgewebe zum Verdampfen gebracht hatte. »Dann war’s vorbei mit dem Schwulenarsch«, rülpst er.
    Mutter findet, so etwas sei nichts für Kinder. Auch sie ist inzwischen betrunken, denn sie fängt an zu rauchen – normalerweise macht sie das nie.
    Die Phosphorbomben waren primitive Vorgänger der Napalmbomben, eine teuflische Erfindung, erzählt Askild. Wenn Phosphor in Verbindung mit Sauerstoff kommt, beginnt er zu brennen. Wenn ein Mann erst einmal Phosphor abbekommen hat, hilft es auch nichts, ihn ins Wasser zu tauchen. Er fängt an zu brennen, sobald er wieder aus dem Wasser kommt … eine verfluchte Erfindung, peng, peng! Askild zielt mit dem Zeigefinger auf mich und befiehlt auf deutsch: »Achtung, Achtung, weitermarschieren, schnell, los, los …«
    Nun möchte Großmutter nach Hause, aber jetzt will Askild nichts davon hören. Sie ist aufgestanden und tritt mit ihrer Handtasche und Onkel Knuts Postkarte darin von einem Bein aufs andere.
    Kurz darauf kommt Großvater mit einer Frikadelle in der Hand in Stinnes Zimmer. Signe schläft heute nacht bei uns und durfte Bernard mitbringen, ihren schwarzen Labrador, der auch hier schlafen soll. Onkel Harry und Tante Anne wohnen nur anderthalb Kilometer von uns entfernt, es war also keine große Sache, ihn zu holen.
    Als Askild Bernard sieht, geht er auf ihn zu und streckt ihm die Frikadelle hin. »Komm schon, du blöder Köter«, sagt er, und Signe erklärt ihm, daß ihr Hund Bernard heißt.
    »So, tut er das?« grinst Großvater und drückt die Frikadelle auf Bernards Schnauze, der erschrocken nach hinten auszuweichen versucht.
    »Ich glaube nicht, daß er deine Frikadelle will«, sagt Signe. Askild erwidert, sie solle die Klappe halten, greift nach Bernards Schnauze und versucht, ihm die Frikadelle mit Gewalt ins Maul zu stopfen. Bernard winselt, Askild murmelt »Verfluchter Köter«, und auf seiner blanken Stirn erscheinen eine Menge kleiner Schweißtropfen.
    Stinne sagt, er soll aufhören, Bernard zu erschrecken, aber Askild grinst nur und fragt, ob ihre Zicklein gewachsen sind. Er läßt Bernard mit einer Hand los und greift nach Stinnes kleinen Brüsten, dabei lacht er, daß wir deutlich seine gelben Seeräuberzähne sehen können. Meine zwölfjährige Schwester wird rot vor Wut, denn sie kann es nicht leiden, wenn man ihre Brüste Zicklein nennt. Sie bringt kaum die Worte heraus und stammelt irgend etwas, das wir nicht verstehen.
    Plötzlich pinkelt Bernard vor Angst auf den Boden. »Teufel auch!« brüllt Askild und läßt die Frikadelle fallen, die unter Stinnes Bett rollt. Er beschimpft Bernard und behauptet, er sei nicht ordentlich erzogen. Dann greift er ihm in den Nacken und preßt seinen
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