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Hund aufs Herz

Hund aufs Herz

Titel: Hund aufs Herz
Autoren: Gert Haucke
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– allen weit voran der Hund, der sich zwangsweise den Menschen so assimiliert hat, daß er ohne sie nicht mehr lebensfähig ist –, irgend etwas scheinen sie immer noch geben zu können, auf das Menschen nicht verzichten wollen.
    Ich nenne es – grob vereinfachend, aber zutreffend –Liebe.
    Und eben darum geht es.
    Hunde verschenken ihre Sympathie nach ganz anderen als menschlichen Gesichtspunkten. Es ist ihnen egal, was einer «darstellt», ob er reich oder bitter arm ist, ob er sich wäscht oder nicht, alt oder jung ist, gestylt oder in dreckigen Lumpen. Einzig die Zuwendung zählt: die gleichbleibende Freundlichkeit, die Streicheleinheit, der Körperkontakt, das Bemühen, einander zu verstehen. Wenn das vom Menschen aus klappt, dann kommt von der Tierseite her ein nicht abreißender Strom an Trost und Liebe. Überlebenshilfe für viele.
    Die Erkenntnisse sind nicht neu, vergangene Jahrhunderte wußten darum. Sie wurden einfach vergessen, wie – über Jahrtausende – die Fähigkeit der alten Ägypter, Gehirnoperationen erfolgreich durchzuführen.
    In England ist die Hilfe von Hunden für therapeutische Zwecke schon im achten Jahrhundert in Anspruch genommen worden, und Walther von der Vogelweide wußte noch, «daz ein tier dem herze wol macht».
    Anfang der sechziger Jahre wurde dann die Weisheit der Alten von modernen Wissenschaftlern neu entdeckt. Es begann wie so vieles – Vernünftiges und Unvernünftiges – in Amerika und zunächst mit kurzen Berichten und Artikeln, von der Mehrheit der Wissenschaftler belächelt.
    Dann aber häuften sich gesicherte Fakten und Fallstudien, die alle auf eines hinausliefen: Tiere, in ganz besonderem Maß Hunde, haben verblüffende therapeutische Kräfte. Allein ihre Anwesenheit löst Einsame aus ihrer Isolation, hilft alten Menschen, die sich schon aufgegeben haben, ins Leben zurück, erweckt bei geistig Behinderten, die wiederum die Ärzte schon aufgegeben hatten, ein vitales Interesse, das von keinem mehr erwartet wurde. Und in den Krankenhäusern und Kinderkrankenhäusern werden die Betten wesentlich früher frei, sinken also deutlich die Behandlungskosten, wenn den Patienten erlaubt wird, ihre eigenen Hunde oder andere Tiere mitzubringen oder an den Tieren, die von Ärzten oder Pflegepersonal eingebracht werden, zu partizipieren.
    Die zahlreichen, überzeugenden, oft auch erschütternden Beispiele für die Hilfe der «Kotherapeuten» an kranken, hilflosen oder behinderten Menschen kann man Veröffentlichungen entnehmen, die hauptsächlich aus Amerika und Australien kamen, aber auch aus vielen anderen Ländern.
    Natürlich gibt es auch hier ein Problem, das nicht zu vernachlässigen ist: Wie kann man die Hilfe der Tiere für Menschen in Einklang bringen mit deren Recht auf ein artgerechtes Leben?
    Wieweit werden Tiere zum Beispiel strapaziert oder überstrapaziert, die unaufhörlich an verschiedene Bezugspersonen weitergereicht werden? Und: Inwieweit ist der Mensch berechtigt, diese Hilfe Tieren abzufordern, die weit mehr dadurch in Anspruch genommen werden, als sie verkraften können? Sind Konflikte zwischen Tierschutz und Psychiatrie nicht schon vorprogrammiert?
    So wichtig es ist, zu erkennen, wie stark die seelische
    Hilfe eines Tieres für Menschen wirksam werden kann: diese Hilfe darf nicht «abgefordert» werden, die «Kotherapeuten» dürfen nicht wieder einmal vom anthropozentrischen Standpunkt aus «verbraucht» werden.
    Das Wort «menschlich», die oft beschworene «Menschlichkeit»– sie haben ihre ursprüngliche Bedeutung längst eingebüßt, die Begriffe haben sich in ihr Gegenteil verkehrt, haben mit der altehrwürdigen Humanitas nichts mehr gemein. Es wird Zeit, das zu erkennen. «Menschlich» ist es, jede Art von Gewalt gegen die eigene Art anzuwenden, aus nichtigen Gründen. «Menschlichkeit» hat dazu geführt, diesen Planeten an den Rand des Abgrunds zu bringen, und zwar wider besseres Wissen. Menschen zerstören die Ressourcen für sich und alles, was mit ihnen lebt. Und die wenigen Weisen unter uns haben nur das zynische Recht, ihr Wissen öffentlich zu machen. Sie dürfen alles sagen, aber sie haben nichts zu sagen. Wir und alle, die mit uns atmen, leben nur noch durch Zufall. Wenn nur ein einziges der Dutzende von defekten Kernkraftwerken in Europa sich selbst zerstört, zerstört es alle «Errungenschaften», auf die wir so stolz sind, und ihre Erzeuger dazu.
    Verzeihen Sie mir diese kurze Abschweifung in den allgemeinen Irrsinn. Ich will
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