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Hund aufs Herz

Hund aufs Herz

Titel: Hund aufs Herz
Autoren: Gert Haucke
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stieß. Danach war sie in Sekunden am Horizont. Ich habe nachgemessen: Jeder ihrer Sprünge betrug zwischen sieben und acht Metern! Können Sie mir sagen, wo ein solcher Hund – aus den unendlichen Heide- und Moorflächen Schottlands stammend und ursprünglich nur wenigen Hochgestellten vorbehalten – wo dieser Hund artgerecht, das heißt seinem enormen Laufvermögen entsprechend, gehalten werden kann? Und von wem? Das gleiche oder ähnliches gilt für alle sehr großen Windhundrassen. Wir haben keinen Platz mehr für Deerhound, Barsoi, Greyhound oder die orientalischen Windhundrassen. Die paar Hunde, die sich regelmäßig in Rennen austoben dürfen, kann man vergessen! Wir haben in unserem engen, urbanisierten Europa für diese herrlichen Hunde keinen Platz mehr. Dennoch werden sie hartnäckig weitergezüchtet und degenerieren natürlich immer mehr.
    Und: Was sollen die riesigen überschweren Bernhardiner, Mastiffs, die armseligen Kolossal-Überbleibsel der Deutschen Dogge, die schon an ihrem Standard dahinsiechenden Mastini Napolitani? Die größtenteils todkranken, weil aus viel zu kleiner Population stammenden Bordeaux-Doggen? Herrgott: Ich verlange ja nicht, daß man diese schönen Hunde exekutieren soll. Ich meine nur, daß man Rassen, deren Lebensbedürfnisse wir nicht – oder nicht mehr – erfüllen können oder die nur noch durch Inzucht weiterexistieren – daß man diese Rassen einfach auslaufen läßt.
    Für viele Vertreter ihrer Art wäre das dann der einzige Auslauf in ihrem unerfüllten Leben.
    Ich meine, wir dürfen einfach nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, daß wir viel zu viele Hunde haben, denen es nicht gutgeht. Und ich spreche jetzt nicht – noch nicht – von den Vernachlässigten, Verstoßenen, Ungeliebten, sondern von den Rassen, deren angezüchtete Bedürfnisse einfach nicht erfüllt werden können. Auch beim besten Willen nicht. Ist es denn wirklich zuviel verlangt von den Züchtern dieser Rassen, auf andere Rassen umzusteigen, die noch einigermaßen in unsere enge Welt passen? Und gibt es denn irgendeinen Sinn –jetzt komme ich auf die allgemeine Situation – Jahr für Jahr ich weiß nicht wie viele hunderttausend Hunde gewissermaßen «herzustellen», wissend, daß Hunderttausende davon ein elendes Leben haben werden, weil der Besitzerehrgeiz und die vorgebliche Liebe schnell vergangen sind? Wissend, daß allein dreißigtausend Hunde jährlich – meist vor dem großen Urlaub – aus fahrenden Autos geworfen werden? Ungezählte, in unzugänglichen Waldstücken angebunden, dem qualvollen Hungertod ausgeliefert sind? Millionen in Versuchslaboratorien zu Tode gefoltert werden? Oder, bestenfalls, in den trostlosen Käfigen der zum Bersten gefüllten Tierasyle landen, hoffend – oft vergeblich –, daß sich noch einmal ein Mensch ihrer erbarmt. Was dann nicht ausschließt, daß der Circulus vitiosus von vorn beginnt.
    Meine Damen und Herren, ich bin noch nie einem Hundezüchter begegnet, der nicht behauptet hätte, daß er die Zucht aus Liebe zum Hund allgemein und zu
     «seiner» Rasse im besonderen betreibe. Geld sei damit nicht zu verdienen. Im Gegenteil. Es sei ein teures Hobby. Und wenn einer verantwortungsbewußt züchtet, dann ist das auch so. Im übrigen aber ist das nicht so: Es gibt reichlich Züchter, die diesen Namen nicht verdienen und die auf Kosten ihrer armseligen Hunde höchst ungute, aber einträgliche Geschäfte machen. Sie glauben doch sicher auch nicht, daß jemand, der zwanzig verschiedene Rassen oder mehr anbietet, daß man den zu den Züchtern rechnen kann? Das sind Vermehrer oder Verkäufer von Hundeware, die direkten Nachkommen der Roßtäuscher. Sie sind kriminell, und Einsicht ist von ihnen nicht zu erwarten.
    Und die anderen? Die doch hoffentlich große Zahl der verantwortungsbewußten Züchter? Kann wenigstens dort Einsicht erwartet werden? Oder ist es auch denen egal, den Hundeberg Jahr für Jahr zu erhöhen? Beizutragen zur Herstellung der Wegwerfware Hund? Bitte keine Ausflüchte: Auch Rassen, die so gut wie nie in den Tierheimen auftauchen – Shar Peis meinetwegen oder Chinese Crested Hairless –: wenn sie nicht auf dem Markt wären, vielleicht fände doch der eine oder andere Herrenlose statt ihrer ein neues Zuhause. Auch die traurige Tatsache, daß vom mangelnden Angebot seriöser Züchter die Hundehändler profitieren würden, ist Ausflucht keine Lösung des Problems. Ganz richtig: Ohne die Einsicht und Mitarbeit der Käufer geht es
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