Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hulamädchen auf Abwegen

Hulamädchen auf Abwegen

Titel: Hulamädchen auf Abwegen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
vielleicht
verraten wollen, wo Sie wohnen, Mr. Boyd«, flüsterte er eifrig, »dann könnte
ich Ihnen schon morgen früh Näheres mitteilen.«
    »Ich wohne im Hawaiian Village «,
antwortete ich, »und falls ich morgen vormittag nichts von Ihnen höre, komme ich morgen abend hierher
zurück, hol’ mir mein Geld und schlag’ Ihnen die Zähne ein. Haben Sie mich
verstanden?«
    »Vollkommen, Sir«, erwiderte
er, richtete sich wieder zu voller Größe auf und wischte ein paar imaginäre
Brotkrumen vom Tischtuch.
     
    Ich betrat den Aufzug im Princess Kaiulani und ließ mich in höhere Regionen entführen. Als ich die Bar erreichte, fand ich
mich in völliger Dunkelheit wieder und überlegte, ob — wie das in anderen
zivilisierten Ländern mitunter vorkam — auch in Hawaii ein Streik ausgebrochen
war. Vielleicht hatte man auch hier schon erkannt, daß man die Elektrizität
rationalisieren mußte. Aber als ich zum Fenster hinausschaute, begriff ich,
warum es so dunkel war.
    Wenn man von der Bar
hinausblickte, sah man den mächtigen Koloß des mit
Lichtpünktchen übersäten Diamond Head. Es war eine hinreißende Aussicht —
man hätte meinen können, es sei Weihnachten. Ich war so fasziniert, daß ich den
Kellner beinahe übersehen hätte. Er fragte mich sehr höflich, ob ich einen
Tisch suchte. Ich erklärte ihm, ich wolle ein paar Freunde treffen, einen
gewissen Captain Larsen und eine Mrs. Reid. Er
blickte mich erfreut an und bedeutete mir, ich solle ihm folgen. Und das tat
ich mit uneingeschränktem Vergnügen.
    Nach und nach gewöhnten sich
meine Augen an das romantische Halbdunkel, und ich erkannte, daß er mich zu
einem Tisch führte, der in der hinteren Ecke links gleich am Fenster stand. Es
war ein wundervoller Platz. Dank meiner wiedergewonnenen Sehfähigkeit bemerkte
ich, daß drei Leute daran saßen, und ich glaubte schon, der nette Kellner
könnte den Tisch vielleicht mit einem anderen verwechselt haben. Allein er schien seiner Sache sicher und schob höflich einen Stuhl
für mich zurecht, lächelte verbindlich und zog sich zurück.
    Das Lächeln der drei Personen
am Tisch war jedoch keineswegs verbindlich. Im Gegenteil: Drei Augenpaare
musterten mich mit eisiger Kälte. Ich erwiderte ihre huldvollen
Begrüßungsblicke und stellte fest, daß der Kellner immerhin in zwei von drei
Fällen recht gehabt hatte. Der dritte Fall konnte ebensogut ein Tourist sein, der sich hier herauf verirrt hatte und den man allmählich von
allen Seiten auf seinem Stuhl eingekeilt hatte, so daß er keine Möglichkeit
sah, sich auf anständige Art und Weise wieder zu entfernen.
    Virginia Reid saß zwischen zwei
Männern. Sie verdiente, das mußte ich zugeben, sogar einen zweiten Blick. Ich
tat also, wie mein inneres Gebot mich geheißen. Sie war blond — mit glattem
Haar, das ihr scheinbar achtlos auf die Schultern fiel. Es war auf eine so
hinreißende Weise gekonnt unordentlich, daß es den idealen Rahmen bildete für
ihre schönen, gleichmäßigen Züge, ihr ovales Gesicht mit den hohen
Backenknochen und der zarten, geraden Nase. Ihre Augen waren tiefblau, ihre
Lippen eher üppig als schmal und voller Verheißung. An ihrem Kinn jedoch ließ
sich ein arroganter und durchaus entschlossener Zug nicht leugnen. Sie trug ein
hübsches Cocktailkleid aus weißem Baumwollstoff, das von oben bis unten mit
schwarzen Gänseblümchen bestickt war. Es war trägerlos — und die gestickten
Blütenblätter am Ausschnitt bildeten eine reizende Verbrämung ihres
wohlgeformten Busens. All das nahm ich in weniger als zwei Sekunden wahr, gebe
aber offen zu, daß es dazu einiger Erfahrung bedurfte.
    Ihr zur Seite saß Larsen, der
genauso aussah, wie man ihn sich immer vorstellte — was mich auf den Gedanken
brachte nachzuprüfen, ob es sich bei ihm nicht vielleicht um eine Fälschung
handelte. Sein Haar war strohblond; es war aber durch die Sonne so stark
gebleicht, daß es beinahe weiß wirkte, im Gegensatz zu der tiefen Bräunung
seiner Haut. Seine Augen waren ebenfalls blau und paßten ideal zu seiner aristokratischen Hakennase, was ihm ein untrügliches Flair von
Autorität verlieh. Zu einem dunkelblauen Blazer trug er ein zwanglos
offenstehendes Hemd, das diesen Eindruck noch verstärkte. Ein Blick auf Larsen —
und man nahm förmlich den Salzgeruch des Meeres wahr und das grüne Glitzern der
brechenden Wellenkämme.
    Der Dritte im Bunde war ein
Chinese, der einen tadellos sitzenden weißen Rohseidenanzug trug. Er war fast
so gut wie der,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher