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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 03 - Blutlinien
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nicht in der Lage schien,
selbst zusammenhängende Betrachtungen anzustellen.
    Sie verbrachten den Rest des Tages damit, den Sarg zu fotografie ren, zu katalogisieren und die Versiegelung aus Zedernharz zu entfer nen, die
dafür sorgte, daß der Deckel fest und unverrückbar auflag.
    „Warum dieses Zeug nicht zu einem netten, leicht zu entfernenden Pulver vertrocknet ist, mögen die Götter wissen", sagte Dr. Shane
und schüttelte ihre eingeschlafenen Beine aus.
Sie verbrachte nun bereits den zweiten Tag überwiegend auf Knien; angeblich
eine Lieblings haltung der Archäologen - aber Dr. Shane hatte noch nie viel davon gehalten, sich für die Wissenschaft zum
Krüppel machen zu lassen.
    „Es sieht
aus, als läge hier etwas im Sarg, das nicht wieder herauskommen sollte",
sagte sie und streckte ihre Hand nach einer der kleineren Schlangen aus, ohne diese jedoch zu berühren.
    Eine der studentischen Hilfskräfte lachte, ein hohes, nervöses Lachen, das auch gleich wieder verstummte.
    „Öffnen!" befahl Dr. Rax, dessen Lippen plötzlich sehr trocken waren.
    In der darauffolgenden Stille klang das Surren der Videokamera aufdringlich
laut.
    Rax entgingen die schockierten Blicke, die seine Untergebenen einander und auch ihm zuwarfen, nicht. Er spreizte die Hände und
lächelte gequält. „Kann irgendwer hier heute nacht ruhig schlafen, falls wir das
nicht tun?"
    Kann
irgendwer hier ruhig schlafen, wenn wir es tun? dachte Dr. Shane insgeheim und fragte sich sogleich, woher
dieser Gedanke wohl kam. „Es ist
schon spät", sagte sie, „wir haben alle hart gear beitet, und vor
uns liegt das Wochenende. Warum machen wir nicht frisch und munter am Montag weiter?"
    „Wir können ja nur den Deckel heben." Dr. Rax sprach mit der Stimme, die
er benutzte, wenn es darum ging, beim Verwaltungsrat des Museums Geld locker zu
machen, einer Stimme, deren Charme immer und
garantiert wirkte und die Dr. Shane jetzt und in diesem Zusammenhang ungern hörte. „Ich glaube, nach all
der harten Arbeit haben wir einen kleinen Blick in den Sarg verdient",
fuhr ihr Vorgesetzter fort.
    „Was ist mit Röntgenbildern?"
    „Machen wir später." Dr. Rax streifte sich hastig saubere Hand schuhe über,
damit niemand sah, wie seine Hände zitterten. „Da die Griffe des Sargdeckels
offenbar nicht mehr vorhanden sind, schlage ich
vor, daß ich das Kopfende nehme. Ray", nickte er dem größten der
anwesenden Wissenschaftler zu, „Sie nehmen das Fußende."
    Noch hätte man es verhindern können, aber letztlich waren alle versessen
darauf zu sehen, was sich in dem Artefakt verbarg. Da auch die stellvertretende Kuratorin keine weiteren Widersprüche vorbrachte,
zuckte Ray die Achseln, zog Handschuhe an und nahm seinen Platz ein.
    „Bei Drei! Eins, zwei, drei!"
    Der Deckel ließ sich glatt abheben und war schwerer, als es den Anschein gehabt hatte.
    „Ah!" Ein Laut aus einem halben Dutzend Kehlen. Rax senkte den Deckel behutsam auf ein weiteres gepolstertes Gestell, wobei sein Herz schmerzhaft gegen die Rippen pochte, und drehte sich dann um, um zu sehen, was dort enthüllt liegen mochte.
    Die Mumie lag
dick in uraltes Leinen gehüllt, und der sie umgebende Zederngeruch war fast
überwältigend - man hatte die Innen seite
des Sarges mit dem aromatischen Holz ausgeschlagen. Jemand nieste, aber niemand nahm wahr, wer genau. Ein
langer Streifen Stoff, dicht mit
scharlachroten Hieroglyphen bedeckt, war um den Körper gewunden, und zwar in genau der Position, die auf dem Sarg selbst die Schlange einnahm. Die Mumie trug keine
Totenmaske, aber ihre Gesichtszüge
waren als Relief durch den Stoff hindurch deutlich erkennbar.
    Die trockene
Luft Ägyptens meint es gut mit den Toten und kon serviert sie für die Zukunft, indem sie aller Haut, selbst der geschütz ten,
jegliche Feuchtigkeit entzieht. Einbalsamierung war immer lediglich ein erster
Schritt, und wie man anhand von Gräbern, die aus der Epoche vor der Zeit der Pharaonen stammten, hatte feststellen können, nicht einmal der notwendigste.
    Das Gesicht unter dem Leinen ließ sich nur mit dem einen Wort
beschreiben: ausgetrocknet. Früher einmal hätte man vielleicht andere Worte
gefunden: Das Gesicht zeigte hohe, vorstehende Wangenknochen, ein
entschiedenes Kinn und vermittelte insgesamt den Eindruck von Stärke.
    Langsam stieß Dr. Rax den Atem aus, den er unbewußt angehalten hatte, und seine Schultern entspannten sich sichtbar.
    „Hatten Sie vielleicht Bela Lugosi erwartet?" fragte Dr. Shane trocken und
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