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Hüter des Todes (German Edition)

Hüter des Todes (German Edition)

Titel: Hüter des Todes (German Edition)
Autoren: Lincoln Child
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hier.»
    «Logan!», erklang die blecherne, kratzige Stimme von Valentino. «Kommen Sie zurück! Jetzt sofort! Ich habe sämtliche Rettungsmannschaften zurückgerufen. Das Feuer hat den zentralen Konverter erreicht, und der Haupttank fliegt jeden Moment in die Luft!»
    Logan legte das Funkgerät weg. «Ethan», sagte er so ruhig, wie er konnte. «Ethan, wir müssen gehen.»
    «Nein!», sagte der Doktor, ohne sich zu Logan umzudrehen. «Ich lasse sie nicht allein! Ich lasse sie nicht sterben – kein zweites Mal!»
    «Logan!», meldete sich Valentinos drängende Stimme. «Dieser Tank hält keine sechzig Sekunden mehr! Die letzten Boote legen ab …!»
    Logan schaltete das Funkgerät ab. Er wandte sich an Jennifer Rush.
    «Eure Hoheit», sagte er. «Kommen Sie mit uns.»
    Sie drehte sich zu ihm, und ihre rot geränderten Augen starrten ihn an, als sähen sie ihn zum ersten Mal.
    «Sie können diesen Ort jetzt verlassen», sagte Logan. «Sie sind frei. Sie haben gewonnen.»
    Für einen Moment schwankte sie wie in großer Erschöpfung. Ein neuer Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht – Zweifel und Unsicherheit. Sie blinzelte und starrte Logan an.
    «Jen», sagte Rush. «Er hat recht! Lass uns gehen. Geh weg von diesem Loch.» Und er ging zu ihr, die Arme erneut nach ihr ausgestreckt.
    Unvermittelt wirbelte Jennifer zu ihrem Mann herum. Als sie ihn ansah, wurden ihre Augen wieder glasig, und ein eigenartiges Lächeln spielte um ihre Lippen.
    «Das Loch!», kreischte sie. «Der schwarze Gott aus der tiefsten Unterwelt wird ihn ergreifen, und er wird seine Glieder über das Antlitz der Erde verstreuen!» Und mit einem Laut, der sowohl siegreiches Triumphieren oder verzweifeltes Schluchzen hätte sein können, schleuderte sie den Behälter mit Nitroglyzerin zwischen sich und ihrem Ehemann auf den Boden.
    Logan warf sich herum, doch die Wucht der Explosion schleuderte ihn auf die Knie. Er spürte etwas Nasses im Rücken.
    «Nein …», murmelte er.
    Er kam stolpernd hoch und rannte, ohne sich noch einmal umzudrehen, so schnell er konnte über die Pontonbrücke und durch die ruinierten Korridore von Grün. Der Rauch war inzwischen so dicht geworden, dass er kaum noch etwas sehen konnte.
    Die Marina lag vollkommen verlassen, obwohl sie zehn Minuten zuvor noch voller Menschen gewesen war. Sämtliche Boote waren verschwunden. Ein Wust aus Schriftrollen, Skarabäen, Statuetten, Beuteln mit kleinen Schmuckstücken, Figuren, Münzen, Edelsteinen, aufgebrochenen Kisten, Ausdrucken und zahllosen anderen Gegenständen, viele davon unersetzlich, lag verstreut auf dem Boden, den Laufstegen und Kais.
    Über dem ständig lauter werdenden Tosen der Flammen hörte Logan ein Schiffshorn. Ein kleiner Schlepper hatte soeben das Dock verlassen, das letzte Boot. Dahinter konnte Logan eine lange Linie von Fahrzeugen erkennen, einige groß, andere klein, die sich so schnell von der Station entfernten, wie es der faulige Sumpf zuließ.
    Der Schlepper hupte erneut, wendete und hielt auf den letzten Steg der Marina zu. Einem Impuls gehorchend, bückte sich Logan, raffte eine Handvoll von den Schätzen auf, die zu seinen Füßen verstreut lagen, und stopfte sie in die Taschen seines Laborkittels. Dann rannte er den Laufsteg entlang, den Kai hinunter und sprang von seinem Ende auf das Heck des Schleppers. Das kleine Wasserfahrzeug nahm Geschwindigkeit auf und folgte der Karawane sich entfernender Schiffe.
    «Danke», sagte Logan, nach Luft hechelnd.
    «Sie ziehen besser den Kopf ein», warnte ihn der Pilot zur Antwort.
    Logan duckte sich in die Kajüte des Schleppers, einen winzigen Raum, kaum groß genug für ein paar Rettungswesten und einen Reservekanister mit Benzin. Gerade rechtzeitig, denn in diesem Moment flog die Station mit einer Wucht in die Luft, von der er geglaubt hatte, sie wäre für den Weltuntergang reserviert. Der Lärm der Explosion war so gewaltig, dass er das gesamte Universum aufzureißen schien, und der Himmel und die umgebende Erde wurden schwarz, so schwarz wie die Nacht.

[zur Inhaltsübersicht]
    57
    Die zusammengewürfelte Prozession von Schiffen dampfte im verblassenden Licht des Nachmittags nach Norden. Irgendwann – endlich – hatten sie die Sumpfhölle des Sudd hinter sich gelassen und Kurs genommen auf die oberen Katarakte des Nil.
    Ob die Boote versuchen würden, die Katarakte zu passieren und sich bis nach Ägypten durchzuschlagen, oder ob sie irgendwann landen und die Mitglieder der Expedition auf Lastwagen oder
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