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Hüter des Todes (German Edition)

Hüter des Todes (German Edition)

Titel: Hüter des Todes (German Edition)
Autoren: Lincoln Child
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hängt wie ein Mühlstein an Ihnen und zieht Sie runter. Damit schaffen Sie es niemals bis nach oben.»
    Sie begriff sofort und zog hastig ihre Jeans aus.
    «Sobald der Druck ausgeglichen ist, steigen wir nach oben. Halten Sie sich an mir fest. Was auch immer Sie tun, passen Sie auf, dass Sie nicht die Orientierung verlieren. Machen Sie die Augen zu, wenn wir uns an die Oberfläche kämpfen – das hilft Ihnen dabei, im Schlick die Orientierung zu behalten.» Er blickte nach unten auf die Holzkonstruktion unter ihnen und rechnete schnell nach. «Wir müssen etwas mehr als zehn Meter Sumpf überwinden, bis wir oben sind», sagte er. «Versuchen Sie ruhig zu bleiben! Achten Sie auf Ihre Luft. Haben Sie das verstanden?»
    Christina sagte nichts. Sie starrte auf den Sumpf, der ihnen jetzt bis zur Taille reichte und erbarmungslos immer weiter stieg, dick wie ein fauliger, schwarzer Milchshake.
    «Christina!» , brüllte er Christina Romero an. «Haben Sie das verstanden?»
    Die runden weißen Kreise in ihrem ansonsten schwarzen Gesicht richteten sich auf Logan, blinzelten und bewegten sich dann von oben nach unten – ein Nicken. Logan packte ihre Hand und drückte sie fest.
    «Lassen Sie mich nicht los», sagte er.
    Genau in diesem Moment gab es ein letztes kataklysmisches Erzittern – ein ansteigendes Kreischen von Metall, beansprucht über das Maß des Erträglichen hinaus –, dann riss die Decke über ihnen ab, und das schwarze Herz des Sudd kam auf sie herab und hüllte sie in seine widerliche Umarmung.

    Frank Kowinsky kämpfte sich durch Schlick und Schlamm nach oben. Seine Augen brannten vom Sand, und seine Nase und die Ohren waren verstopft von Schlamm. Der Sumpf schien an ihm zu zerren, mit großen unsichtbaren Händen an seiner Kleidung zu reißen und ihn nach unten zu ziehen. Da war etwas in der trüben Schwärze, Stöcke und Wurzeln und Pflanzen und etwas anderes, Weicheres, Glitschiges, über das er lieber nicht nachdenken wollte. Einiges davon konnte er benutzen, um sich mit Händen und Füßen daran abzustützen, und so arbeitete er sich durch ein schlüpfrig-nasses Universum aus Schlamm voran.
    Er war inzwischen vielleicht seit sechzig Sekunden in diesem Albtraum, und seine Lungen begannen bereits zu brennen. Er hätte tiefer einatmen sollen, bevor er sich aus dem Umbilicus in den Sudd gewagt hatte. Und er hatte schon viel kostbaren Sauerstoff benötigt, allein um sich durch den Riss nach draußen in den Sumpf zu kämpfen. War das ein Fehler gewesen? Hätte er versuchen sollen, sich durch den zerstörten Schlauch des Umbilicus nach oben zu kämpfen? Nein, nein – das hätte den sicheren Tod bedeutet.
    Schlamm drang in seine Kleidung, rann über seinen Rücken, zwängte sich unter seine Achseln. Er schien überall zu sein, an seinem Bauch, zwischen seinen Beinen. Es war entsetzlich, diese Schwärze, nicht zu wissen, wo er war, nicht zu wissen, wie weit er noch musste, und die ganze Zeit über wurde die Luft immer knapper …
    Plötzlich prallte er mit dem Kopf gegen etwas Hartes. Sterne tanzten vor seinen geschlossenen Augen – doch es riss ihn auch aus einer beginnenden Panik. Zuerst dachte – hoffte – er, es wäre einer der Schwimmpontons der Station. Doch als er die Hand ausstreckte und blind nach dem Hindernis tastete, erkannte er, dass es ein dicker Ast war oder ein Baumstamm, fest eingebettet in den treibsandartigen Schlick des Sudd. Er versuchte zu klarem Verstand zu kommen – schüttelte den Kopf, so gut es der umgebende schlammige Brei erlaubte –, dann stieß er sich ab, orientierte sich, so gut es ging, und setzte seinen Weg durch den schwarzen Albtraum fort.

    Logan war völlig unvorbereitet gewesen auf den gewaltigen, unerbittlichen Druck des Sudd. Er drückte aus allen Richtungen auf ihn wie ein eisiger Schraubstock, von oben, unten, vorne, hinten. Er drückte auf seine Brust, als wollte er ihm die Luft aus den Lungen pressen. Für einen Moment hing Logan nur reglos da wie ein in Harz gefangenes Insekt, überwältigt und gelähmt von dem schrecklichen, klaustrophobischen Gefühl. Dann riss er sich zusammen, und mit einer mächtigen Anstrengung trat er um sich und zerrte an Christinas Hand. Er spürte, wie sich ihre Hand bewegte, als auch sie anfing, sich einen Weg nach oben zu bahnen. Er packte fester zu, verschränkte die Finger mit ihren – irgendwie war er absolut sicher, dass sie beide den Tod finden würden, sollten sie getrennt werden.
    Er hielt Mund und Augen fest
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