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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht
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stattdessen auf das Wesentliche: die Erlösung von den Sünden seiner Vergangenheit. Wenn ihm Hände und Füße wehtaten, dann sollte er sich über diesen Schmerz freuen, denn er würde seinen Geist auf Gott richten und auf seine sündige Seele. Das Fleisch war nichtig – es bedeutete nichts, so wie auch diese Welt nichts bedeutete. Seine Seele war es, auf die es ankam, und auf die Anbetung Gottes und der Ewigkeit. Das Fleisch war verdorben, der Geist war rein.
    Der Mönch seufzte rau und tief und beneidete den Torwächter um sein Leben. Harte, ehrliche Arbeit in der Stadt des Heiligen Vaters. Der Dienst an Gott.
    Was könnte man sich Besseres wünschen?
     
     
    Prior Bertrand war vor dem Kreuz in seiner Zelle auf seine schmerzenden arthritischen Knie gesunken, als es leise an der Tür klopfte.
    Bertrand schloss verärgert die Augen, richtete sich dann unter Qualen auf und hielt sich an einer Bank fest. »Herein.«
    Ein Junge von vielleicht fünfzehn oder sechzehn Jahren trat ein, gekleidet in das Gewand eines Novizen.
    Er neigte den Kopf und kreuzte die Arme vor der Brust. »Bruder Thomas Neville ist eingetroffen«, sagte er.
    Bertrand hob erstaunt die Augenbraue. Da hatte er sich ja wirklich beeilt! Und am selben Tag anzukommen wie Papst Gregor… nun, ein Tag mit vielen Überraschungen.
    »Muss er sich ausruhen und etwas essen, bevor ich mit ihm sprechen kann, Daniel?«, fragte Bertrand.
    »Nein«, sagte eine andere Stimme, und der Sprecher trat aus den Schatten des schlecht beleuchteten Ganges. Er hinkte stark. »Ich möchte sofort mit Euch sprechen.«
    Bertrand verkniff sich eine unbrüderliche Erwiderung auf den überheblichen Tonfall des Mannes und winkte ihn zu sich herein.
    »Vielen Dank, Daniel«, sagte Bertrand zu dem Novizen. »Hol bitte aus der Küche etwas Brot und Käse für Bruder Thomas.«
    Bertrand warf einen Blick auf die Hände und Füße des Mönchs. »Und bitte Bruder Arno darum, einen Breiumschlag vorzubereiten.«
    »Ich brauche keinen…«, begann Bruder Thomas.
    »O doch«, sagte Bertrand, »Ihr braucht etwas für Eure Hände und Füße… besonders für Eure Füße. Wenn Ihr kein Krüppel wart, bevor Ihr ins Kloster eingetreten seid, dann verlangt Gott auch nicht von Euch, dass Ihr jetzt einer werdet.« Er wandte sich wieder an den Novizen. »Geh.«
    Der Novize verbeugte sich noch einmal und schloss die Tür hinter sich.
    »Ihr habt mich überrascht, Bruder«, sagte Bertrand und drehte sich zu dem Besucher um, der in die Mitte der spärlich eingerichteten Zelle gehumpelt war. »Ich habe Euch erst in ein paar Wochen erwartet.«
    Bertrand betrachtete Gesicht und Kopf seines Gegenübers; er war so schnell gereist, dass er nicht einmal Zeit gefunden hatte, sich Kinn und Tonsur zu scheren. Das würde das Nächste sein, worum sie sich kümmern mussten, nach seinen Gliedmaßen.
    »Ich bin gut vorangekommen, Bruder Prior«, sagte Thomas. »Eine Gruppe hilfsbereiter Kaufleute hat mich die französische und toskanische Küste entlang auf ihrem Schiff mitgenommen.«
    Ein mutiger Mann, dachte Bertrand, sich den unsicheren Wassern des Mittelmeers anzuvertrauen. Aber das passt zu seinem früheren Leben. »Wollt Ihr Euch nicht setzen?«, fragte er und wies auf den einzigen Schemel der Zelle, der neben dem Bett stand.
    Thomas setzte sich und unterdrückte jeden Seufzer der Erleichterung. Bertrand ließ sich auf dem Bett nieder. »Ihr seid an einem denkwürdigen Tag angekommen, Bruder Thomas«, sagte er.
    Thomas blickte ihn fragend an.
    Bertrand musterte kurz das eindrucksvolle Gesicht des Mannes, bevor er antwortete. Es strahlte eine Überheblichkeit und einen Stolz aus, die den Prior zutiefst verstörten. »Ja, ein wahrhaft denkwürdiger Tag. Im Morgengrauen ist Gregor mit einem Großteil seiner Kardinäle und der gesamten päpstlichen Kurie aus seinem Schiff auf dem Tiber gestiegen und hat die Stadt betreten.«
    »Der Papst ist zurückgekehrt?«
    Bertrand neigte zustimmend den Kopf.
    Bruder Thomas murmelte etwas, das für Bertrands Ohren sehr nach einem Fluch klang.
    »Bruder Thomas!«
    Die Wangen des Bruders röteten sich leicht. »Ich bitte um Verzeihung, Bruder Prior. Ich wünschte bloß, ich hätte mein armes Maultier noch mehr angetrieben, um zu diesem Ereignis rechtzeitig hier sein zu können. Sagt mir, ist er für immer zurückgekehrt?«
    »Nun«, Bertrand steckte die Hände in die weiten Ärmel seines Gewands. »Ich möchte als Erstes von Eurer Reise hören, Bruder Thomas. Und dann kann ich Euch
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