Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht

Titel: Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht
Autoren: Joel Rosenberg
Vom Netzwerk:
ebenso wie ein Pulverfabrikant keine Zigarette rauchen sollte, während er seine Ingredinzien mischt. Worte und Symbole mußten sorgfältig ausgewählt werden, damit sie sich dem Gedächtnis einprägten, und der Wille hatte die ihnen innewohnende Macht zu bändigen, bis zu dem Augenblick, da sie zur Anwendung kommen sollte.
    Man stelle sich einen Magier vor, der beim Erlernen eines Flammenzaubers vor sich hin murmelte: Der Spruch ginge an Ort und Stelle in Erfüllung und richtete wer weiß was für einen Schaden an.
    Für einen Magier waren Selbstgespräche gefährlich.
    Und dumm.
    Und, im wahrsten Sinne des Wortes, verrückt.
    Arthur Simpson Deighton war sich der Gründe für seine Selbstgespräche bewußt, doch er vermochte nichts dagegen zu tun.
    Es konnte noch schlimmer werden.
    Es war schon einmal schlimmer gewesen, außerhalb des Ruhepols im Auge des Sturms.
    Und es würde schlimmer werden, wenn auch nur für kurze Zeit. Nur für kurze Zeit, hoffte er inbrünstig.
    »Zu alt, Arta, wir werden zu alt, das ist es. ›Junge‹, also wirklich - er ist beinahe vierzig Jahre alt, vierzig Jahre hat er nach der dortigen Zeitrechnung in seiner neuen Heimat gelebt. Nicht die langsamen Jahre von dieser Seite.«
    Trotz dieses unterschiedlich schnellen Zeitstroms war es schwierig, das Verschwinden mehrerer Personen glaubhaft zu vertuschen, und immer wieder ergaben sich im Netz der Täuschungen schadhafte Stellen, die ausgebessert werden mußten. Die Schulakten machten am wenigsten Umstände: sie konnten per Hand korrigiert werden, und es war nur ein ganz geringer Aufwand an Macht nötig, um ein paar Tintenpartikel neu zu arrangieren oder die Anordnung der Impulse auf Magnetband zu beeinflussen. Kaum mehr als eine Pflichtübung war es, die Mitarbeit einer Sekretärin zu erwirken, die sich anschließend nicht mehr daran erinnern konnte, warum, wie und sogar daß sie einem Philosophieprofessor Akten zugänglich gemacht hatte, die einzusehen ihm eigentlich nicht zustand.
    Viel schlimmer waren die Eltern und Brüder und Bettpartner und Freunde, die man ausfindig machen und mit den entsprechenden Informationen füttern mußte, bevor die Hölle losbrach. Eine Andeutung hier, eine plausibel anmutende Lüge dort...
    Zu guter Letzt würde sich das ganze Geflecht natürlich auflösen. Doch bis dahin sollte die Angelegenheit erledigt sein.
    Für einen kurzen Augenblick öffnete er sein Bewußtsein dem wispernden, flüsternden, kreischenden Feind, der auf der anderen Seite lauerte, dem Wahnsinn.
    Bald wird es vorüber sein, dachte er.
    Bald.
    Bitte.
    »Aber ich mache mir immer noch Sorgen um den Jungen.«

Kapitel drei
Heimkehr
    Mir, schöne Freundin, kannst du niemals alt erscheinen,
    denn wie du warst, als ich zuerst dein Aug' erblickt
    so bist du schön geblieben.
    William Shakespeare
    »Liebling, ich bin wieder da«, rief Karl Cullinane, als er die Treppe zum zweiten Stock - der Wohnetage - in Burg Biemestren hinaufsprang und im Vorübereilen den beiden Dienstmädchen, die in der Halle den Fußboden wischten, ein Lächeln und ein Kopfnicken schenkte. Er achtete besonders darauf, der häßlicheren der beiden das breitere Lächeln zukommen zu lassen. Allerdings war der Unterschied gering.
    Warum er sich Dienstmädchen früher immer als jung und attraktiv vorgestellt hatte, vermochte er heute nicht mehr zu begreifen. Ihm war noch keine begegnet, die sich nicht eines zumindest kleinen Schnurrbarts und eines großen Wanstes rühmen konnte, abgesehen von den Exemplaren mit großem Schnurrbart und einem zumindest kleinen Wanst.
    Ungerecht, Karl, ungerecht, rügte er sich selbst. Und ganz sicher eine Einstellung, die man tunlichst nicht laut werden lassen sollte; Andy würde darin ein unverfrorenes Beispiel für männlichen Chauvinismus sehen.
    Auch wenn es nichts war als die reine Wahrheit.
    Er trabte den mit einem Teppichläufer ausgelegten Flur entlang, bog in die Diele ein, die vor den eigentlichen Wohnräumen lag, und blieb stehen, um sein Schwert an einen Haken neben der Tür zu hängen. Anschließend zog er - abwechselnd auf dem einen und dem anderen Bein hüpfend - die Stiefel aus.
    Einen Moment lang schaute er auf das Schwert, wie es da in der schlichten Leder- und Stahlhülle an der Wand hing.
    Schwert ...
    In den letzten paar Jahren verbreiteten die Kaufleute Gerüchte, daß man in gewissen Kreisen Pandathaways glaubte, Karl werde sich eines Tages auf die Suche nach Arta Myrdhyns Schwert machen; er habe sich mit dem fernen Arta
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher