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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
Autoren: Evelyn Sanders
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Suppenkelle achtete und das Wasser statt in den Krug über seine Füße platschte.
    »Samahani«, sagte das Mädchen.
    »Sie hat sich entschuldigt«, übersetzte Tinchen.
    »Please, please«, antwortete Florian sofort, denn dieses Wasserbad war ja seine Schuld gewesen. Trotzdem empfand er die nassen Socken als ziemlich unangenehm.
    Die Gemüsebällchen wurden serviert und schmeckten so vorzüglich, daß Frau Antonie um das Rezept bat. Die Weitergabe scheiterte zunächst an Sprachschwierigkeiten. Doch als der Wirt schließlich mit einem englischdeutschen Wörterbuch anrückte, mußte sie feststellen, daß sie einen Teil der Zutaten überhaupt nicht kannte und auch in Düsseldorfs feinstem Feinkostladen nicht bekommen würde. »Sehr schade, denn dieses Gericht ist sowohl kalorienarm als auch äußerst schmackhaft.«
    »Pack doch welche ein und koch sie zu Hause nach«, empfahl Tobias, »vielleicht kriegst du es diesmal halbwegs hin.« Er würde sie ja nicht essen müssen. Omas Kopien hatten nie auch nur die entfernteste Ähnlichkeit mit den Originalgerichten; das war mit dem jugoslawischen Paprikaeintopf genau das gleiche gewesen wie mit der Paella vom Fernsehkoch. Er, Tobias, hatte den gelben Fladen im Kühlschrank gefunden, für Eierkuchen gehalten und Apfelmus drübergekippt. Es hatte einfach widerwärtig geschmeckt.
    Die Langusten waren herrlich. Ohne weiteres hätte Florian noch eine zweite essen können, verkniff es sich aber, weil er sich an Karstens Mahnung erinnerte: »Denkt daran, daß wir pünktlich um 3110 Shillinge das Lokal verlassen müssen.«
    Der oder das Nyati ließ auf sich warten, dafür kamen lauter neue Gäste. Ausnahmslos Weiße. Nur ein einziger Tisch war von drei Indern besetzt, Geschäftsleuten, wie Tobias vermutete, denn neben jedem Stuhl stand ein Aktenköfferchen. »Ich denke, das ist ein afrikanisches Restaurant, ich sehe bloß keine Schwarzen. Es ist doch immer das gleiche: Hier ist ihr Land, ihre Kultur, folglich müßte das auch ihr Restaurant sein. Und was ist es in Wirklichkeit?« Er schob sich die letzten Kartoffelchips in den Mund. »Ein Freßtempel für uns reiche Europäer, die die Eingeborenen zu Niggern degradieren, von denen sie sich bedienen lassen. Selber können die sich so was Teures nicht leisten. Und was ist von ihrer Kultur übriggeblieben?« Mit dem Kopf deutete er auf die gegenüberliegende Wand. »Cola-Cola.«
    »In gewisser Weise hast du ja recht, Junge«, sagte Florian, »ich wünschte nur, du würdest unsere dekadente, kapitalistische westliche Welt nicht immer mit vollem Mund verdammen!«
    Schon eine ganze Weile hatte Tinchen ihre Tochter beobachtet. Ungewohnt still war sie geworden, sah auch blaß aus und hatte Schweißtropfen auf der Stirn. »Fehlt dir was, Julia?«
    »Mir ist so schlecht.«
    »Wovon denn nur? Du hast doch das gleiche gegessen wie wir.«
    »Weiß nicht, jedenfalls ist mir kotzübel.« Kaum hatte sie das gesagt, sprang sie auf und lief zur Tür. Tinchen hinterher. »Zur Toilette geht’s da drüben lang!« Sie deutete auf einen schmalen Gang, der sich weiter hinten im Gebüsch verlor. Es war ihr zur Gewohnheit geworden, in jedem unbekannten Gebäude zuerst nach der Toilette zu suchen, weil Frau Antonie meistens unverhofft, dann aber sehr dringend nach den sanitären Installationen verlangte und sie selten auf Anhieb fand.
    Bis zu dem separat liegenden Häuschen schaffte es Julia gerade noch. Danach ging es ihr besser. »Ich muß mich überfressen haben«, meinte sie, ihr Gesicht mit Wasser kühlend, »dabei ist doch an so einem Lobster gar nicht viel dran.«
    »Möchtest du ins Hotel zurück?«
    »Ach bewahre«, winkte sie ab, »jetzt, wo das Zeug raus ist, merke ich überhaupt nichts mehr. Außerdem habt ihr Karstens Scheck noch nicht mal zur Hälfte verfressen.«
    Sie waren aber gerade dabei. Nachdem sich die anderen davon überzeugt hatten, daß Julia weder ärztliche Hilfe noch einen Zinksarg brauchte, sondern im Gegenteil wieder recht munter schien, widmeten sie sich weiter ihrem Nyati. Was es war, wußten sie zwar noch immer nicht, doch da es sich um sehr, große Steaks handelte, schied Beutelratte von vornherein aus. Und für ein Nashorn sei das Fleisch zu zart, behauptete Florian, immerhin würden diese Viecher bis zu fünfzig Jahre alt. Da Julia auf ihr Essen verzichtete, erbarmte sich Tobias. Spielend schaffte er auch noch die zweite Portion. Als er das Besteck niederlegte, grinste er hinterhältig. »Soll ich euch mal verraten, was wir
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