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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman
Autoren: Emma Flint
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heil gebliebenen Vase.
    Tures mächtiger Körper liegt regungslos am Boden. Wir starren ihn an. Ein ohnmächtiger Höllenfürst ist ungefähr so harmlos wie ein sibirischer Tiger, der gerade ein Nickerchen macht.
    »Wir müssen ihn pfählen«, flüstert Vivian.
    »Ja«, sage ich, »aber womit?« Ich hole schnell unsere Krimskramskiste aus dem Regal. »Mmhh, die Essstäbchen sind zu dünn, der ungarische Zierkochlöffel zu stumpf … Vielleicht das hier?« Ich halte einen unterarmlangen fünffarbigen Buntstift hoch, an dessen Ende sich eine Diddlmaus festklammert. »Ich müsste ihn nur anspitzen«, überlege ich und befühle die abgebrochene Mine. Vivian zieht verächtlich die Augenbrauen hoch. »Na gut«, sage ich und schmeiße das nutzlose Ding zurück in die Kiste.
    »Warum kannst du auch nicht einmal etwas Vernünftiges kaufen, wie eine Kollektion Holzpflöcke zum Beispiel«, mault Vivian.
    »Da fällt mir was ein!«, rufe ich und renne in mein Zimmer.
    »Was willst du denn damit?« Vivian und Sandra glotzen entsetzt, als ich zurückkomme.
    »Wieso?«, gebe ich zurück. »Der Stab ist aus Holz und hat eine Spitze.«

    »Leni, das ist ein Sonnenschirm! «
    »Wenn du eine bessere Idee hast, Miss Schlaumeier, dann immer her damit.«
    »Nein, hab ich nicht«, muss Vivian zugeben. Sie nimmt den roten Sonnenschirm mit den weißen Punkten und betrachtet den unteren Teil des Stabs, der angespitzt ist, um ihn in den Sandboden stecken zu können. »Es könnte funktionieren«, murmelt sie.
    »Zum Glück habe ich die Nostalgieversion genommen«, sage ich zufrieden. »Es gab den gleichen Schirm mit einem Metallstab, aber da hat mir das Muster nicht so gut gefallen.«
    Vivian hält die Spitze probehalber über Tures Brust.
    »Und wie geht das jetzt?«, plappert Sandra. »Muss man den jetzt einfach in sein Herz rammen, oder wie? Ich kenne das ja nur aus dem Fernsehen.«
    »Meinst du, wir haben so was schon mal gemacht?«, fragt Vivian gereizt.
    »Hey, hätte doch sein können, dass man das auf der Vampirschule lernt. Konnte ich ja nicht wissen, dass ihr euer Handwerk nicht beherrscht«, gibt sie zickig zurück.
    »Wenn du es machen willst, dann bitte schön«, sagt Vivian und reicht Sandra den Schirm.
    »Nein, danke«, ruft sie und weicht ihr aus.
    »Leni, was ist mit dir?«
    Ich schüttele den Kopf. Vivian seufzt.
    »Guten Abend, die Damen«, sagt plötzlich eine Stimme. Wir drehen uns um. Ludwig Kowarsch steht in unserer Wohnung, ein Männlein, farblos wie Glas und weich wie
eine Wolke, seine unförmige Silhouette umhüllt ein katzenstreufarbener Leinenanzug. »Die Tür stand offen, da war ich so frei«, sagt er.
    »Was machen Sie denn hier?«, frage ich ihn verwundert und beeile mich zu versichern: »Brunner hat mich rausgeschmissen, deswegen bin ich nicht zur Arbeit gekommen.«
    Seine wulstigen Lippen verziehen sich zu einem spöttischen Grinsen. »Fräulein Leni, mit Verlaub, aber Ihre Vorzüge liegen eindeutig nicht im intellektuellen Bereich. Ich bin wohl kaum hier, weil Sie schwänzen.« Er schiebt sich zwei Schritte weiter, ohne uns aus den Augen zu lassen. »Sie denken doch wohl nicht, dass Ihr kleiner Ausflug in das zentrale Identitätsregister unentdeckt bleiben würde?«
    »Nein, sicher nicht«, sage ich beflissen, »aber wir waren aus einem guten Grund da.« Jetzt wird er sehen, dass ich alles andere als doof bin. »Wir haben jetzt den Beweis, dass der Höllenfürst persönlich hinter all den Morden steckt«, verkünde ich. Ich erwarte ein überraschtes Lob oder zumindest eine anerkennende Geste, aber nein, er tut so, als wüsste er das längst.
    »Was Sie nicht sagen? Und jetzt, die Damen«, säuselt Kowarsch, »hätte ich gerne die Akte.« Sein Blick fällt auf den regungslosen Ture. »Hoppla, wen haben wir denn da?«
    »Ja«, sage ich stolz, »wir haben den Höllenfürst eigenhändig zur Strecke gebracht.«
    Er glotzt verdutzt auf Ture. Dann auf uns. Und plötzlich fängt er an, keuchend zu lachen. Es klingt, als käme
es direkt aus Satans fauligem Rachen, und geht uns durch Mark und Bein.
    »Ihr macht mir Spaß«, japst er. »Ihr denkt tatsächlich, das sei der Höllenfürst?« Er zeigt mit dem madenförmigen Finger auf Ture und lacht weiter. » Hechhechhechhech .«
    Vivian und ich schauen uns erschrocken an. In meiner Erinnerung erscheint Cher, die uns zu unseren Arbeitsplätzen gebracht hat. »Ihnen wird das Lachen noch vergehen. Sie sind beim Höllenfürst eingeteilt«, hatte sie gesagt. Sie hatte nicht
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