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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen
Autoren: GABAL Verlag
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Mädchens beschrieben, das unsterblich in einen Mitschüler verknallt war. Jahre später könnte sie ihn haben. Aber da ist es längst zu spät.
    »So viele Dinge bekommt man erst dann,
wenn man sie nicht mehr gebrauchen kann.
Ein dummer Teenager-Traum, jetzt wird er wahr.
Warum erst jetzt, und nicht als sie 16 war?«
    Dann bist du am Ziel: Gelassenheit.
    Darüber zu jammern, dass ein Wunsch und seine Erfüllung nur sehr selten zeitlich passend aufeinandertreffen, bringt nichts. Sieh es positiv! Wenn du weißt, dass nichts ewig ist, dann kannst du auch abstrahieren: »Meiner Erfahrung nach wird diese unangenehme Situation, in der ich feststecke, nur eine gewisse Zeit anhalten. Danach ist dann wieder was anderes dran.« Wenn du in fünf Jahren sowieso drüber lachst, dann kannst du das doch eigentlich auch gleich tun. Deine Sehnsucht oder dein Problem ist zwar jetzt im Moment unbestreitbar vorhanden. Aber es wird nicht ewig anhalten. Relativierung – auch dies ist ein Schritt weg von der belastenden Situation. Indem du den Blick hebst, findest du den richtigen Maßstab. Dann bist du dem Gleichgewicht zwischen den alltäglichen Belangen und der großen Linie auf die Spur gekommen. Dann wirst du dich weder in Hektik verlieren noch als vergoldete Statue nur noch Entscheidungen von intergalaktischen Dimensionen treffen wollen.
    Dann bist du am Ziel: Gelassenheit.
    Um es ganz klarzumachen: Gelassenheit heißt nicht Beliebigkeit. Dann wärst du gleich ins andere Extrem gefallen und würdest nur noch von großen Dingen reden. Genauso wenig wie sich das Leben nur auf der Mikro-Ebene abspielt, findet es allein im kosmischen Rahmen und im Überhaupt-Grundsätzlichen statt. Die richtige Mischung macht’s.
    Woran liegt es, dass nur wenige den richtigen Maßstab treffen?
Eiskalt
    Ich hatte mir am Abend die Hand gebrochen. Sie war notdürftig versorgt worden, und wir fuhren von Graz über die verschneite Autobahn nach Hause. Ich hatte im Krankenhaus Schmerzmittel bekommen. Vier Tabletten. Bei Salzburg verlor die letzte ihre lindernde Wirkung. Bad Reichenhall – die Hand fing an zu pochen. Traunstein – der Schmerz wurde unerträglich. Kurz vor Rosenheim hatte ich mich in meinen Schmerz verbissen. Meine Welt war auf die 200 Meter Autobahn vor mir und auf den pulsierenden Schmerz in meiner Hand zusammengeschrumpft. Egal, wie ich die Hand hielt – es tat weißglühend weh. Bei jedem Herzschlag, der das Blut in die Adern der verletzten Hand pumpte, sah ich feurige Kreise. Alle meine Gedanken kreisten um den Schmerz. Um die Hand. Um den Schmerz. Um die Hand.
    Gerade passierte ich die Ausfahrt Rosenheim. Noch eine halbe Stunde bis München. Bei dem Schneetreiben vielleicht ein bisschen länger. Da wurde im Radio das Gedudel unterbrochen.
    »In Rosenheim ist nach massiven Neuschneefällen das Dach einer Eissporthalle unter seiner Schneelast eingestürzt. Die Zahl der Verletzten und Toten ist noch nicht bekannt. Die Rettungsarbeiten wurden durch die andauernden Schneefälle erschwert.«
    Da waren Kinder und Jugendliche, die in ihren Schulferien zum Schlittschuhlaufen gegangen waren und die nun nicht mehr nach Hause zurückkehren würden. Menschen, die unter den Trümmern begraben worden waren und nach ihrer Rettung keinen Schritt mehr auf ihren Beinen würden laufen können. Ich war geschockt.
    Erst als ich in München aus dem Auto stieg, wurde mir klar, dass ich zwischen Rosenheim und Mittlerem Ring kein einziges Mal mehr an meine Hand gedacht hatte. An diesem Tag sind 15 Menschen unter einem eingestürzten Eishallendach gestorben, darunter 12 Kinder, 34 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Und habe ich mir nur gedacht: Wie wichtig ist da noch meine Hand? Brandl, halt doch den Ball flach!
    Ich sehe das so: Vom geozentrischem Weltbild der Antike und des Mittelalters ging es über zum heliozentrischen Weltbild. Ab der frühen Neuzeit stand nicht mehr die Erde, sondern die Sonne im Zentrum – das kam der Realität schon etwas näher. Doch obwohl mittlerweile bekannt ist, dass unser Sonnensystem nur eines unter Abermilliarden ist und auch unsere gesamte Milchstraße nur einen Fliegendreck in einer unglaublichen Anzahl an Galaxien darstellt, hat sich das Weltbild wieder zurückentwickelt: Das heliozentrische wurde vom egozentrischen Weltbild abgelöst.
    Jetzt steht nicht mehr – wie in den Zeiten vor Kopernikus und Galilei – die Erde im Mittelpunkt des Universums, sondern der Einzelne. Das Ego. Die meisten Menschen haben als
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