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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen
Autoren: GABAL Verlag
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verurteilt. Oft sind es die Geldgeber und Aktionäre, die mit ihrer Ungeduld die langfristige Entwicklung stören. Ein Unternehmen, das in die Entwicklung von Elektroautos investiert, wird mit Sicherheit nicht schon in dem Quartal, in dem die Entscheidung fällt, Gewinne aus der neuen Produktsparte einfahren. Erst muss jede Menge Geld in Forschung und Entwicklung gepumpt werden. Und das ohne die Gewissheit, dass es sich am Ende auszahlt. So manche langfristig angelegte Strategie musste wieder fallen gelassen werden, weil den Anlegern ihre Dividende zu niedrig wurde.
    Ungeduldigen, im kurzfristigen Denken verhafteten Menschen ist jede Minute, in der nichts passiert, zu viel. Ich frage mich: Was machen sie mit all ihrer Zeit?
Blick aus dem Hotelfenster
    »Frühstücksauswahl mehr als dürftig. Keine Abwechslung. Geschmacklich auch nichts Besonderes.«
    »Das Buffet war um 21 Uhr nur noch lauwarm.«
    »Ein freundlicher Empfang, alles bestens vorbereitet, von der ersten Minute an Urlaub pur.«
    Staubbollen unterm Kingsize-Bett.
    Sobald die Urlauber wieder zu Hause sind, setzen sie sich an ihren Laptop und tippen auf HolidayCheck ihre Bewertungen in das Eingabefeld. Ihrem strengen Auge ist nichts entgangen. Staubbollen unterm Kingsize-Bett? Krach aus dem Nachbarzimmer? In der Rückschau bleibt nichts unkommentiert. Die Nachbereitung des Urlaubs dauert gefühlt so lange wie der Urlaub selbst.
    Klar – da sind nachvollziehbare Gründe für dieses Verhalten am Werk. Menschen wollen gesehen werden. Ihren Senf dazugeben. Auch uneigennützige Motive sind dabei: anderen dabei helfen, ein gutes Hotel zu finden.
    Aber ich frage mich: Ist das wirklich sinnvoll? Du planst wie verrückt deinen Urlaub. Minutiös wird verglichen: Bei diesem Hotel bekommen wir aber noch eine halbe Flasche Wein aufs Zimmer gestellt. Und bei dem anderen wäre es ein Früchtekorb. Vor dem Abflug wird schon das Abendessen bestellt. Und im Urlaub selbst siehst du mehr durch dein Kameraobjektiv als mit freiem Auge auf deine Umgebung. Wie traurig ist das denn?
    Die Nachbereitung wird genauso aufwendig durchgezogen. Das zum Urlaub gehörende Fotobuch zu gestalten dauert ein Wochenende. Wenigstens kann der Besucher die Schnappschüsse – »Maja in der Moschee« und »Ich am Strand« – heute in zügigem Tempo selber durchblättern; früher saß man stundenlang im Dunkeln und musste einen Dia-Kasten nach dem anderen über sich ergehen lassen.
    Alles gut und schön. Nur frage ich mich: Warum treiben die Leute denn nur beim Urlaub so einen enormen Aufwand? Warum beschäftigen sie sich noch nicht einmal halb so intensiv mit ihrem Leben? Denn so sieht es doch aus: Wer setzt sich schon hin und überlegt sich, wie das vergangene Jahr gelaufen ist. Was besser laufen sollte. Kaum jemand wägt ab: Was haben wir uns vorgenommen, was haben wir erreicht? Warum ist manches anders gekommen, als man es sich gedacht hat? Auch kein Ausblick in die Zukunft findet statt: Was will ich im nächsten Jahr erreichen? Was soll nicht wieder vorkommen? Wie soll es weitergehen? Und was erwarte ich noch vom Leben?
    Keine Planung, keine Rückschau. Für das Wichtigste bleibt über all dem nichtigen Gewurstel keine Zeit. Aber: Wenn du nur noch durch die Programme zappst, hast du am Ende nichts gesehen.
    Zeit hat einen Wert. Sie ist nicht beliebig vermehrbar. Irgendwann fällt der Hammer, und dann solltest du deine Zeit nicht verplempert haben. Überlege, was du mit deiner begrenzten Zeit anfängst. »Weitläufiges Areal, großzügige und gepflegte Anlage mit ausreichend Nischen. Sehr gepflegter Zustand, tipptopp sauber« – ist so eine Bewertung auf einem Reiseportal wirklich alles, was von dir übrig bleiben soll?
    Aber es ist doch kein Drama, sich ein paar Minuten an das Ausfüllen eines Fragebogens zu setzen, der die Erlebnisse des letzten Urlaubs abfragt! Ist das so? Es gibt so vieles, womit du deine Zeit vergeudest! Du sitzt mindestens eine halbe Stunde daran, für deine Hotel-Bewertungen lustig-launige Formulierungen oder den Kommentatorenton eines Korrespondenten aus einem Kriegsgebiet zu finden. Angenommen, du fährst in deinem Leben noch sechzig Mal in Urlaub – willst du wirklich dreißig Stunden damit verbringen, ein Schlaumeier zu sein? Das ist mehr als eine halbe Woche Arbeit. Sechzig Wochenenden, um verwackelte Erinnerungen in Fotoalben zu konservieren – ist es dir das wert?
    Eine Studie, die die Zeitschriftenreihe
Geo Wissen
2005 veröffentlichte, und ein Spot der
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