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House of God

House of God

Titel: House of God
Autoren: Samuel Shem
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Glossar, besitzt
House of God
das Wesentliche eines echten Romans, den Henry James als »Eindruck des Lebens« definierte. Sätze stieben mit überschießender Vitalität davon, wenn Erstlingsautor Shem sich ans Lenkrad der Sprache setzt.
    Die Abrißbirne des Zock-Flügels hatte seit zwölf Stunden meine Gehörknöchelchen vibrieren lassen.
     
    Von ihrer zerknitterten Vorderseite, die über die Kerbe zwischen den
claviculae
hinaus aufgeknöpft war und tiefe Einblicke gewährte, bis zu den vollen, eng zusammengehaltenen Brüsten, vom Rot ihres Nagellacks und ihres Lippenstifts bis zum Blau ihrer Lider und dem Schwarz ihrer Wimpern, sogar bis zu dem glitzernden Gold des kleinen Kreuzes von der katholischen Schwesternschule, war sie wie ein Regenbogen in einem Wasserfall.
    Wir waren betroffen, daß jemand in unserem Alter, der mit seinem sechsjährigen Sohn an einem dieser herrlichen Sommerabende Ball gespielt hatte, jetzt nur noch dahinvegetierte, den Schädel mit Blut gefüllt, den ein Chirurg ihm jetzt knacken sollte.
    Wir haben hier den verspäteten Bildungsroman des dreißig Jahre alten Roy Basch, den Bericht seines waghalsigen Vorstoßes ins Tal des Todes und in die Wahrheit des Fleisches, der mit der sicheren Rückkehr zu seiner außerordentlich gesunden und gesund-sinnlichen Berry endet. Richard Nixon, der zumindest für Romanautoren faszinierendste Präsident des zwanzigsten Jahrhunderts, und der Watergate-Skandal bilden den historischen Hintergrund des Romans und verlegen ihn in das Jahr 1973 – 74 . Heute könnte
House of God
wahrscheinlich nicht mehr geschrieben werden, jedenfalls nicht so ungeniert. Sein freizügiger Umgang mit ungezügelten multiethnischen Karikaturen würde mit den geläufigen Termini »rassistisch«, »sexistisch« und »altenfeindlich« zensiert werden. 70 er-Jahre-Sex war kein
safer Sex;
AIDS kommt in der Fülle überdeutlich geschilderter Krankheiten nicht vor; und inzwischen ist ein ganzes Regiment von Organtransplantationen aufmarschiert, um das Repertoire der Chirurgen zu bereichern. Dennoch ist das Anliegen des Buches zeitgemäßer denn je: das amerikanische System der ärztlichen Versorgung steuert auf eine Krise zu, überlastet, überteuert und von schlechter Publicity verfolgt. Die grotesken Beispiele von fatalen administrativen und ärztlichen Kunstfehlern nehmen in den Zeitungen mehr Platz ein als das Feuilleton.
    Auf seinem Weg in die zweite Million verkaufter Taschenbuch-Exemplare vermittelt
House of God
Medizinern weiterhin den Schock der Erkenntnis und bietet ihnen zugleich Trost und Vergnügen bei ihren hippokratischen Bemühungen.
     
    John Updike, April 1995

[home]
    I. FRANKREICH
    »Das Leben ist wie ein Penis.
    Ist es schlaff, kannst du’s nicht in den Griff kriegen.
    Ist es hart, wirst du aufs Kreuz gelegt.«
     
    Der Dicke,
Resident
für Innere Medizin im
House of God.

1
    Bis auf ihre Sonnenbrille ist Berry nackt. Selbst jetzt, im Urlaub in Frankreich, mein
Internship
längst fern und begraben, habe ich kein Auge für die Unvollkommenheiten ihres Körpers. Ich liebe ihre Brüste, die Art, wie sie sich verändern, wenn sie flach auf dem Bauch oder auf dem Rücken liegt und dann, wenn sie aufsteht und geht. Und tanzt. Oh, wie liebe ich ihre Brüste, wenn sie tanzt. Die Cooperschen Ligamente halten die Brüste, Coopers werden zu flupers, wenn sie ausleiern. Und ihr Schambein,
symphysis pubis,
der Knochen unter der Haut, die Kraft, die ihren Venusberg formt. Sie hat spärliches schwarzes Haar. Sie schwitzt in der Sonne, der Glanz macht ihre Bräune noch sinnlicher. Trotz meines Medizinerblicks, und obwohl ich gerade ein ganzes Jahr unter kranken Körpern zugebracht habe, bin ich imstande, ruhig dazusitzen und aufzunehmen. Der Tag fühlt sich weich an und warm, nur von einem wehmütigen Seufzer aufgerauht. Es ist so windstill, daß die Flamme eines Streichholzes ohne zu flackern in der klaren, heißen Luft steht. Das Grün des Rasens, die kalkweißen Wände unseres gemieteten Bauernhauses, das orangefarbene Ziegeldach gegen den augustblauen Himmel – das alles ist zu vollkommen für diese Welt. Man braucht nicht zu denken. Alles hat Zeit. Es gibt kein Ergebnis, es gibt nur den Prozeß. Berry versucht, mir beizubringen, so zu lieben wie vor diesem tödlichen Jahr.
    Ich gebe mir Mühe, mich zu entspannen, aber es will mir nicht gelingen. Wie eine computergesteuerte Rakete streben meine Gedanken in mein Krankenhaus, das
House of God.
Ich denke daran, wie ich und die
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