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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger
Autoren: L. S. Rydell
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2. Kapitel
    Mittwoch, 14. Juli
     
    Der blonde Mann sieht wohl aus wie jeder andere Reisende nach einem siebenstündigen Nonstopflug auch. Müde, erschöpft, mit rot geränderten Augen. Das erste, das der Mann auf britischem Boden allerdings macht, ist nach der Landung seine zwei Reisetaschen abzuholen und auf der Herrentoilette zu verschwinden. Er tauscht seine Jogginghose, sein T-Shirt und die schäbige Lederjacke gegen ein weißes Hemd und einen eleganten Anzug. Dann geht er zu den Schließfächern und öffnet das Fach 205 und noch bevor er eine SIG Sauer P226 herausnimmt und in seiner Reisetasche verstaut, sieht er sich noch einmal aufmerksam um. Anschließend verlässt er den Flughafen und steigt in ein Taxi. Es regnet. Seine Reisetaschen wirft er auf den freien Platz neben sich. Er nennt dem Taxifahrer, einem jungen dunkelhäutigen Typen mit bunter Punkerfrisur, die gewünschte Adresse und lässt sich von ihm durch London fahren. Nach einer Weile merkt er, dass er seine Schuhe nicht gewechselt hat. Er zieht seine Sportschuhe aus und sucht in seinen Taschen nach seinen guten Lederschuhen.
    „Sind Sie sicher, dass Sie nach Newham wollen?“ Der junge Bursche mustert ihn im Rückspiegel.
    Der Mann blickt von seinen Schuhbändern auf. „Wieso? Kennen Sie den Weg nicht?“
    Der Taxifahrer verzieht seinen Mund zu einem Lächeln und sieht hoch zur roten Ampel. „Nein, ich dachte nur … Sie passen nicht dorthin. Ich meine von Ihrem Erscheinungsbild her. Dort wo Sie hin wollen, Sir, das ist keine besonders feine Gegend.“
    „Das macht nichts. Ich lebe in der Bronx.“ Er bindet sich seine Schuhe.
    „So, so.“ Der Junge heftet seinen Blick wieder auf die Straße und fährt weiter. Kurze Zeit später will er wissen: „Wie lange bleiben Sie in London, Sir?“
    Der Mann sieht von seinem Kreuzworträtsel auf. „Kommt ganz darauf an, wie lange man mich hier brauchen kann.“
    Eine Stunde später hält er in einer trostlosen Wohnsiedlung vor einem kleinen Häuschen, das von eine hohen, dicken Hecke umgeben ist.
    „Hier sind wir“, sagt der junge Kerl. „Sie werden wohl alleine mit Ihrem Gepäck fertig, Sir?“
    „Machen Sie sich keine Umstände“, meint der Mann und hievt seine beiden Taschen aus dem Taxi. Der Regen platscht immer noch vom Himmel. Als er sich zum Bezahlen wieder hineinbeugt, drückt ihm der Bursche eine Visitenkarte in die Hand. „Wenn Sie wieder mal ein Taxi brauchen sollten – wählen Sie einfach diese Nummer.“
    Er blickt auf die Karte, die den Typen als Faris bezeichnet. „Oh, vielen Dank.“ Dann schlägt er die Autotüre zu und sieht dem davonfahrenden Taxi kurz nach, bevor er die Visitenkarte einsteckt, die Taschen auf seine Schultern hievt und sich dem Gartentürchen zuwendet.
    Es ist ein kleines Einfamilienhaus aus rotem Backstein und wirkt von Außen schon etwas älter. Der Großteil der vorderen Mauer ist mit Efeu überwachsen, sodass man den langsamen aber sicheren Zerfall des Häuschens nicht gleich auf Anhieb sieht; an den Ecken bröselt der Stein bereits. Das Dach war auch einmal in einer besseren Verfassung. Vor Jahrzehnten vielleicht. Das Haus hat eine Menge kleiner, verwitterter Fenster in jeder der zwei Etagen. Es hat einen um einiges größeren Vorgarten als die anderen Häuser in der Straße, wodurch es weiter hinten liegt. Außerdem passt es so überhaupt nicht zu den anderen Häusern.
    Es führt ein schmaler Weg zum Haus, der aus grauen Steinplatten besteht. Gegenüber dem Wohnhaus steht eine alte baufällige Garage, zu der eine gepflasterte Hofeinfahrt führt.
    Der Garten ist ziemlich groß und mindestens genauso verwildert. Man könnte meinen, dass sich schon seit Jahrzehnten keine Menschenseele mehr darum gekümmert hat. Zwischen dem Gemüse sprießt das Unkraut meterhoch hervor, in den Blumenbeeten gedeiht alles Mögliche und die Hecke benötigt dringend einen Schnitt. Der Rasen ist an manchen Stellen so hoch, dass es nahezu unmöglich scheint, jemals wieder mit dem Rasenmäher durchzukommen.
    Der Mann lässt den verwucherten Garten hinter sich und bewegt sich langsam auf das Haus zu. Er betritt die überdachte hölzerne Veranda, die sich fast um das gesamte Haus schlängelt und sucht nach einem Hinweis, dass hier tatsächlich die Frau wohnt, zu der er gerne möchte, findet aber nichts. Es steht nirgends ein Name. Er stellt seine Reisetaschen am Verandaboden ab, sieht sich noch mal kurz um, atmet einmal durch und drückt schließlich auf die Klingel. Er kann die
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