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Hotel van Gogh

Hotel van Gogh

Titel: Hotel van Gogh
Autoren: J.R. Bechtle
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historischem Bezug habe Arthur Heller meisterlich miteinander verbunden, die Geschichte fließe in einem Zug, so was spürten die Leser. Eher wie ein Altmeister und nicht wie ein Debütant. Es sei einfach ein gutes Buch, und genau da liege der Grund für den Erfolg, heißt es in den Feuilletons.
    Allerdings habe Arthur Heller mit dem Deutsch-Jüdischen auch die verwundbare Sensibilität der Leser angesprochen. Bewusst weicht Sabine der Frage aus, ob er das so beabsichtigt hatte und worauf es ihm letztlich angekommen sei. Sie könne insoweit nur spekulieren. Arthur Hellers Buch sollte doch ausreichend für sich selbst sprechen, seine Überzeugung, durch Liebe die Probleme der Vergangenheit zu überwinden, für eine neue, wenn auch nicht unbelastete Zukunft. Jedenfalls beweisen die Diskussionen, die das Buch im Feuilleton der Zeitungen und in Leserzuschriften auslöst, und die gegensätzlichen Einlassungen von Historikern, Künstlern und Politikern die fortdauernde Brisanz des Themas. Das unterschwellige Unbehagen, das wieder einmal durchbricht.
    »Da liegt das Problem posthumer Veröffentlichungen. Ich als Verleger würde mir jetzt einen aktuellen Beitrag Arthur Hellers zu den Auseinandersetzungen in der FAZ wünschen«, sagt Dr. Zapf.
    »Ich bin in seinen Unterlagen auf einen Text gestoßen, der sich dafür meiner Ansicht nach eignen würde. Eine Deutsche und ein israelischer Diplomat, die sich fünfunddreißig Jahre nach ihrer jugendlichen Brieffreundschaft für eine Nacht in Straßburg treffen. Über ihre sich wandelnden Gefühle zwischen damals und heute und die fortdauernde Unsicherheit, ungezwungen miteinander umzugehen.«
    Dr. Zapf gefällt die Geschichte. Es gelingt ihm, sie in der folgenden Wochenendausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu platzieren.
    Eines Tages erhält sie ein Päckchen aus Paris mit dem fehlenden Tagebuch Arthur Hellers. Justine hat es also aus seiner Aktentasche genommen, deswegen konnte Sabine es dort nicht finden. Beim Durchblättern fällt ihr auf, dass einige Seiten fehlen, von Justine herausgerissen. Außerdem das Manuskript der Novelle über Johanna van Gogh. Mit ausführlichen Korrekturen. Justine muss ihren Onkel auf ihre Weise geliebt haben. Ob Justine im Beispiel Johanna van Goghs ihre eigene künftige Rolle für Arthur Heller gesehen hat?
    Aber damit tritt Justine endgültig wieder in ihre Schattenwelt zurück. Ich werde nie wieder von ihr hören, weiß Sabine.
    Anfänglich hatte sie sich vorgestellt, wie bisher hundert Prozent als Anwältin zu geben und irgendwie für Arthur Heller zusätzlich weitere fünfzig Prozent aufzubringen. Aber Zeit lässt sich nicht endlos dehnen, der Einsatz für Arthur Heller geht auf Kosten der Kanzlei. Was in der Vergangenheit über allem stand, hat längst seine absolute Stellung eingebüßt.
    Seinen Markterfolg mit Sarahs Paris verdankt Arthur Heller der Schicksalsverbindung zu van Gogh. Sein langfristiger Erfolg hängt von ihr ab. Davon, dass sie ihn sich zu ihrer Lebensaufgabe macht.
    Das Neue bestimmt ihr Leben. So oder so ähnlich erging es auch Arthur Heller, als er damals nach Paris kam. Unterschiedliche Wege mit demselben Ziel. Allerdings hat er die zweite Chance seines Lebens ganz gezielt gesucht, während sie sich ihr mehr oder weniger unbewusst aufgedrängt hat. Jedoch wehrt sie sich nicht gegen dieses neue Leben, ganz im Gegenteil.
    In einem Zimmer ihrer neuen Wohnung richtet sie sich zwischen den Kisten aus Paris ein Studio ein. Natürlich nicht als Schriftstellerin, das wäre viel zu anmaßend. Die Rolle der Lektorin füllt sie aus, und auch die als Anwältin für Arthur Heller. Durch seine Tagebücher ist ihr Arthur Heller als Autor, besonders aber auch als Mensch näher gekommen.
    Mit ihren Kollegen in der Kanzlei verständigt sie sich auf ein Sabbatjahr. Danach wird man weitersehen. Diese Möglichkeit wurde doch gerade für Leute in ihrer Situation erfunden, ausgebrannt nach Jahren einseitiger Karriereausrichtung.
    Arthur Hellers Roman entwickelt sich in Deutschland zu einem Bestseller. International werden die Rechte an führende Verlage vergeben, auch in den USA. Der Verleger nutzt den Tod im Sterbehaus van Goghs bis aufs Letzte aus. Wer weiß, was ohne die Verbindung zum Maler aus Arthur Heller geworden wäre. Sabine jedenfalls wäre Anwältin geblieben.
    Zapf drängt auf das nächste Buch. In der Zwischenzeit hat er eingesehen, dass sie die Schlüssel zu Arthur Heller in den Händen hält. Dabei besteht sie auf
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