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Hotel van Gogh

Hotel van Gogh

Titel: Hotel van Gogh
Autoren: J.R. Bechtle
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Kontrolle einzig und allein, um zu verhindern, dass man seine Absichten verfälscht. Mit eigenen künstlerischen Ambitionen hat dies nichts zu tun.
    Sabine entscheidet sich für Central Park South . Nach einigen Tagen ruft Zapf in seiner aufgeregten Art zurück, das Manuskript begeistere ihn, hier und da müsse am Sprachlichen und an der Konstruktion noch gearbeitet werden, aber damit sei sie ja zwischenzeitlich vertraut.
    Justines Geschichte, nun tritt sie ins Rampenlicht. Sabine denkt gelegentlich an sie, auch mit einem gewissen Schuldgefühl. Was aus ihr wohl geworden ist? Vielleicht lässt sie sich, wenn ihr Buch in Frankreich erscheint, noch einmal aus ihrem Versteck locken. Als Inspiration für den Roman, nicht mehr, um Sabine ihre Position streitig zu machen.
    »Wie es aussieht, werde ich das zweite Arthur-Heller-Buch veröffentlicht haben, bevor du auch nur einmal mit dem Van-Gogh-Museum verhandelt hast«, sagt sie zu Peter beim Frühstück.
    »Ich fühle mich nicht gut bei dieser Sache, sonst kenne ich mich aus.«
    »Zwei Museen zusammenzuführen? Was soll da anders sein, als zwei Firmen miteinander zu verbinden.«
    »Ursprünglich hatte ich gehofft, dass ich jemanden im Aufsichtsrat des Museums kennen würde. Aber keiner meiner holländischen Bankkontakte ist da drin.«
    »Dann eben ein Cold Call, das machst du schließlich auch nicht zum ersten Mal.«
    Später lässt Peter ihr von seiner Sekretärin mitteilen, dass er am nächsten Tag einen Termin mit dem Museumsdirektor vereinbart habe und deswegen noch am Nachmittag nach Amsterdam fliegen werde.

13.
    Theo van Gogh ist jede körperliche Anstrengung zuwider. Man sieht es ihm an, füllig und mit einem aufgeschwemmten Gesicht. Auf Äußerlichkeiten hat er nie Wert gelegt. Die Kleider hängen an ihm, als passe nichts richtig, breite Hosenträger, eine etwas schlampig gebundene Fliege. Und dieser Blick, von dem man nicht weiß, ob er nun verschmitzt oder verächtlich ist.
    Es ist der zweite November 2004. Er mag die Wintermonate, das neblig Verschwommene dieser Jahreszeit entspricht seinem Temperament. Nur das Radfahren wird dann leidig, aber oft hat er auf dem Weg ins Büro seine besten Einfälle.
    Seit über zwanzig Jahren macht er Filme. Richtig berühmt ist er damit nicht geworden, er bewegt sich an den Randzonen, psychologische und politische Themen, dafür interessieren sich eigentlich nur Eingeweihte. Würde man ihn ohne den Namen van Gogh überhaupt wahrnehmen? Sein Urgroßvater war der Bruder des Malers. Ein Leben voller Widrigkeiten. Als Familientradition rechtfertigt er sein manchmal ungewöhnliches Verhalten.
    Mitunter fragt er sich, wo er eigentlich hingehört: Filmemacher, Journalist, Berufsprovokateur? Das Medium Film dient ihm eher zum Tabubruch als zur ästhetischen Erbauung. Seine Aufgabe sieht er darin, die Grenzbereiche der Toleranz auszuloten, ob als Clown oder als der politisch inkorrekte Beobachter, um die Widersprüche grenzenloser Toleranz aufzuzeigen. Amsterdam bietet ihm eine geradezu ideale Spielwiese, liberal bis zum Geht-nicht-mehr.
    Als er sich aufs Fahrrad schwingt, spürt er wie jeden Morgen seinen untrainierten Körper. Aber dann radelt es sich doch recht angenehm. Täglich mitten im Berufsverkehr, er könnte ja später ins Büro, aber er ist nun mal ein Gewohnheitsmensch, was man ihm nicht ohne weiteres ansieht.
    Auf dem Weg ins Büro denkt er an seinen neuesten Film Submission . Der zehnminütige Streifen wurde kürzlich im Fernsehen gezeigt. Natürlich hat sich alle Welt mal wieder aufgeregt. Dennoch war er nicht zufrieden, vielleicht weil das Ganze zu ernsthaft war. Aber er hatte nicht wie sonst selbst das Drehbuch geschrieben, sondern es von der aus Somalia stammenden Abgeordneten Ayan Hirsi Ali übernommen. Allerdings identifiziert er sich voll und ganz mit ihrem Ziel, die Intoleranz des Islam anzuprangern. Und provokativ war es natürlich, die Haut misshandelter muslimischer Frauen zu zeigen. Sollte er aber noch einmal einen Film mit Hirsi Ali drehen, dann muss das Ganze etwas lockerer werden.
    Er hat in der Vergangenheit sämtliche Religionen mit haarsträubenden Witzen belegt. Wie könnte man wirkungsvoller das Rückständige einer Religion transparent machen? Gerade beim Islam, den er seit dem 11. September besonders auf dem Kieker hat.
    Jedenfalls hat er mal wieder Aufsehen erregt.
    Für einen Moment stellt er sich vor, was für eine Figur er auf dem Fahrrad abgibt. Überhaupt diese Massen von Radfahrern,
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