Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hotel Cosmos

Hotel Cosmos

Titel: Hotel Cosmos
Autoren: Jonathan Burke
Vom Netzwerk:
wehren und ihm derart Furcht einzuflößen.“
    „Du bist es, die unrecht hat. Du schützt vor, es geschähe nichts in den Hügeln; aber du weißt, daß es sich anders verhält. Ihre Macht ist denen geblieben, die in den Hügeln hausen.“
    Ich ging hinaus auf die Straße. Der Lärm der Stadt hätte mich beruhigen sollen. Wenn er den neuen Tag einleitete und die vertrauten Stimmen und Geräusche erschollen, gab es keinen Platz für phantastische Alpträume. Aber es gelang mir nicht, meine Angst zu vertreiben.
    Ich suchte an diesem Tage Raal auf, einen der besten Lehrer unseres Landes, und erzählte ihm meine Geschichte.
    „Träume?“ sagte er mit gütiger, aber leidenschaftsloser Stimme. „Du solltest dir keine Gedanken über Träume machen. Vielleicht hat dich irgendein Ereignis verstört. Es ist, wie du weißt, eine Angelegenheit der Psychologie. Die Aufregungen deines täglichen Lebens erhalten in deinen Träumen einen eigenartigen Symbolismus.“
    „Aber es handelt sich ständig um den gleichen Traum“, versuchte ich zu erklären. „Und mit jedem Mal komme ich irgend etwas Entsetzlichem näher. Was bedeutet das? Was geschieht dort oben in den Hügeln?“
    Raal runzelte die Stirn. „Nichts. Diese Tage sind vorüber. Ich hoffe, du hast nicht den Geschichten zugehört, die die alten Männer und Frauen der Stadt erzählen?“
    „Ich möchte wissen“, betonte ich langsam und überlegt, „was sie meinen, wenn sie von Weihe sprechen – und von denen, die erwählt wurden.“
    „Sie reden immer noch über diese Dinge?“
    „Ja. Was bedeuten sie?“
    Raal beugte sich zu mir herüber und sprach sanft, als wolle er mir neues Zutrauen geben.
    „Es ist nichts weiter als die Erinnerung an alte, barbarische Riten“, versetzte er. „In einem Landdistrikt wie diesem wird stets das Geschwätz alter Leute zu hören sein, in deren Köpfen der Unrat des Aberglaubens herumspukt. Du weißt, was richtig ist, Kuxin, und du mußt alle anderen Dinge aus deinen Gedanken verbannen. Wenn unsere Welten den ihnen gebührenden Platz in der Entwicklung des Universums einnehmen wollen, dann müssen wir uns von den Torheiten uneinsichtiger Generationen frei machen, die vor uns da waren.“
    Er erhob sich, um anzudeuten, daß die Unterredung zu Ende war.
    „Aber die Weihe“, protestierte ich. „Erzählen Sie mir zumindest, worin sie bestand.“
    „Nun gut, da du darauf beharrst. Aber ich hoffe, du wirst sie als das ansehen, was sie verkörpert – einen barbarischen Brauch, den wir die Pflicht haben, zu verachten. Vor vielen, vielen Zyklen war er in dieser und anderen rückständigen Gegenden üblich. Wenn ein Kind das Licht der Welt erblickte“, fuhr er fort, „brachten die Eltern es nicht zum Konditionierungszentrum oder in die neuen Kirchen, sondern zu irgendeiner Stelle in den Bergen. Dort wurde es den alten Göttern geweiht, die dort angeblich lebten. Ein Tropfen seines Blutes wurde vergossen und ein Gelübde abgelegt, das unbedingten Gehorsam versprach, wenn die Götter das Kind fordern würden. Es würde jede Aufgabe erfüllen, für die es erwählt wurde. Aber das ist aus und vorbei. Vielleicht drängt sich eine Erinnerung deiner Ahnen in dein Gehirn, und du erinnerst dich, ohne es zu wollen, an etwas, was sich vor langer Zeit abgespielt hat.“
    „Nein“, murmelte ich unsicher.
    Er streckte seinen dritten Arm aus und umschloß den meinen in dem schnellen Griff der Freundschaft und des Abschiedes.
    „Ich bin froh, daß du mich aufgesucht hast“, sagte er aufrichtig. „Nachdem du mir berichtet hast, daß dieses unheilvolle Geschwätz immer noch von Mund zu Mund geht, werde ich den ganzen Einfluß dagegen aufwenden, den ich besitze. Und was dich angeht – nun, du bist schließlich ein Raumfahrer und wirst nicht auf das Krächzen der alten Anhänger des Sirius achten, wie?“
    Ich lächelte und dankte ihm und entfernte mich. Ich spürte die Wirkung der geistigen Botschaft, die er mir nachsandte – die Vibration von Mut und Zuversicht, die er in meinem Gehirn auszulösen versuchte. Aber sie half trotzdem nicht.
    In dieser Nacht versuchte ich, wach zu bleiben.
    Aber die Abhänge des Schlummers lockten sanft; ohne es zu spüren, glitt ich sie hinunter und schloß mein Auge, und nach kurzer Zeit fand ich mich wieder auf dem Wege durch die Alptraumlandschaft.
    „Hier kommt er!“ gellten die Stimmen frohlockend. „Der Erwählte … Hier“, hörte ich sie diesmal kreischen, „ist das Opfer!“
    Und dann erwachte ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher