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1638 - Leichenspur des Künstlers

1638 - Leichenspur des Künstlers

Titel: 1638 - Leichenspur des Künstlers
Autoren: Jason Dark
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Er war in den Weinberg geschlichen und hatte den schmalen Pfad sofort gefunden, der ihn in die Höhe brachte.
    Er wollte nicht bis zum Gipfel gehen, das wäre viel zu mühsam gewesen.
    Er wollte dort ernten, wo er gute Deckung durch die Weinstöcke fand und von unten her nicht mehr gesehen werden konnte.
    Auf dem Weg am Flussufer war um diese Zeit zwar nicht viel los, aber hin und wieder tauchten doch Fußgänger auf. Zumeist waren es betrunkene Jugendliche, die auch oft in die Weinberge stiegen und sich dort ausließen.
    Kein Risiko eingehen. Alles für die Kunst. Für seine Kunst. Für eine Kunst, die wirklich einmalig auf der Welt war, und die vor allen Dingen dem Tod gewidmet war. Er war etwas Besonderes, was wohl alle Menschen empfanden, auch diejenigen, die seine Werke mit negativen Bildern und großen Ängsten verbanden.
    Nicht so der Künstler. Er war der Mann, der dem Tod und damit auch dem Schrecken ein Gesicht gab. Und das nicht zum ersten Mal.
    Er hatte die Welt aufhorchen lassen, und in kurzer Zeit würde sie wieder aufhorchen, das stand fest.
    Der Mann war zufrieden. Jetzt brauchte er nur noch die entsprechenden Reben abzuschneiden, die er für sein neues Kunstwerk benötigte.
    Er holte sein Messer hervor. Das mit der scharfen Klinge, das er auch für andere Dinge bereithielt. Um die Reben zu kappen, brauchte er keine dieser Scheren, das Messer reichte ihm auch.
    Niemand sah ihn. Auch wenn jemand den Hang hoch schauen würde, war er nicht zu entdecken, weil er sich geduckt bewegte.
    Zwei, drei Blicke reichten aus, dann hatte er das gefunden, was er suchte. Einen dichten Weinstock mit den kleinen grünen Riesling-Trauben.
    Es war seine besondere Weinlese, der Künstler wusste das. Sie diente als Vorbereitung für sein neuestes Kunstwerk. Schon mit seinen anderen Werken hatte er Aufsehen erregt. Sie waren perfekt gewesen und hatten den Menschen Rätsel aufgegeben.
    Bisher hatte es noch keiner geschafft, hinter die Dinge zu schauen, und das ärgerte ihn. Er wollte ernst genommen werden, schließlich tat er das alles aus einem bestimmten Grund.
    Er wollte IHM huldigen - nur IHM, aber das begriff die Welt nicht. Und diejenigen, die versuchten, ihm an den Kragen zu gehen, waren keine Gegner für ihn. Normale Bullen, Polizisten, die dumm aus der Wäsche schauten, wenn sie wieder mal eines seiner Kunstwerke sahen.
    Trauben auf der nackten Haut!
    Er stöhnte auf, als er daran dachte. Das war schon beinahe götterähnlich.
    Die Trauben, das Blut und der Tod.
    So sollte man seine Kunstwerke sehen, aber es gab einfach zu viele Ignoranten, die die ganze Wahrheit hinter seiner Kunst nicht erkannten.
    Das betrübte ihn ein wenig. Aber es sollte anders werden, das nahm er sich vor. Sogar in dieser Nacht, da würde er den nationalen Boden verlassen und sich europäisch geben.
    Als er daran dachte, fing er an zu kichern.
    Er schnitt die letzten Reben ab und verstaute sie in seinem Leinenbeutel, worin sich auch schon die anderen befanden.
    Jetzt konnte er gehen.
    Er war zufrieden. Es hatte geklappt.
    Die letzten Details für sein neues Kunstwerk mussten ihm nur noch bei gefügt werden. Und genau darauf freute er sich…
    ***
    Iris Gerwin konnte sich nicht bewegen. Sie war gefesselt. Mit der unteren Hälfte des Körpers lag sie im Wasser.
    Auf der nackten Haut war es zunächst angenehm gewesen, weil der Tag sehr heiß gewesen war. Doch jetzt, in der Dunkelheit, hatte sich nicht nur die Temperatur abgekühlt, auch das Wasser war kalt geworden und sorgte dafür, dass Iris Gerwin anfing zu frieren.
    Sie wusste nicht genau, wo sie sich befand. Aber man hatte sie nicht zu weit weggeschleppt.
    Jedenfalls lag sie in einem kleinen Teich, das hatte sie schon gesehen.
    Und sie ahnte auch, wo sich der Teich befand.
    Nicht nur die Fesseln störten sie. Es war auch das Klebeband auf dem Mund, das dafür sorgte, dass es ihr noch schlechter ging. Sie konnte nur durch die Nase atmen und war froh, dass sie an keiner Erkältung litt, denn dann wäre sie schon längst erstickt.
    Auch so hatte Iris genügend Probleme. Sie musste sich permanent zusammenreißen, um nicht zu hyperventilieren. Derjenige, der sie in diese Lage gebracht hatte, hatte sich alles genau überlegt und war kein Risiko eingegangen.
    In der Nacht kam niemand dort vorbei, wo sie lag. Sie wusste sehr wohl, dass hinter den Sträuchern ein Weg entlang führte, der am Tag von Fahrradfahrern und Fußgängern frequentiert wurde. Bei Dunkelheit und vor allen Dingen in der tiefen
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