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Horror Factory 13 - Epitaph

Horror Factory 13 - Epitaph

Titel: Horror Factory 13 - Epitaph
Autoren: Michael Marrak
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dich verzichten kann, du Idiot.« Er musterte mich, suchte in meinen Augen nach einer Spur Erkenntnis. »Was glotzt du mich so an?«
    Ich musste lachen. »Sie begreifen es einfach nicht«, flüsterte ich. »Es existiert kein Hier und Dort, kein Diesseits und Jenseits. Die einzige Grenze ist Ihr Verstand.«
    »Was redest du da für einen Unsinn?«
    »Warum fragen Sie das Ihren Wunschtraum nicht selbst?«
    »Heißt das, was am Ende der Brücke existiert, ist hier?« Naumann hob seine Arme, als wollte er die verheißene Entität in der Luft erspüren.
    »Auf dem Radom«, sagte ich.
    Naumann und die Asiatin blickten nach oben. Da standen sie beide wie Talemos und Eryde vor dem Engel Alepta und achteten nicht darauf, was hinter ihnen geschah. Ich holte tief Luft, dann zog ich meine rechte Hand aus der Schelle. Der Schmerz der zerreißenden Nerven war unbeschreiblich. Über dem Daumen und dem kleinen Finger wurde die Haut von den Knochen geschält und blieb als blutige Fleischfetzen hängen. Mit einiger Mühe schaffte ich es, die linke Schelle zu öffnen. Während Naumann immer noch wie in Trance auf das Dach der Apparatur starrte, schnellte ich vor und ergriff seine Assistentin. Sie schrie auf, als ich sie mit den blutverschmierten Händen zu packen bekam. Ich versuchte ihr den Injektor aus der Seitentasche zu ziehen, schaffte es jedoch nicht, mit der verletzten Hand richtig zuzugreifen. Offenbar waren auch einige Sehnen gerissen.
    Naumann ging dazwischen und trennte uns wieder. »Bedaure, Daniel, aber du lässt mir keine andere Wahl«, zischte er und stieß die Asiatin fort. »Das Maß ist voll! Ich hoffe, deine Sukkubus-Freundin versteht das.«
    Ich hielt das, was er aus seiner Tasche zog, zuerst ebenfalls für einen Injektor – bis mich ein heftiger, lähmender Schmerz eines Besseren belehrte. Was Naumann mir gegen die Rippen drückte, war ein Elektroschocker. Es dauerte einige Sekunden, bis ich begriff, dass die Schreie, die ich hörte, meine eigenen waren.
    Über dem Radom entstand im gleichen Moment ein formloses, flirrendes Glühen, das Naumanns Assistentin wieder von der Apparatur zurückweichen ließ. Sie stieß dabei unbewusst rückwärts gegen den Sessel, doch ich war nicht fähig mich zu rühren und die Gelegenheit zu nutzen. Was sich auf dem Dach der Kuppel materialisierte, sah aus wie eine gigantische, leuchtende, sich in der Dünung bewegende Seeanemone. Die Asiatin wurde still und blickte mit weit aufgerissenen Augen in das Licht. Naumann hingegen hob wie in Zeitlupe die Arme, als das Strahlen immer greller wurde – bis das Numen sich letztlich aus seiner Aureole schälte.
    Auf dem Epitaph kauerte ein Geschöpf, das im ersten Moment an eine riesenhafte, zehnbeinige Spinne erinnerte. Unter dem gedrungenen Leib schimmerte eine transparente Masse, in der ein faltiger, mit Hunderten von Dornen bewehrter Frauenkörper schwebte. Sein Kopf besaß weder Augen noch Ohren oder Nase, sondern lediglich einen klaffenden Schlund, in den ein schlauchartiges, mit dem Maul seines exogenen Leibes verbundenes Organ führte. Der Innenkörper pulsierte wie ein menschenförmiges Herz. Ein halbes Dutzend dünner, aufgerichteter Tentakel entwuchs seinem Kopf. Zehn stämmige Beine klammerten sich an das Dach der Apparatur, die langen, dornenbewehrten Fangzangen hingen drohend in der Luft.
    Ich wusste nicht, wer von den beiden zuerst schrie, lauter tat es jedenfalls die Asiatin. Meine Ohren klingelten, als sie in Ohnmacht fiel und neben dem Sessel zu Boden glitt. Naumann stand weiterhin wie angewurzelt auf der Stelle und brüllte, bis eine der Numen- Klauen sich mit solcher Wucht in seine Kehle bohrte, dass der Dorn zu seinem Nacken wieder herausschoss. Er zuckte und zappelte stumm, als das Numen ihn in die Höhe riss. Mit einem widerlichen Krachen zerbiss es seinen Schädel, woraufhin er abrupt erschlaffte. In Einzelteilen rutschte Naumann über das Radom zurück auf den Boden, wo er ein Stillleben aus blutigen Fleischklumpen bildete. Während ich mich aus den Fußschellen befreite, kroch das Numen herab und betastete den Körper der Asiatin.
    »Nein!«, rief ich und versuchte es zurückzudrängen, indem ich meine Hand gegen seinen Kopf stemmte. Die schmerzenden Muskeln wollten mir kaum gehorchen. Mein Blut strömte an seinem Schädel herab und verlor sich zwischen seinen Kiefern. »Nicht sie, bitte!« Nur mühsam schaffte ich es, mich aus dem Sessel zu erheben. »Es ist vorbei!«
    Zwei der Numen- Tentakel wanden sich um meinen
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