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Horror Factory 09 - Die Todesuhr

Horror Factory 09 - Die Todesuhr

Titel: Horror Factory 09 - Die Todesuhr
Autoren: Robert C. Marley
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bedürfen.
    Es ist Dein eigener freier Wille. Du kannst noch in dieser Stunde ins Jahr 1849 zurückkehren und vergehen. Oder Night mit Deinen Gaben helfen, den Dämon Verbrechen, wenn auch nicht gänzlich zu vernichten, so doch empfindlich zu schwächen.
    Du hast ein hübsches Haus in Richmond, mit Blick auf die Themse und – erschrick jetzt bitte nicht – eine wunderbare Frau, die Dich umsorgt. Du kennst sie gut. Besser als Dich selbst. Ihr Name ist Virginia! Ja, Du liest recht. Und Du könntest es gar nicht bequemer und heimeliger bei ihr haben. Was die Zukunft für Dich hier bereithält, fragst Du? Nun, Eddy, fünfundzwanzig Jahre voller Abenteuer und dazu ein ruhiges, liebevolles Heim – was kann man mehr wollen?
    Lass mich Dir sagen, Eddy, ich habe meinen Entschluss, in London zu bleiben, niemals bereut. Nicht eine einzige Sekunde lang.
    Gott segne und schütze Dich. Und möge er Dir helfen, die richtige Entscheidung zu fällen.
    Immer Dein Eddy
    PS: Night ist ein guter Mann. Und Bernie ein lieber, loyaler Freund; eine treuere Seele wirst Du auf der ganzen Welt nicht finden.
    Poe legte den Brief beiseite und nahm den darunter liegenden heraus. Und dann den nächsten und übernächsten. Schließlich lagen sechs Briefe in derselben Handschrift und – bis auf einige wenige unerhebliche Abweichungen – mit demselben Wortlaut vor ihm auf dem Tisch. Er las sie alle. Jedes einzelne Wort. Dann sah er auf und starrte vor sich hin.
    Virginia! , dachte er.
    »Nun, Mr Poe?«, fragte Night. »Sind Sie zu einem Entschluss gelangt.«
    »Wenn ich nicht einmal mir selbst vertrauen kann, wem dann?«, entgegnete Poe, legte die Briefe in den Ordner zurück und klappte ihn zu. »Ja, Mr Night. Ich bin zu einem Entschluss gelangt. Ich bleibe.«
    Night stieß einen zentnerschweren Seufzer der Erleichterung aus.
    Und Bernie Taylor klopfte Poe auf die Schulter und meinte grinsend: »Ich versichere Ihnen, mein Freund, Sie werden es nicht bereuen.«
    »Aber ich will über meine Aufgaben Bescheid wissen«, sagte Poe. Und zum ersten Mal seit sehr langer Zeit war ihm zum Lächeln zumute. »Und dann möchte ich nach Hause gehen und Virginia wiedersehen.«

11
    London, 25 Jahre später
    Poe durchmaß die Regalreihen mit zügigen Schritten. Wie oft war er nach Beendigung eines Auftrags hierhergekommen und hatte seinen Bericht geschrieben? Es ließ sich kaum noch zählen. An guten Tagen hatte er sogar einige Zeilen zu Papier gebracht, die nichts mit seiner Arbeit für Night zu tun hatten. Gedichte zumeist und Erzählungen. Manchmal, wenn es ihn überkam, stöberte er auch in den alten Aufzeichnungen, die sein Vorgänger-Ich verfasst hatte.
    Heute war der Tag gekommen, an dem er den mit den Jahren so vertraut gewordenen Raum zum letzten Mal aufsuchen würde.
    Von Virginia hatte er sich bereits vor zwei Stunden verabschiedet, ehe er Night in seinem Büro tief unter dem Parlamentsgebäude aufgesucht und die Instruktionen für seinen vorletzten Auftrag entgegengenommen hatte. Zielort: Baltimore. Zielzeit: 1922.
    Virginia, liebe, gute Virginia! Ob es Fügung des Schicksals war, in wen man sich verliebte? Wie konnte es anders sein? Night hatte an alles gedacht. Er hatte nicht nur ihn aus den Klauen des Todes gerettet, um sich seiner Dienste zu versichern, er hatte dasselbe für Virginia getan. Und was für herrliche Jahre sie gemeinsam verlebt hatten. Fünfundzwanzig geschenkte Jahre, fünfundzwanzig Jahre geschenktes Glück.
    Er hatte Virginia in die Arme genommen, sie zum Abschied auf die Stirn geküsst, und sie hatten einander nicht »Lebewohl«, sondern »Auf Wiedersehen« gesagt. Dann war er gegangen.
    Ehe er das Temporameter zum letzten Mal aus Wells’ Obhut holte und sich auf den Weg machte, setzte Poe sich hin und schrieb einen Brief. Seinen Brief an Eddy.

12
    Baltimore, 304 Barnham Street, 3. Oktober 1849
    Die Zeit drängte.
    Poe stieg eilig die Stufen in den zweiten Stock hinauf. Obgleich es bereits etliche Jahre her war, kam es ihm so vor, als habe er das alte, verfallene Haus erst vor Tagen besucht. Die vergangene Zeit hatte die Erinnerungen an das, was er in dieser Wohnung erlebt hatte, nicht ein bisschen verblassen lassen. Die Textzeile eines seiner Lieblingslieder kam ihm in den Sinn:
    Life is running in circles.
    Wie recht Sinatra doch hatte. Das Leben war ein ewiger, nicht enden wollender Kreislauf. Wie viele Jahre mochte es her sein, dass er dieses Haus betreten hatte? Jenes Zimmer in dem alles endete und alles begann …
    Was
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