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Horror Factory 09 - Die Todesuhr

Horror Factory 09 - Die Todesuhr

Titel: Horror Factory 09 - Die Todesuhr
Autoren: Robert C. Marley
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»Wir nehmen etwas zu uns, und dann machen wir uns auf den Weg zu Mr Night. In weniger als zwei Stunden sind wir dort.«
    Night, dachte Poe. Wer war dieser Mann. Und was in Gottes Namen wollte er bloß von ihm?
*
    Das Old Cheshire Cheese lag vor den Blicken der Welt versteckt in einer schmalen Seitengasse, die von der Fleet Street abging. Lediglich ein rundes Schild verriet, dass es dort überhaupt eine Schänke gab. Taylor hatte ihm erzählt, dass das Pub bereits ein Jahr vor dem großen Brand von London 1666 erbaut worden war, und dass jeder Schreiber, der auch nur das Geringste auf sich hielt, schon einmal dort gewesen war. Dickens war Stammgast, und es könne durchaus sein, dass sie ihm über den Weg liefen.
    »Ich könnte ihn kurz begrüßen«, sagte Poe euphorisch. »Ich bin ihm was schuldig, wissen Sie? Ich glaube, er hat mich für den leibhaftigen Teufel gehalten, nur weil ich den Ausgang seines Fortsetzungsromans richtig vorausgesagt hatte.«
    »Wir dürfen ihm keinesfalls begegnen, Mr Poe«, sagte Taylor sehr ernst. »Vergessen Sie nicht – offiziell sind Sie tot. Die Nachricht von Ihrem Ableben ist hier in England wie eine Bombe eingeschlagen.«
    Poe nickte. »Er würde mich ohnehin kaum erkennen. Schon gar nicht mit diesem Bart.«
    Poe war über die Größe des Pubs in höchstem Maße erstaunt. Niemals hätte er damit gerechnet, hinter der schlichten Fassade dieser Hintergassenschänke ein so weitläufiges Gasthaus zu finden. Gleich nachdem man das Pub betreten hatte, befand sich rechter Hand eine kleine, fast winzige Bar. Auf der gegenüberliegenden Seite lag eine Art Speiseraum, dessen Stirnwand von einem mächtigen Kamin beherrscht wurde. Wie Taylor ihm verriet, befand sich Dickens’ Lieblingsplatz gleich am Tisch rechts vom Kamin. Zwar war dort eingedeckt, doch der große Literat war nirgends zu sehen. Etwas weiter den Gang hinunter führten Treppen in den Keller und in die oberen Geschosse hinauf. Der Steinfußboden war überall mit Sägemehl bedeckt.
    Die Gestalten, die das Pub besuchten, unterschieden sich in nichts von den finsteren Gesellen, die die übel beleumdeten Schenken in Baltimore besuchten. Schmutzig und grimmig sahen sie aus. Vom Schicksal gebeutelte Seelen, die für einen Schnaps ihre eigene Mutter an den Teufel verkaufen würden.
    Sie fanden einen Tisch in einer finsteren Ecke des hinteren Schankraumes. An der Bar standen vier, fünf Männer, die sich lautstark unterhielten und sich gegenseitig immer wieder anrempelten und Kopfnüsse verteilten. Poe beobachtete das Schauspiel aus sicherer Entfernung und hoffte, niemand von denen würde auch nur in Taylors und seine Nähe kommen. Doch seine Hoffnung wurde enttäuscht. Es dauerte nicht lange, da kam ein Mann in zerschlissenen, verdreckten Kleidern und mit einer Flasche Rum in der Hand auf sie zugetorkelt. Sein Haar klebte ihm am Kopf, als habe er sich Waltran hineingeschmiert, und die Farbe seines Gesichts ließ sich unter alldem Dreck nicht einmal mehr erahnen.
    Er blieb, die Hände in die Hüften gestemmt, vor ihnen stehen, sah Taylor an und fragte: »Hey, was kuckste so, Fatzke?«
    »Lass gut sein, Sam«, sagte Taylor. »Übertreib nicht jedes Mal. Was machen die Geschäfte?«
    Das Gesicht des Mannes entspannte sich. Er lächelte sogar etwas. »Na ja, könnte besser laufen, Mr Taylor«, sagte der Mann. Dann nickte er in Poes Richtung. »Wo ham se den denn aufgegabelt?«
    »Für mich ein Bier«, sagte Taylor statt einer Antwort. »Und einen Tee und eine Suppe für meinen Freund hier.«
    »Kommt sofort, Mr Taylor, Sir.« Er nickte abermals in Poes Richtung und zwinkerte ihm zu. »Und nichts für ungut, Mr Poe.«
    »Er kennt mich?«, fragte Poe.
    Taylor seufzte tief und verdrehte genervt die Augen. »Ja. Aber behalten Sie es für sich.«
    Es dauerte keine drei Minuten, und Sam kam mit der Suppe, dem Tee und Taylors Bier zu ihnen an den Tisch zurück. »Lassen Sie es sich schmecken, Sirs.« Und nachdem er das Tablett auf den Tisch gestellt hatte, schlug er Taylor scheinbar beiläufig auf die Schulter und schob ihm ein kleines Päckchen zu. Taylor nahm es heimlich an sich und steckte es ein, als sei nichts gewesen.
    Sie aßen und tranken schweigend, während sich an der Theke eine Rauferei anbahnte. Sam war mittendrin.
    Kaum hatten sie aufgegessen, stand Taylor auch schon wieder auf. »Kommen Sie«, sagte er. »Wir müssen los.«
    »Weswegen haben wir die Taverne aufgesucht, Mr Taylor?«, fragte Poe, als sie wieder draußen in der
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