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Einmal ist keinmal

Einmal ist keinmal

Titel: Einmal ist keinmal
Autoren: Janet Evanovich
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    Es gibt Männer, die können einer Frau das Leben vom ersten Moment an versauen. Genauso ging es mir mit Joseph Morelli – nicht immer, aber immer wieder.
    Morelli und ich stammen beide aus Trenton, wir sind in demselben Arbeiterviertel geboren und aufgewachsen. Die Reihenhäuschen waren schmal, die Gärten klein, die Autos amerikanisch. Die Menschen waren zum größten Teil italienischer Abstammung, aber es gab genügend ungarische und deutsche Eisprengsel, um Inzucht zu vermeiden. Es war ein guter Stadtteil, wenn man eine Calzone essen oder illegale Wetten abschließen wollte. Und wenn man sowieso in Trenton leben mußte, war es nicht die schlechteste Gegend, Kinder großzuziehen.
    Als kleines Mädchen habe ich kaum mit Joseph Morelli gespielt. Er wohnte zwei Straßen weiter und war zwei Jahre älter als ich. »Bleib weg von den Morelli-Brüdern«, warnte mich meine Mutter. »Die Burschen sind gefährlich, vor allem, wenn sie dich allein erwischen. Sie sollen alle möglichen Sachen mit kleinen Mädchen anstellen.«
    »Was denn für Sachen?« fragte ich gespannt.
    »Das brauchst du nicht zu wissen«, antwortete meine Mutter. »Schlimme Sachen. Nichts Gutes.«
    Von da an beäugte ich Joseph Morelli mit einer Mischung aus Angst und lüsterner Neugier, die an Ehrfurcht grenzte. Zwei Wochen später, ich war gerade sechs Jahre alt, folgte ich Morelli mit weichen Knien und einem flauen Gefühl im Magen in die Garage seines Vaters, weil er mir versprochen hatte, mir ein neues Spiel beizubringen.
    Die Garage, ein baufälliger Schuppen, stand allein und verlassen am Rand des Morellischen Grundstücks. Durch das einzige dreckverschmierte Fenster drang nur spärlich Licht herein. Die Luft war abgestanden, und es roch muffig nach ausrangierten Autoreifen und Kannen mit verbrauchtem Motoröl. Da es der Garage nie vergönnt war, irgendwelche Wagen der Familie Morelli zu beherbergen, diente sie anderen Zwecken. Vater Morelli benutzt sie, um seine Söhne mit dem Gürtel zu verdreschen, seine Söhne benutzten sie, um Hand an sich zu legen, und Joseph Morelli benutzte sie, um mit mir, Stephanie Plum, Eisenbahn zu spielen.
    »Wie heißt das Spiel?« fragte ich Joseph Morelli. »Puff-Puff«, sagte er. Da war er schon längst auf allen vieren zwischen meinen Beinen und hatte den Kopf unter mein kurzes rosa Röckchen gesteckt. »Du bist der Tunnel, und ich bin die Lokomotive.«
    Kann sein, daß sich an dieser Geschichte einiges über meine Persönlichkeit ablesen läßt. Zum Beispiel, daß ich mir nicht gern einen Rat geben lasse, oder daß ich viel zu neugierig bin. Kann auch sein, daß sie etwas über kindliche Aufsässigkeit, Langeweile und die Macht des Schicksals aussagt. Wie dem auch sei, es war jedenfalls eine sehr einseitige Angelegenheit und verdammt enttäuschend, weil ich nur der Tunnel sein durfte, obwohl ich eigentlich die Lokomotive spielen wollte. Zehn Jahre später wohnte Joseph Morelli immer noch zwei Straßen weiter. Er war ein großer, starker, wilder Kerl geworden, und er hatte Augen wie schwarze Kohlen, die leidenschaftlich und zärtlich zugleich funkelten. Er hatte eine Adlertätowierung auf der Brust, einen knackigen Po, schmale Hüften, einen aufreizenden Gang und war allseits berühmt für seine flinken Hände und geschickten Finger.
    Meine beste Freundin Mary Lou Molnar erzählte mir, sie hätte gehört, daß Morelli eine Zunge wie eine Eidechse hätte.
    »Heiliger Bimbam«, sagte ich, »was soll denn das bedeuten?«
    »Das wirst du schnell merken, wenn du mit ihm allein bist. Wenn er dich allein erwischt, ist es aus. Dann bist du geliefert.«
    Seit unserem Eisenbahnspiel hatte ich nicht viel mit Morelli zu tun gehabt, aber ich nahm an, daß er seine Verführungskünste inzwischen vervollkommnet hatte. Mit großen Augen rutschte ich näher an Mary Lou heran. Ich war auf das Schlimmste gefaßt. »Du redest doch nicht etwa von Vergewaltigung?«
    »Ich rede von Lust! Wenn er dich haben will, bist du verloren. Der Typ ist unwiderstehlich.«
    Abgesehen davon, daß ich als Sechsjährige von Sie-wissen-schon-von-wem befingert worden war, war ich noch unberührt. Ich sparte mich für die Ehe auf, oder wenigstens fürs College. »Ich bin noch Jungfrau«, sagte ich, als ob das etwas Neues wäre. »Der macht sich doch bestimmt nicht an Jungfrauen ran.«
    »Jungfrauen sind seine Spezialität! Er braucht eine Jungfrau bloß anzufassen, und schon verwandelt sie sich in einen winselnden Schmachtlappen.«
    Zwei Wochen
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