Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einmal ist keinmal

Einmal ist keinmal

Titel: Einmal ist keinmal
Autoren: Janet Evanovich
Vom Netzwerk:
später kam Joe Morelli in die Bäckerei Tasty Pastry, wo ich nach der Schule jobbte. Er kaufte ein Chocolate Chip Cannoli, erzählte mir, er sei jetzt bei der Navy, und raspelte derart viel Süßholz, daß ich vier Minuten nach Ladenschluß mit ihm auf dem Fußboden des Tasty Pastry, hinter der Vitrine mit den Liebesknochen, zugange war.
    Als ich ihn das nächste Mal sah, war ich drei Jahre älter. Ich fuhr gerade mit dem Buick meines Vaters ins Einkaufszentrum, als ich Morelli vor der Metzgerei Giovichinni stehen sah. Ich ließ den Achtzylindermotor aufheulen, rollte über den Bordstein auf den Bürgersteig und rammte Morelli von hinten, so daß er über den vorderen rechten Kotflügel flog. Ich hielt an und stieg aus, um den Schaden zu begutachten. »Was gebrochen?«
    Er lag platt auf dem Bürgersteig und linste unter meinen Rock. »Mein Bein.«
    »Gut«, sagte ich. Dann drehte ich mich um, stieg wieder in den Buick und fuhr ins Einkaufszentrum.
    Ich kann mir diesen Vorfall nur mit vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit erklären, und zu meiner Verteidigung möchte ich außerdem anführen, daß ich seither keinen einzigen Menschen mehr an- oder umgefahren habe.
    *
    Im Winter pfeift ein kalter Wind durch die Hamilton Avenue. Heulend fegt er an den Panzerglasscheiben vorbei und türmt den Abfall an den Bordsteinen und in den Ladeneingängen auf. Im Sommer liegt die Luft reglos und zäh über der Straße, bleischwer von Feuchtigkeit, gesättigt mit Kohlenwasserstoffen. Die Hitze flimmert über dem Zement und weicht den Asphalt auf. Zikaden zirpen, Müllcontainer stinken, und über dem gesamten Bundesstaat hängt eine staubige Dunstglocke. All das war für mich Teil des großen Abenteuers »Leben in New Jersey«.
    An einem solch brütend heißen Tag im August beschloß ich, das Ozon, das ich schon auf der Zunge schmecken konnte, zu ignorieren, das Verdeck meines Mazda Miata herunterzulassen Und mit dem Wagen zu fahren. Die Klimaanlage lief auf vollen Touren, ich sang laut mit Paul Simon um die Wette, die schulterlangen braunen Haare wehten in wilden Locken und Kringeln um mein Gesicht, meine stets wachsamen Augen waren hinter einer coolen Oakleys-Sonnenbrille verborgen, und mein Fuß ruhte schwer auf dem Gaspedal.
    Es war Sonntag, und im Haus meiner Eltern wartete ein Braten auf mich. Als ich vor einer roten Ampel in den Rückspiegel blickte, entdeckte ich zwei Wagen hinter mir Lenny Gruber in einer beigefarbenen Limousine. Ich schlug mit dem Kopf aufs Lenkrad und fluchte: »Verdammt.« Gruber und ich waren zusammen auf die Highschool gegangen. Schon damals war er ein Wurm gewesen, und das war er immer noch. Aber leider kämpfte dieser Wurm inzwischen für eine gerechte Sache. Ich war mit den Ratenzahlungen für den Miata im Rückstand, und Gruber arbeitete als Schuldeneintreiber.
    Vor sechs Monaten, als ich den Wagen kaufte, sah alles prima aus. Ich hatte eine schöne Wohnung und eine Dauerkarte für die Rangers. Aber dann war ich auf einmal – peng! – meinen Job los. Keine Kohle mehr, meine Kreditwürdigkeit beim Teufel.
    Nachdem ich noch einen Blick in den Rückspiegel geworfen hatte, biß ich die Zähne zusammen und zog die Handbremse an. Lenny war wie Rauch. Wenn man versuchte, ihn zu fassen, löste er sich auf, deshalb durfte ich mir diese wahrscheinlich einzige Gelegenheit, mit ihm zu verhandeln, nicht entgehen lassen. Ich stieg aus, entschuldigte mich bei dem Fahrer, der zwischen uns feststeckte, und ging auf die Limousine zu.
    »Stephanie Plum«, sagte Gruber mit geheuchelter Überraschung. »Was für eine Freude.«
    Ich legte beide Hände auf das Wagendach und sah durch das offene Fenster zu ihm hinein. »Lenny, ich bin unterwegs zu meinen Eltern, sie warten mit dem Essen auf mich. Du wirst mir doch nicht den Wagen wegnehmen, während ich meine Eltern besuche? Das würdest du nicht machen, oder? Das wäre wirklich zu schäbig.«
    »Ich bin ein ziemlich schäbiger Typ, Steph. Darum habe ich ja auch diesen schönen Job. Ich bin fast zu allem fähig.«
    Die Ampel wurde grün, und der Fahrer hinter Lenny hupte.
    »Vielleicht können wir einen Deal machen«, sagte ich.
    »Was springt dabei für mich raus? Daß du dich splitternackt ausziehst?«
    Am liebsten hätte ich ihm die Nase umgedreht, bis er wie ein Schwein quiekte. Das Problem war nur, daß ich ihn dazu hätte anfassen müssen. Aber mir schien etwas Zurückhaltung angebrachter. »Laß mich den Wagen heute abend noch behalten. Und morgen früh
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher