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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän
Autoren: C. S. Forester
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achtern etwas hoch.
    Nun, das ließ sich gleich morgen dadurch in Ordnung bringen, daß man die beiden vorn stehenden Karronaden wieder auf ihren ursprünglichen Platz schaffte. Und da die Fregatte während dieser Besichtigungsfahrt im Beiboot Segel kürzen mußte, so konnte Hornblower die Sache gründlich tun und Bush anweisen, die Mannschaft in der Takelage zu bewegen. Wie es sich für einen Ersten Offizier gehörte, besaß Bush geradezu eine Leidenschaft für diese Art der Seemannschaft. Heute bot sich der Mannschaft Gelegenheit zur Verbesserung ihres eigenen Rekords. Bisher hatte sie mindestens elf Minuten, einundfünfzig Sekunden zum Hochbringen der Marsstengen und vierundzwanzig Minuten, sieben Sekunden zum Setzen aller Segel bei niedergeholten Marsstengen benötigt. Hornblower stimmte mit dem Ersten darin überein, daß es sich dabei durchaus nicht um Spitzenleistungen handelte; viele Schiffe konnten mit anderen Zahlen aufwarten; jedenfalls behaupteten das ihre Kommandanten.
    Hornblower stellte fest, daß der Wind um einen geringen Grad aufgefrischt hatte; wie ein leises Flüstern strich es durch die Takelage. Dem Gefühl nach, das er auf seinem Nacken und auf seiner Wange empfand, mußte die Brise um einen Strich oder zwei umgesprungen sein, aber noch während der Kapitän überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis Bush davon Notiz nahm, hörte er bereits den Ruf nach der Wache. Clay, der auf dem erhöhten Achterdeck stehende Midshipman, brüllte wie ein Stier. Seit der Abfahrt von England wechselte der junge Mensch die Stimme. Er konnte sie jetzt schon richtig anwenden, während er früher nur immer gequiekt und gekrächzt hatte.
    Anscheinend ohne der Geschehnisse zu achten, lauschte Hornblower doch dem Lärm, den die an Oberdeck und an die Brassen stürzenden Seeleute verursachten, indessen er selbst nach wie vor auf der Hütte, wie das Achterdeck mit anderem Namen genannt wurde, auf und ab schritt. Ein Klatschen und ein Schrei verrieten ihm, daß der Bootsmann Harrison seinen Stock auf dem Sitzfleisch irgendeines feisten oder unglücklichen Matrosen hatte landen lassen. Harrison war ein prächtiger Seemann, der nur die Schwäche besaß, seinen Rohrstock mit umfangreichen Hinterteilen in Berührung zu bringen. Jeder Mann, dessen Hosen prall ausgefüllt waren, durfte darauf gefaßt sein, lediglich aus diesem Grunde einen Hieb vor die Kehrseite zu empfangen; vor allem dann, wenn er das Pech hatte, beim Vorbeikommen Harrisons mit einer dienstlichen Verrichtung beschäftigt zu sein, die notwendigerweise eine gebückte Haltung erheischte. Die Betrachtungen, die Hornblower über die Schwäche des Bootsmanns anstellte, hatten fast die ganze, zum Trimmen der Segel nötige Zeit in Anspruch genommen. Nun das Manöver beendet war, brüllte Harrison »Belege das!«, worauf sich die Wache wieder an ihre bisherige Beschäftigung begab. Gleich darauf schlug die Schiffsglocke siebenmal an.
    Sieben Glas in der Frühwache. Hornblower hatte die Morgenwanderung ein gutes Stück über das Stundenmaß hinaus ausgedehnt. Er fühlte, daß seine Haut unter dem Hemde schweißig wurde. Nun trat er zu dem neben dem Ruder stehenden Ersten Offizier.
    »Guten Morgen, Mr. Bush«, sagte Kapitän Hornblower.
    »Guten Morgen, Sir«, erwiderte Bush genauso, als sei der Kommandant nicht bereits seit fünfviertel Stunden wenige Meter von ihm entfernt hin und her gewandert.
    Hornblower besah sich die Schiefertafel, die einen Überblick über die Geschehnisse der letzten vierundzwanzig Stunden ermöglichte. Es hatte sich nichts Besonderes ereignet. Das stündliche Loggen hatte Geschwindigkeiten von drei bis viereinhalb Knoten ergeben, und aus der Rückseite der Tafel war zu ersehen, daß das Schiff während des ganzen Tages auf nordöstlichem Kurse geblieben war. Der Kapitän merkte sehr wohl, daß ihn sein Erster gespannt ansah und daß er mit Fragen sozusagen geladen war. Es befand sich nur ein einziger Mensch an Bord, dem das Ziel der Lydia bekannt war, und dieser eine war der Kommandant selbst. Mit versiegelter Order hatte er die Heimat verlassen, und als er den Umschlag befehlsgemäß auf 30
    Grad Nord und 20 Grad West geöffnet hatte, war es ihm nicht in den Sinn gekommen, wenigstens den Nächstkommandierenden vom Inhalt des Schreibens zu unterrichten. Seit sieben Monaten gab sich Leutnant Bush alle Mühe, keine Fragen zu stellen, aber es fiel ihm sichtlich schwer.
    »Ha... hm«, räusperte sich Hornblower ausweichend. Ohne ein Wort
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