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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän
Autoren: C. S. Forester
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zu sprechen, hängte er die Tafel wieder auf, stieg den Niedergang hinunter und betrat seine Schlafkammer.
    Es war Pech für Bush, daß er in solcher Weise im dunkeln gehalten wurde, aber Hornblower hatte nicht deswegen auf eine Erörterung seiner Befehle verzichtet, weil er Bushs Schwatzhaftigkeit fürchtete; vielmehr hegte er andere Befürchtungen. Als er vor nun mehr fünf Jahren sein erstes selbständiges Kommando antrat, hatte er seinem eigenen Mitteilungsbedürfnis die Zügel schießen lassen, und sein damaliger Erster Offizier hatte sich das so weitgehend zu nutze gemacht, daß Hornblower schließlich keinen Befehl mehr erteilen konnte, ohne daß dieser vorher besprochen wurde. Auf der letzten Reise war er bemüht gewesen, den Untergebenen innerhalb der von den Regeln der Höflichkeit gezogenen Grenzen zu halten, doch hatte er erkannt, daß es ihm selbst unmöglich war, diese Grenzen zu bestimmen; stets sprach er ein Wort zuviel, das er dann später bereute. Dieses Unternehmen nun hatte er mit dem festen Vorsatz begonnen - er ähnelte darin einem Trinker, der sich nicht zutraut, bei mäßigem Alkoholgenus zu bleiben -, nichts zu seinen Offizieren zu sagen, was nicht unmittelbar zum Dienst gehörte. Der Entschluß war durch die zwingende Notwendigkeit zur Geheimhaltung der ihm erteilten Befehle noch verstärkt worden. Sieben Monate lang hatte er durchgehalten. Je stärker er unter die Einwirkung des natürlichen Standes der Dinge geriet, desto verschlossener wurde er. Im Atlantik hatte er mit Mr. Bush immerhin zuweilen über das Wetter gesprochen. Hier drüben im Stillen Ozean beschränkte er sich auf ein Räuspern.
    Seine Kammer war ein winziges, von der Kajüte durch eine Holzwand getrenntes Gelaß. Die Hälfte des Raumes wurde von einem Achtzehnpfünder eingenommen, und im Rest hatten gerade noch seine Koje, der Schreibtisch und eine Truhe Platz.
    Sein Steward Polwheal packte das Rasierzeug und den Ledernapf aus, den er auf einer kleinen Konsole unterhalb des an der Wand angebrachten Stückchens Spiegelglas aufbaute.
    Die beiden Männer vermochten sich in der Enge kaum zu bewegen. Um seinen Vorgesetzten eintreten zu lassen, quetschte sich Polwheal gegen die Truhe. Er sagte nichts, denn er war ein Mann weniger Worte. Aus diesem Grunde hatte Hornblower ihn ausgesucht, denn auch seinen Dienern gegenüber mußte er sich vor seiner Sünde der Geschwätzigkeit in acht nehmen.
    Der Kapitän streifte das feuchte Hemd und die Hosen ab.
    Nackend trat er vor den Spiegel, um sich zu rasieren. Das Gesicht, das er im Glase bemerkte, war weder hübsch noch häßlich, weder alt noch jung. Melancholisch braune Augen blickten ihn an; die Stirn war ziemlich hoch, die Nase einigermaßen gerade, und der gutgeformte Mund verriet die in zwanzigjährigem Seedienst erworbene Charakterfestigkeit. Das leicht gelockte braune Haar begann an den Schläfen lichter zu werden, wodurch die Stirn noch etwas höher erschien. Für Hornblower bedeutete diese Erscheinung eine Quelle der Unruhe, denn der Gedanke, eine Glatze zu bekommen, war ihm verhaßt. Und als er nun an seinem nackten Körper heruntersah, kam ihm die andere Sorge zum Bewußtsein. Schlank und muskulös war er gebaut; ja, wenn er sich zur ganzen Höhe seiner sechs Fuß aufrichtete, machte er eine durchaus wirkungsvolle Figur. Dort unten aber, wo die Rippen endeten, ließ sich das Vorhandensein eines Bauches nicht verheimlichen, der gerade begann, über den unteren Teil des Brustkorbes hervorzutreten. Mit einem für seine Generation seltenen Abscheu fürchtete Hornblower das Dickwerden. Ihn ekelte der Gedanke, seinen schlanken, glatthäutigen Körper durch eine unziemliche Wölbung verunstaltet zu sehen. Das war der Grund, weswegen er, der im Grunde genommen zur Bequemlichkeit neigte und das Gewohnheitsmäßige haßte, sich dazu zwang, jeden Morgen einen Spaziergang auf dem Achterdeck zu machen.
    Nachdem er das Rasieren beendet hatte, legte er Messer und Pinsel nieder, damit Polwheal sie reinige und wegräume, worauf ihm der Steward einen zerschlissenen Schlafrock um die Schultern hängte Polwheal folgte ihm über Deck bis zur Hauptpumpe, nahm ihm den Schlafrock ab und pumpte eifrig Seewasser, während sich Hornblower würdevoll unter dem Wasserstrahl drehte. Dann bekleidete der Kapitän die tropfnassen Schultern abermals mit dem Schlafrock und begab sich in die Kajüte zurück Ein sauberes Leinenhemd - verbraucht aber instand gesetzt - sowie weiße Hosen lagen auf der Koje
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