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Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx

Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx

Titel: Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
Autoren: David Weber
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einem Grundrecht wurden für alle, die darauf angewiesen waren. 1680 P. D. hatte Haven seine berühmten ›Wirtschaftsgrundrechte‹ verabschiedet, denen zufolge alle havenitischen Bürger einen unveräußerlichen Anspruch auf einen Lebensstandard haben sollten, der per Gesetz von der Legislative festgelegt und an die Inflation angepasst werden musste.
    Doch gerade damit hatte die Regierung eine niemals enden wollende Spirale ausgelöst, in der auf Inflation höhere Unterstützungsleistungen folgten, was einen defizitären Haushalt zur Folge hatte, der wiederum die Inflation antrieb. Und die Regierung hatte sich dadurch, wenngleich zunächst unbeabsichtigt, ihrer eigenen Grundlage beraubt. Die Mittelklasse, das traditionelle Rückgrat der Republik, stand unter zunehmendem Druck von oben und von unten: Diese Gesellschaftsklasse saß zwischen einer zunehmend unproduktiven Wirtschaft und immer höheren Abgaben gefangen, mit denen das Wohlfahrtssystem finanziert wurde. Während die Mittelklasse in der Oberklasse einst schlimmstenfalls freundliche Rivalen gesehen hatte und bestenfalls Verbündete im Ringen um Prosperität, musste sie bald die Reichen ebenso wie die Armen als Feinde betrachten, die ihr den schwindenden Wohlstand abringen wollten. Darüber hinaus war auch der alte Traum der Mittelklasse, in die Oberklasse aufzusteigen, zu einem immer ferneren Gespinst verkommen. Es ist stets leichter, denen zu grollen, die mehr besitzen, als denen, die noch weniger haben als man selbst – eine Tendenz, die sich auch in Haven immer deutlicher abzeichnete, je mehr ›aufgeklärte‹ Kommentatoren und Akademiker sich beherrschende Positionen in den Medien und im Bildungssystem errangen.
    Am schlimmsten von allem aber war wohl das Entstehen der ›Dolisten-Blöcke‹. Noch immer waren die Dolisten (ein Begriff, der sich vom englischen Wort für Sozialhilfe oder ›Stütze‹: dole ableitet), die im mehr oder weniger großen Rahmen von der Regierungsbeihilfe lebten, wahlberechtigte Bürger, doch sie unterstützten freilich den Kandidaten, der ihnen das beste Angebot machte. Eine Frage des Eigeninteresses, mehr nicht, doch so kam es, dass das Eigeninteresse der Dolisten sich immer mehr mit dem den immer ehrgeiziger werdenden Politikern verflocht. Eine neue Klasse Systempolitiker entstand, der Dolisten-Manager, welcher in die Rolle des Königmachers schlüpfte, indem er gefügigen Kandidaten gewaltige Stimmenblöcke zuschanzte. Amtierende Würdenträger begriffen bald, dass ihre Wiederwahl im Grunde von der fortwährenden Unterstützung dieser Manager abhing – und das auch der umgekehrte Fall eintrat: ein Politiker war zum Untergang verurteilt, wenn das Quorum des Volkes ihn aufs Korn nahm (Quorum ist die offizielle Bezeichnung für den Bund der Dolisten-Manager). Als die Führer des Quorums sich ihrer Macht bewusst wurden, wählten sie bestimmte Politiker aus, statuierten an ihnen ein Exempel und demonstrierten damit allen anderen unmissverständlich, welche Macht das Quorum repräsentierte.
    Und zu guter Letzt, als wollte man dadurch den systemweiten Ausbruch von Massenirrsinn krönen, hingen die allermeisten derer, die erkannten, dass etwas verkehrt lief, einer Verschwörungstheorie an, der zufolge die Probleme der Republik Haven durch irgendjemandes Intrigen zustande kamen – vermutlich entstammten die Intriganten der eigenen ›Geldklasse‹ oder fremden Industrien, die ihre billigen und minderwertigen Produkte auf den havenitischen Markt warfen. Noch üblere Auswirkungen zeitigte der Gedanke: ›Uns würde so etwas gar nicht erst widerfahren, wenn wir in allen Punkten Recht hätten‹ der sich Mitte des 18. Jahrhunderts P. D. in den allermeisten politischen und gesellschaftlichen Analysen Havens festgesetzt hatte. Diese Tendenz zum Masochismus prägte sich nur umso stärker ein, als es auf den Jahrhundertwechsel zuging.
    Um 1750 P. D. war die Republik, die nun nicht mehr Republik Haven, sondern Volksrepublik Haven hieß, zur Gefangenen des Quorums und einer Koalition aus Berufspolitikern geworden (um genau zu sein, Politikern, die sich nie für einen anderen Beruf qualifiziert hatten und auch keine Aussichten mitbrachten, für andere Tätigkeiten je fähig zu sein). Beihilfe erhielt die Volksrepublik von einer moralisch und intellektuell bankrotten akademischen Welt und den Massenmedien, die als Weltanschauung die Wünsche des Quorums wiedergaben und notfalls durch Erpressung zum Schweigen gebracht wurden. Denn dass das
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