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Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand
Autoren: David Weber
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wurde. Schlimm genug, wenn sein Gefühl der Verletzlichkeit bloßer Verfolgungswahn ohne sachliche Grundlage gewesen wäre. Seit dem Aufstand der Levellers aber besaß Pierre den handfesten Beweis, daß er nicht nur Feinde hatte, sondern daß diese Feinde ihm zudem nach Leib und Leben trachteten. Nach jedem Strohhalm hätte er gegriffen, um dem Komitee auch nur ein Quentchen mehr Stabilität zu verleihen; egal mit welchen Mitteln, Pierre mußte sich Rückhalt verschaffen. Zu diesen Sorgen gesellte sich die Notwendigkeit, den Krieg zu gewinnen, den die vorherige Regierung der Volksrepublik angezettelt hatte. All diese Fakten hatten Pierre dazu bewogen, jenen Vorschlag zu machen, dem Ransom mit solcher Ablehnung begegnet war. Nun bat er Oscar Saint-Just mit Blicken um Rückendeckung.
    Ein Außenstehender hätte Oscar Saint-Just gewiß für das zweitmächtigste Mitglied des Triumvirats gehalten, das an der Spitze des Komitees und damit der VRH stand. In taktischer Hinsicht hätten ihm einige sogar noch mehr Macht zugetraut als Robert Pierre, denn Oscar Saint-Just gehörte die eiserne Faust, die über das gefürchtete Amt für Systemsicherheit gebot. Doch auch hier mochte der äußere Anschein trügen. Als Minister für Systemsicherheit war Saint-Just der Vollstrecker des Komitees, und die Grundlage seiner Macht war daher erheblich leichter zu erkennen als im Falle Ransoms. Schließlich war Pierre willens gewesen, Saint-Just diese Macht anzuvertrauen, was eindeutig bewies, daß Saint-Just für ihn niemals zu der Bedrohung werden konnte, als die Cordelia Ransom sich eines Tages vielleicht entpuppte. Oscar wußte, daß sein Ruf als oberster Gefängniswärter der Republik es ihm unmöglich machte, lange an der Macht zu bleiben, sollte er sie sich aneignen. Man setzte ihn mit dem Staatsterror der SyS gleich; er war die Zielscheibe aller Furcht, allen Hasses und allen Grolls, den das Komitee für Öffentliche Sicherheit erweckte. Zudem hegte er nicht den Ehrgeiz, seinen Vorgesetzten von seinem Platz zu verdrängen. Pierre hatte Saint-Just hinreichend Fallen gestellt, doch Oscar hatte keine einzige dieser scheinbaren Gelegenheiten ergriffen, denn er wußte genau, wie weit er gehen durfte.
    Ransom hingegen war anders gestrickt; sie kannte ihre Grenzen nicht, und niemals hätte Pierre ihr Saint-Justs Position anvertraut. Ransom war zu unberechenbar – was für Pierre gleichbedeutend war mit ›unzuverlässig‹. Und während er entschlossen war, auf den Ruinen des alten, gemeuchelten Machtgebildes etwas Neues, Dauerhaftes zu errichten, schien sie meist mehr an der bloßen Ausübung ihrer Macht interessiert zu sein, anstatt sie zweckdienlich zu nutzen. Ging es darum, den Massenzorn des Pöbels zu lenken, so war sie in ihrem Element; sie verstand es ausgezeichnet, diesen Zorn von Pierre und seinem Regime abzuhalten und auf Sündenböcke zu richten – deshalb war sie so wertvoll. Doch weil sie dieses Talent besaß, präsentierte das ihr unterstellte Amt für Öffentliche Information jedes Thema letztendlich auf die von ihr gewünschte Weise. Ransom erlangte dadurch gewaltigen Einfluß – Einfluß, den man zwar nicht greifen konnte, der jedoch furchteinflößend real war und sie fast auf dieselbe Stufe wie Saint-Just stellte. Und Pierre durfte einen weiteren Faktor, der zu Ransoms Macht beitrug, niemals aus den Augen verlieren: Sie verfügte über zahlreiche Spitzel innerhalb von Oscars Organisation.
    Unmittelbar nach dem Putsch, bevor Pierre ihr den Ministertitel verlieh – oder sollte man gleich sagen: überließ? –, hatte Ransom zu den umherreisenden Propagandisten des Komitees für Öffentliche Sicherheit gehört und mit der SyS zusammengearbeitet. Nach wie vor pflegte sie die persönlichen Kontakte, die sie damals geknüpft hatte. Daß sie und Saint-Just mit gleicher Leidenschaft Hausmächte errichteten (wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen), verschlimmerte die Lage in vielerlei Hinsicht. Wenigstens erhielt Pierre dadurch Gelegenheit, Saint-Just und Ransom gegeneinander auszuspielen, indem er ihre überlappenden ›Geschäftsbereiche‹ in empfindlicher und manchmal bedenklicher Balance hielt, soweit dies seine eigene Position stärkte und nicht unterminierte.
    »Ich vermag Cordelias Bedenken durchaus nachzuvollziehen, Rob«, beantwortete Saint-Just nach längerem, gewichtigen Schweigen Pierres unausgesprochene Frage. Er lehnte sich vom Konferenztisch zurück und faltete die Hände in einer Weise, die ihn noch
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