Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Homogen

Homogen

Titel: Homogen
Autoren: Franziska Nelka
Vom Netzwerk:
du?“

     
     
    Emilian ging um Christians Schreibtisch und setzte sich auf dessen Kante neben Christians Sitz.

 
     
     
    „Ach, du hast schon Recht. Manche von uns waren immerhin vorher mit einer Frau verheiratet und haben sogar Kinder. Wie erklären die Wissenschaftler denn das? Ist bei denen die DNS spontan umgepolt worden, oder was? Du kannst mir jedenfalls nicht einreden, dass es heutzutage noch am gesellschaftlichen Druck liegt. Die Gesellschaft akzeptiert uns schon seit einiger Zeit mehr als früher noch. Dafür haben wir gesorgt“, und er lachte beherzt. Christian musste über diese Bemerkung ebenfalls lachen. Dazu kam noch, wie sein Freund das Wort DNS aussprach. Mit solch einem lustigen spanischen Akzent, welcher besonders das „S“ hervorhob.

     
     
    „Naja, vielleicht spielen die Gene doch eine kleine Rolle“, gab Christian nach einer kleinen Pause zu und lachte dann leicht weiter.

     
     
    „Vielleicht sollten wir beide heiraten Christian. Nur so zum Spaß.“, äffte Emilian weiter. „Vielleicht erscheinen wir dann vor der Gesellschaft als normal!“

     
     
    Christian lachte beherzt über diese Bemerkung. Emilian verstand es schon immer ihn aus der Reserve zu locken.

     
     
    Plötzlich klingelte das Telefon.
    „Hallo?“, hauchte Christian erwartungsvoll in den Hörer.
    „Ja, hallo Christian. Ich bin` s!“, die Antwort von der anderen Seite.
    „Hallo Mam!”, sagte Christian mit liebevoller Stimme.

    „Hast du gerade Zeit! Soll ich später wieder anrufen?“, fragte seine Mutter.
    „ Nein, nein. Ist schon ok.“
    Emilian rollte schnippisch mit seinen Augen und   flüsterte frech: „Ich geh dann lieber. Dann kannst du ungestört mit deiner Mama reden!“, und verließ das Büro. Christian schmunzelte leicht über die Bemerkung seines Freundes.

     
     
      „Wie lief denn dein Galaauftritt?“, fragte die Mutter.

     
     
    „Ganz gut. Die haben mir ne Urkunde verliehen, als bester Modedesigner für dieses Jahr.“

     
     

    „Das ist ja toll“ Sie lachte kurz. Christian hatte sich schon immer sehr gut mit seiner Mutter verstanden. Sie war für ihn zugleich eine gute Freundin geworden, der er schon einige vertrauliche Beziehungsdetails verraten hatte.

     
     
    „Sag mal, wieso habt ihr eigentlich damals nie versucht mich zu ändern?“, fragte Christian zögerlich.

     
     

    „Wie meinst du das?“, seine Mutter.

     
     
    „ Na, als ich mich geoutet habe, war das doch bestimmt ein Schock für euch. Wieso habt ihr nie versucht etwas daran zu ändern?“, redete Christian weiter.

     
     

    „Na, weil wir dich lieben, du Dummerchen. Außerdem haben wir schon immer gewusst, dass du irgendwie anders bist! Wieso fragst du das?“, entgegnete seine Mutter.

     
     
    „Ach nur so. Danke Mam“, sagte Christian und lächelte unmerklich in den Hörer. Er liebte sie für diese Worte. Zu seinem Vater, einem ehemals bekannten Musiker, hatte Christian zwar auch ein gutes Verhältnis, aber längst nicht so innig wie zu seiner Mutter.

     
     
    „Na dann will ich den ausgezeichneten Modedesigner nicht länger von seiner Arbeit abhalten. Ich rufe dich später noch mal an! Bis dann!“, und sie legte auf.

     
     
    Christian dachte noch kurz über ihre Worte nach und legte dann auch auf. Was für ein Glück er doch hatte mit solch einer Familie. Es hätte ihn doch auch anders treffen können. Wie wäre wohl sein Leben verlaufen, wenn er nicht so tolerant behandelt worden wäre?

     
     
    Am nächsten Tag saß Christian mit dicken Augen in seinem Büro. Er hatte die halbe Nacht wach gelegen und über die Worte von Emilian und den bezaubernden Gordon nachgedacht. Diese Gensache machte ihm irgendwie mehr zu schaffen, als er erwartet hatte und er konnte einfach keine Ruhe finden.   Er fand den Gedanken unerträglich, dass eventuell bald an Menschen wie ihm herumgeforscht werden könnte. Trotz seiner bereits drei Tassen Kaffee, schien er einfach nicht wach zu werden. Emilian kam mit den neuen Schnitten herein und bemerkte nicht, dass Christian noch todmüde war. Er begrüßte seinen Freund freundlich und ging dann mit ihm in den Schnittmusterraum.
    Dort schauten sie sich die neuen Entwürfe an Modepuppen an. Christian steckte hier und da etwas mit Nadeln ab und Emilian zupfte dabei an den Stoffen herum.

     
     
    Nachdenklich schaute Christian zu Emilian und sagte dann: „Ich treffe mich heute mit einem interessanten Typen. Er ist Anführer einer Gen-Gegenbewegung und braucht noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher