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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut
Autoren: Barbara Brinkmann
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muss sein, über Nacht wird das ja immer ganz feucht. Ein paar Biokühe sind bewegungslos auf einer Wiese herumgestanden und haben wiedergekäut. Die konventionellen Kühe sind im Stall gestanden, wegen den Biogasanlagen, das Biogas kriegst du ja nicht von der Weide.
    Berufsverkehr war auch, also hat die Katharina schon so ihre 20   Minuten nach Halling gebraucht. Die Werkstatt vom Autotandler hat sie aber auf Anhieb gefunden, war auch nicht schwer.
    Direkt am Ortseingang geht zwischen hohen Wiesen eine lange Auffahrt den Hügel hinauf, eine Allee aus lauter alten Obst- und Nussbäumen, als tät da ein Herrenhaus stehen und nicht ein alter Hof. Von der Straße aus siehst du zwar noch nicht, dass auf dem Hof überall Autos in den verschiedensten Aggregatszuständen parken, aber nach Öl riecht es schon, also war die Katharina hier richtig.
    Ihren Golf hat sie dann mitten auf dem Hof stehenlassen, damit jeder gleich sieht, da kommt eine, die will was Besonderes.
    Wenn du was Besonderes willst, parkst du also mitten auf dem Hof, so saudumm, dass praktisch keiner an dir vorbeifahren kann. Dann steigst du aus und sperrst natürlich nicht ab, weil erstens braucht es das nicht am Land und zweitens stehen da so viele andere, teils viel bessere schönere und teurere Autos rum, da lohnt es sich für einen Autodieb gar nicht, sich mit deinem alten Golf zu beschäftigen.
    Obwohl, für einen Autodieb wär der Golf schon einen zweiten Blick wert gewesen. Allein schon wegen der Handfeuerwaffe auf dem Beifahrersitz. Die hat die Katharina natürlich vergessen, als sie ausgestiegen und in die Werkstatt reingegangen ist, um nach dem Chef zu fragen.

ZWOA
    Unter einem alten BMW 2000, tornadorot, aus den Siebzigern, haben zwei Mechanikerfüße rausgeschaut.
    Die Beine hat man schon auch gesehen, in blauen Mechanikerhosen haben die gesteckt. Aber in Bayern heißt alles hüftabwärts Fiaß, also: Füße. Bestenfalls sagt man noch Haxn zu den Beinen, aber nur, wenn man es ein bisschen abwertend meint.
    Mit den Füßen war, logisch, nicht zu reden, aber da waren noch zwei andere Mechaniker oder Mechatroniker, wie das inzwischen oft heißt, weil in den Autos heute ja schon mehr Elektronik als Mechanik drinsteckt, das merkst du gar nicht vor lauter Fahrkomfort. Das merkst du erst, wenn was kaputt ist an der Elektronik. Und wenn dann nichts mehr ist mit Fahren.
    Die Katharina war da ziemlich fein raus mit ihrem alten Golf aus der ersten Generation. Das war auch schon ein Oldtimer und noch so wunderbar mechanisch und robust. Wenn dann doch mal was hin war   – Verschleißteile gibt’s ja überall   –, hat der Peter ihr das alles mit ein paar Handgriffen gerichtet. Umsonst, das hat der gerne gemacht.
    Der Peter, das war der Sohn von der Katharina ihren Hausleuten, also Vermietern. Die Katharina hat nämlich in einem Austragshäusl auf einem Biohof gewohnt. Der Hof war schon uralt und auch ein bisschen dahaut, also nicht mehr ganz up to date, um es auf Hochdeutsch zu sagen. Aber gepflegt durchaus.
    Ihre Hausleute, die Allmandingers, das waren ganz nette, freundliche und rechtschaffene Leut, den ganzen Tag am Arbeiten, aber von außen hätte man sich trotzdem fragen können, wie die ihr Auskommen haben mit ihren fünfzehn Biokühen, wo du pro Liter Biomilch nur 30   Cent kriegst von der Biomolkerei, und den paar Eiern von dem Dutzend Hennen, das Stück haben sie für 20   Cent ab Hof verkauft oder gleich selber gegessen. Aber die Allmandingers haben so viel Grund und Land und Wald und Geld gehabt, da haben sie schon leben können, bescheiden waren sie auch, und so haben sie der Katharina das Austragshäusl für den Spottpreis von 150   Euro vermietet. Warm. Warm war mit Brennholz für den Kachelofen. Eine Zentralheizung suchst du auf so Uralthöfen natürlich vergebens.
    Der Peter war der jüngste Sohn von den alten Allmandingers, die drei älteren: studiert, verheiratet, Kinder, weggezogen. Nicht dass der Peter noch so jung gewesen wäre. Er war ja auch schon achtunddreißig, wie die Katharina. Da haben sich die Alten schon ein bisschen eine Hoffnung gemacht für den Peter, als sie der Katharina das Häusl vermietet haben, wie die um Ostern herum von der Stadt, also München, zurück nach Weil gezogen ist. Das hat der Brunner ihr arrangiert gehabt. Der hat sich gerne um die Katharina gekümmert, er hat ja immer noch so eine Art Vormundsgefühl ihr gegenüber gehabt.
    Und dann war da noch die Sache mit ihrer Beurlaubung. Wegen dieser
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