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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut
Autoren: Barbara Brinkmann
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Gesicht gestrichen mit so einer Geste, wie das sonst nur die Jugendlichen tun.
    Auf Mitte zwanzig hat die Katharina ihn aber doch geschätzt, so wie die Anni. Ein nettes Paar wären die zwei schon gewesen.
    Eine Jugendfrisur hat der Hansi also gehabt, einen Haarschnitt, der seit vorletztem Jahr nur noch so vor sich hin gewachsen sein dürfte. Aber bis auf den Haarschnitt, der fast etwas Rebellisches gehabt hat, durch und durch Polizist.
    Der Anni ihre Haare waren nur ein kleines bisschen länger, aber eine topmodische Frisur, da kannst du nicht maulen.
    Die Katharina hat da nicht mithalten können. Seit Jahren hat sie schon die gleiche Frisur gehabt, nämlich lange blonde Haare. Da gehst du zum Friseur und sagst: Spitzen schneiden. Der Friseur schneidet dir also 15   cm ab. Das macht jeder Friseur so. Spitze heißt in Friseur-Fachsprache nämlich 15   cm. Weniger geht nicht, sonst kann der Friseur die 50   Euro schlecht rechtfertigen. Dafür hält die Frisur dann auch ein ganzes Jahr, also ein recht ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Da hat die Katharina dann immer so ausgesehen wie die Joni Mitchell. Nur ein bisschen brauner. Das ist das Erbe von ihrer Mutter gewesen. Der Katharina ihr Vater: ein ganz ein heller Typ, Haare blond, später grau, aber das merkst du ja bei Blonden nicht gleich, die werden eher so schleichend grau. Und blaue Augen. Ihre Mutter war eine Italienerin, aber nicht so eine Mamma, wie man sich das vorstellt, mehr rein optisch italienisch, also dunkler Typ, und eine ganz eine Hübsche. Deswegen ist sie auch nicht beim Berger geblieben. Da sind halt immer noch ein paar andere Männer im Spiel gewesen. Aber den Hang zum Italienischen hat die Katharina danndoch geerbt, so wie die Haut und die Augen. Und in Italien hat sie auch ihren neuen Freund gefunden, nachdem sie acht Jahre mit einem Kollegen verbracht gehabt hat. Dem Schuster Georg aus München, ein echter Giesinger ist das gewesen. Das heißt, der ist das schon immer noch. Aber die Beziehung: gescheitert. Keine Kinder, kein Gedanke ans Heiraten. Der Georg hat da keine Probleme gehabt. Hast du als Mann um die vierzig ja auch nicht. Aber die Katharina mit Ende dreißig, da denkst du als Frau schon auch einmal an eine eigene Familie.
    Und als sie gar nicht mehr drüber nachdenkt, lernt sie in Italien einen Commissario kennen, den Matteo Lucarelli, da vergisst sie recht schnell ihre gescheiterte Beziehung. Das ist schon eine echte Liebe, aber was will man machen? Er lebt in der Toskana und sie in der oberbayerischen Provinz.
    Und dann hat sie einen Unfall. Bei einem Einsatz in Italien. Eine Kugel, und zwar leider auch noch eine aus dem Lucarelli seiner Pistole, erwischt sie im Unterbauch. Und das war’s dann mit Familie. Und ihr Gefühl sagt ihr, dass der Matteo sie vielleicht bloß aus Mitleid und schlechtem Gewissen liebt.
    Jetzt war sie also achtunddreißig und wieder daheim in der Provinz, und der Matteo 800   km entfernt, und da kannst du telefonieren und mailen, was das Zeug hält. Die Liebe leidet trotzdem.
    Er hat ihr noch versprochen, an Weihnachten für eine Woche zu kommen. Aber jetzt war erst Mitte August, und da ist Weihnachten noch weit.
    Und dann siehst du so ein hübsches junges Paar wie den Hansi und die Anni und denkst dir, neidisch könnte man werden.
    »
Migräne
hat der Brunner«, ist es dann aus der Anni herausgekommen. »Und außerdem hat der Präside vo Mujdorf ogruafa, des is immer a ganz a schlechts Zeichen.«
    »Und um was is’s ganga?«, hat die Katharina im saubersten Oberbairisch nachgehakt.
    »Was woaß
i
?« Die war schon ein bisschen gschnappig, die Anni. Aber im Grunde eine Seele.
    Deswegen, und auch, weil sie eigentlich recht gerne geredet hat, hat sie dann doch noch erzählt, was sie so rausgehört hat aus dem Telefonat.
    »Es is um a Auto ganga. Oiso eigentlich um mehrere. Es gibt da in Halling so an Autotandler, des glaubst ned, scheißreich is der. ’s Arbeiten hätt der gar ned notwendig. An scheena Hof, hektarweise Grund, a riesen Werkstatt. Ojs g’erbt. Weil, entweder erbst was, oder du bscheißt, anderst werst ned reich. Mei Meinung. Oder du machst hoit ojs zwoa. Aber i hab nix gsagt   …«
    Aber dann hat die Anni doch noch jede Menge gesagt.
    Dass der Autotandler einen Kunden hat, der seine Jaguars immer zu ihm bringt, weil der Tandler ein Spezialist für diese englischen Karren ist. Für die braucht man nämlich ein ganz ein anderes Werkzeug als für die gewöhnlichen Wagen, wegen Zoll
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