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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut
Autoren: Barbara Brinkmann
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und Inch und Zentimeter. Seit vier Wochen hat der Tandler nichts mehr gehört von seinem finanzstärksten Kunden, so was macht natürlich nervös. Und wie der Präside von Mühldorf seinen alten BMW zum Tandler rausbringt, da erzählt der Tandler ihm von den drei Jaguars, die seit Wochen bei ihm am Hof stehen, und von dem Kunden, den er einfach nicht mehr daglangt. Und weil Halling zum Inspektionsbereich Weil gehört, ruft der Präside den Brunner heute an, er soll die Angelegenheit mit der chronisch unterbeschäftigten Weiler Polizeidienststelleklären, aber der Brunner mag den Tandler nicht, der hat ihn seiner Ansicht nach einmal beschissen, irgendwas mit einem Auto. Den Präside mag er auch nicht, weil der sich immer so aufmandelt. Deswegen delegiert der Brunner den Auftrag gleich: Die Anni und der Hansi sollen rauffahren zum Tandler. Der Hansi mag den Tandler aber auch nicht, weil seine Mama den nicht mag, und deshalb weigert er sich. Und weil das für den Brunner schwer nach Faulheit und Ausrede klingt, wird er so zwider.
    Ungefähr das hat die Anni erzählt, ohne Punkt und Komma.
    Jetzt hat die Katharina ein bisschen nachvollziehen können, warum der Brunner so ausgeflippt ist, aber verstanden hat sie es trotzdem nicht, weil nachvollziehen und verstehen sind zweierlei. Eine Idee hat sie trotzdem gehabt.
    »Wißts was?
I
fahr nauf zu dem Tandler«, hat sie vorgeschlagen.
    Da waren der Hansi und die Anni richtig sprachlos. Auf die einfachste Lösung kommst du ja oft gar nicht. Und die Katharina war froh, dass sie sich gleich ihren ersten Einsatz geangelt hat, weil nichts ist so fad, wie den ganzen Tag in der Polizeidienststelle herumzusitzen. Dauernd kommt jemand, der sich über einen Strafzettel, also eigentlich: eine Verwarnung beklagt oder über angeblich kriminelle Machenschaften seiner Nachbarn, oder jemand ruft an und beschwert sich, dass der im Garten nebenan zwischen zwölf und drei seinen Rasen mäht.
    So ist das auf dem Land.
    Gar nicht so anders wie in der Stadt, wo die Katharina vorher jahrelang bei der Kripo gewesen ist. Bei der Kripo war’s natürlich anders. Aber bei der Stadtpolizei: Strafzettelbeschwerden,Nachbarschaftsbeschwerden, und wo es keine Rasenmäher gibt, Kneipenbeschwerden.
    »Du, Kathi, des Problem is, der Brunner hat den Einsatzwagen oans gnumma. Und der Zwoarer, der is in der Werkstatt. Oiso, wemmas genau nimmt: beim Tandler«, ist der Anni noch eingefallen.
    »Dann fahr i hoit privat«, hat die Katharina auch dieses Problem gelöst. »Und dann kannt i aa glei schaung, ob der Wagen scho fertig is.«
    »Echt? Daadst du des für uns?«, hat sich der Hansi begeistert. Ganz ungläubig hat er geschaut dabei.
    »Freilich. I mach a bisse an Druck.« Und dann hat die Katharina sich erklären lassen, wie sie zu dem Tandler hinkommt. In ihrem alten Golf hat sie nämlich kein Navi gehabt, kein GPS und gar nichts.
     
    Eine Heizung hat sie aber drin gehabt, und die hat sie um halb neun in der Früh auch noch gut brauchen können. Im bayerischen Hochsommer Mitte August ist es in der Früh ja noch recht frisch. Man merkt schon, das wird ein ganz ein heißer Tag heut, aber draußen auf dem Land sind in der Früh die Wiesen und Felder noch ganz nass, gerade wenn es sternenklar war über Nacht. Und im August hat es gerne mal eine stabile Hochdrucklage, da ist es tagelang sternenklar und morgens alles nass vom Tau. Ein bisschen herbsteln tut’s da fast schon, und tagsüber ist es dermaßen heiß, dass du dir wünschst, die Polizei hätte auch kurze Hosen in ihrem Uniformprogramm.
    Also ist die Katharina losgefahren, nachdem sie den Golf ewig hat vorglühen lassen, weil der Probleme mit dem Starter gehabt hat.
    Die Pistole, eine Heckler & Koch P7, hat sie auf denBeifahrersitz gelegt. Normalerweise hat sie die in ihrer hinteren Hosentasche getragen, eine ganz eine blöde Marotte und beim Sitzen ungemütlich, wenn nicht sogar ein bisschen gefährlich. Nicht, dass sich da ein Schuss löst.
    Eine Pistole gehört natürlich auch nicht auf den Beifahrersitz, wenn man im Einsatz ist   – da gehört sie an den Mann oder in ihrem Fall an die Frau.
    Aber die Berger Kathi war halt ein bisschen eigen.
    Hochkompliziert ist sie jetzt die 12   km über Land nach Halling gefahren und hat sich gefreut, wie schön und friedlich die oberbayerische Provinz aussieht, fast schon ein bisschen niederbayerisch, die Grenze merkst du ja nicht.
    Der Mais ist schon ganz hoch gestanden, die Bauern haben ihr Heu gewendet, das
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