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Holidays on Ice

Holidays on Ice

Titel: Holidays on Ice
Autoren: David Sedaris
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ins Bein vom letzten Jahr erinnern, denn er wollte gerade vorübergehen, als wir ihn hereinriefen, um ihm eine ordentliche Dosis Güte zu verpassen. Erst machten wir ein Video von ihm, wie er sich etwas Restfüllung von der Handfläche leckte, und dann musste Beth ein Foto knipsen, wie ich dem alten Krauter eine Videokamera überreiche. Es war eine alte Betamax, oben zum Nachladen, aber ich habe eine neue Schnur drangemacht, und ich bin sicher, sie hätte prima funktioniert. Wir sahen dann zu, wie er sie sich auf den Rücken band und sich nach nebenan aufmachte, um weiterzubetteln. Der Anblick dieser Videokamera war alles, was dieses Stinktier Doug Cottingham brauchte, um ins Haus zu gehen, zurückzukommen und den alten Kauz mit einem achtspurigen Kassettenrecorder zu beschenken, und, ja, wieder stand das Dienstmädchen bereit, um ein Bild davon zu machen. Da riefen wir den alten Tramp zu unserem Haus und gaben ihm einen ein Jahr alten F ön. Die Cottinghams reagierten mit einem Riesentoaster. Binnen einer Stunde hatten wir uns zu Billardtischen und StairMasters hochgearbeitet. Doug schenkte ihm eine Golfkarre, und ich schenkte ihm meine Satellitenschüssel. Dies beschleunigte sich, bis jeder Narr deutlich sehen konnte, wohin es noch führen mochte. Als er die Schlüssel zu seiner eigens angefertigten motorisierten Reisesauna überreichte, bedachte Doug Cottingham mich mit einem Blick, der zu sagen schien: »Übertriff das erst mal, Nachbar!« Beth und ich hatten diesen Blick bereits gesehen, und wir hassten ihn. Ich hätte ihn mit seiner Reisesauna leicht in den Schatten stellen können, aber uns ging allmählich der Film aus, und ich fand, es war an der Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen. Wozu diese nutzlose Eskalation, wenn wir doch alle wussten, was am wichtigsten war? Nach einer kurzen Konferenz riefen Beth und ich den Tramp wieder zu uns und fragten ihn, was er lieber möge, kleine Jungs oder kleine Mädchen. Zu unserem großen Entzücken sagte er, Mädchen bereiteten ihm zu viel Kopfschmerzen, er habe aber vor seinem letzten Besuch in der Staatsvollzugsanstalt durchaus Spaß mit Jungs gehabt. Nach diesen Worten schenkten wir ihm unsere zehnjährigen Söhne, Taylor und Weston. Übertriff's doch, Nachbar! Sie hätten Doug Cottinghams Gesichtsausdruck sehen sollen! In jenem Jahr war die Weihnachtskarte so aussagekräftig wie nie zuvor und danach nie wieder. Auf ihr war der tränenreiche Abschied von unseren Söhnen abgebildet, versehen mit der Botschaft »Weihnachten heißt Schenken, bis es wehtut.«
    Wir waren die Stars der Feiertage, wieder ganz oben, wo wir hingeh örten. Beth und ich waren das Ehepaar, das man auf eine Cocktailparty oder zum zwanglosen Baumschmücken einladen musste.
    »Wo sind denn diese supergroßzügigen Leute mit der entzückenden Weihnachtskarte?« fragte bestimmt jemand, und der Gastgeber zeigte auf uns, während die Cottinghams bitter mit den Zähnen knirschten. Als allerletzten Versuch, wieder ein bisschen was herzumachen, spendeten sie ihre pferdegesichtige Tochter Eileen einer Bande bedürftiger Piraten, aber jeder, der Bescheid wusste, sah das als die verzweifelte Geste, die es ja auch war. Wieder waren wir diejenigen, mit denen jeder Zusammensein wollte, und der warme Schein der allgemeinen Bewunderung brachte uns gut durch die Feiertage. Eine zweite Portion Ehrfurcht bekamen wir im Frühsommer ab, als die Jungens tot in Doug Cottinghams ehemaliger Reisesauna aufgefunden wurden. Alle Nachbarn wollten uns Blumen schicken, aber wir sagten, eine Spende in unserem Namen an die Nationale Sauna-Beratung oder den Verteidigungsfonds für Sexualstraftäter wäre uns lieber. Das war ein guter Schachzug, und bald galten wir als »christusgleich«. Die Cottinghams waren natürlich rasend und setzten sogleich ihre rührenden Versuche fort, uns eine Nasenlänge voraus zu sein. Das war wahrscheinlich das einzige, was sie im Kopf hatten, aber uns bereitete es keine einzige schlaflose Minute.
    F ür das nächste Christfest hatten wir uns auf das Thema »Weihnachten heißt Schenken, bis es blutet« geeinigt. Kurz nach Thanksgiving hatten Beth und ich unserer örtlichen Blutbank einen Besuch abgestattet, wo wir die kostbaren Konten unserer Körper beinahe aufgelöst hätten. Von unseren Anstrengungen bleich und benommen, konnten wir nur noch matt eine Hand heben und einander von unseren jeweiligen Pritschen zuwinken. Doch bald erholten wir uns und klebten gerade unsere Kuverts zu, als der
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