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Holidays on Ice

Holidays on Ice

Titel: Holidays on Ice
Autoren: David Sedaris
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dachten, wir wären glücklich, aber all das änderte sich an einem frischen Thanksgiving-Morgen, kurz nachdem die Cottinghams erschienen waren.
    Wenn ich mich recht entsinne, haben die Cottinghams vom ersten Augenblick an, als sie nebenan eingezogen waren, Ärger gemacht. Doug, Nancy und ihre unattraktive acht Jahre alte Tochter Eileen waren ausnehmend neidische und gierige Menschen. Ihr Haus war ein bisschen kleiner als unseres, aber das hatte durchaus seinen Sinn, da wir zu viert waren und sie nur zu dritt. Trotzdem muss sie etwas an der Gr öße unseres Hauses so gestört haben, dass sie ihren ersten Koffer noch nicht ausgepackt hatten, als sie auch schon mit dem Bau einer überdachten Eisbahn und eines Eintausend-Quadratmeter-Pavillons begannen, in dem Doug mit seiner Sammlung präkolumbianischer Schlafcouchen protzen konnte. Weil uns danach war, begannen Beth und ich mit dem Bau einer Fußballhalle und einer 1666 Quadratmeter großen Rotunde, in der ich bequem meine Sammlung präkolumbianischer Schlafcouchen ausstellen konnte. Doug erzählte allen Nachbarn, ich hätte ihm die Idee geklaut, aber ich hatte schon lange über präpräkolumbianische Schlafcouchen nachgedacht, bevor die Cottinghams in die Stadt eingefallen waren. Sie mussten einfach Ärger machen, egal, um welchen Preis. Als Beth und ich ein Multiplex-Kino mit sieben Leinwänden bauten, mussten sie sich natürlich eins mit z wölfen bauen. Das ging immer so weiter, und, um die Geschichte abzukürzen, ein Jahr später blieb weder denen noch uns ein halbwegs unbebauter Quadratmeter. Die beiden Häuser grenzten nun praktisch aneinander, und wir ließen die Fenster nach Westen zumauern, um nicht in ihr knalliges Fitness-Center oder den Schießstand im dritten Stock blicken zu müssen.
    Obwohl sie so vom Konkurrenzdenken gepr ägt waren, versuchten Beth und ich, gute Nachbarn zu sein, und luden sie gelegentlich zu Grillpartys auf dem Dach und so weiter ein. Ich bem ühte mich um zivilisierte Konversation und sagte so etwas wie: »Ich habe gerade achttausend Dollar für ein Paar Sandalen gezahlt, die mir nicht mal passen.« Dann konterte Doug und sagte, er habe gerade zehntausend für eine einzelne Gummilatsche bezahlt, die er nicht mal anziehen würde, falls sie ihm passte. Er war in dieser Hinsicht immer sehr aggressiv. Wenn eine Zahnfüllung siebzigtausend Dollar gekostet hatte, konnte man drauf wetten, dass sie bei ihm mindestens hundertfünfundzwanzigtausend gekostet hatte. Ich ertrug seine Gesellschaft fast ein Jahr lang, bis wir eines schönen Novemberabends einen Knatsch darüber hatten, welche Familie die aussagekräftigsten Weihnachtskarten verschickt. Beth und ich nahmen uns meist einen bekannten Fotografen, der ein Porträt von der ganzen Familie, umgeben von den Geschenken des Vorjahres, knipste. Wenn man die Karte aufklappte, war aufgelistet, wie viel die Geschenke gekostet hatten, und dazu die Botschaft »Weihnachten heißt Schenken«. Die Cottinghams fanden ihre Karte schöner, die aus einer Fotokopie von Dougs und Nancys Aktien-Portfolio bestand. Ich sagte, es sei zwar durchaus schön und gut, Geld zu haben, ihre Karte sage aber nichts darüber aus, wie sie ihr Geld ausgäben. Weihnachten heiße, wie es so schön auf unserer Karte stehe, Schenken, und selbst wenn er seinen Börsenbericht mit ein paar aufgebügelten Zuckerstangen aufmotzte, würde dieser immer noch nicht die angemessene Weihnachtsbotschaft vermitteln. Die Konversation wurde hitzi ger, und die Frauen tauschten sogar Schl äge aus. Wir hatten alle ein paar Drinks intus, und als die Cottinghams das Haus verließen, wurde allgemein davon ausgegangen, dass es aus war mit unserer Freundschaft. Ich dachte noch einen, zwei Tage lang über diesen Vorfall nach und widmete meine Aufmerksamkeit dann den bevorstehenden Feiertagen.
    Wir hatten gerade eins unserer üppigen, allzu üppigen Thanksgiving-Festmahle hinter uns, und Beth, die Jungens und ich sahen uns einen Stierkampf im Fernsehen an. Damals konnten wir noch alles kucken, was wir wollten, weil wir noch unsere Satellitenschüssel hatten. Juan Carlos Ponce de Velasquez hatte gerade etwas Wildes aufgespießt, und wir waren alle schön aufgeregt, als es an der Tür klingelte. Ich nahm an, einer der Jungens habe eine Pizza bestellt, öffnete die Tür, und vor mir stand zu meinem Erstaunen ein übelriechender Bettler. Er war dünn, barfuss, hatte Schorfstellen in Peperoni-Größe an den Beinen, und sein ungepflegter Bart war mit
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