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Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Asa Anderberg Strollo
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mehr daran zu denken? Ein Kälteschauer durchfährt sie, und sie beißt sich fest auf die Lippen. Vierzehn, siebzehn, zwanzig Fahnenstangen mit klappernden Leinen hinter der Bank, und neun, zehn, zwölf falunrote Buden auf dem Weihnachtsmarkt hier im Kungsträdgården, und wie ein Mantra wiederholt sie die Namen der Straßen um den Park herum.
    Es funktioniert nicht. Die Gedanken an Mama hält es fern, aber der Markt und die ganze verdammte Stadt schließen jetzt, sie kann hier nicht sitzen und einfach nur cool sein. Um die Windlichter, die nun reingeholt werden, wirbeln die Schneeflocken, und ebenso um die Waren, die auf Wagen geladen und quietschend zu Containern gefahren werden, und um die Buden, wo bei einer nach der anderen die Lichter ausgehen. Die Eisbahn hinter dem Markt wird zu einem schwarzen Loch, als die bunten Lichterketten ausgehen, die Musik wird abgestellt, und die Familien, die Glögg getrunken und gebrannte Mandeln gegessen haben, haken sich unter und gehen zu sich nach Hause. Nach Hause. In nur wenigen Minuten verwandelt sich die ganze Umgebung. Die Buden werden zu schwarzen Grabsteinen auf einem verlassenen Friedhof, und die Bank, die eben noch eine gewöhnlich Bank war, auf der man gut sitzen kann, wird zu einer kalten und schrecklichen Bank, auf der man sich fast zu Tode friert.
    Jonna steht auf und geht.
    Ihre Beine sind steif, die Jeans eiskalt, und der Schal um den Hals ist lächerlich dünn. Hatte sie eigentlich vergessen, dass Winter ist? Sie sieht sich um, wischt sich die Nase mit der Hand ab und versucht, kreativ nachzudenken. Es muss doch einen Ort geben, der immer noch geöffnet ist, und wo man sich, ohne dass es Geld kostet, drinnen aufhalten kann.
    Der Hauptbahnhof.
    Schlotternd geht sie die Hamngatan entlang bis zu dem Ort, wo sie heute Vormittag angefangen hat, macht sich klein gegen Schnee und Wind, schiebt die Hände in die Achselhöhlen. Sie läuft die Treppe zur Vasagatan hinunter und murmelt sich selbst zum Trost zu, dass sie nun ganz unten ist, es also jetzt nur noch besser werden kann.
    »Vorsicht! Weg da!«
    Ein Typ in Croc-Pantoffeln und Overall steht da und wedelt mit den Händen – »Vorsicht« und »Weg da« – und Jonna schaut zum Dach des Bahnhofs hoch, wo noch mehr Leute in Overalls zu sehen sind. Es scheinen Südamerikaner zu sein, sie tragen neonfarbene Westen und sind angeseilt, und von ihren Schaufeln donnern schwere Eisblöcke und Schnee. Jonna und die anderen Fußgänger müssen zurückweichen, um nichts auf den Kopf zu bekommen. Zitternd läuft sie um den Fahrradständer herum und dann durch die Schwingtüren, die in die Wartehalle führen.
    Und wieder »Zurück auf Los«, minus Handy, minus Triumph und Entschlossenheit, minus Optimismus.
    Doch zunächst scheint ihr Plan aufzugehen: Der Hauptbahnhof ist geöffnet, warm, trocken und voller Menschen, die vor den Weihnachtsfeiertagen nach Stockholm kommen oder mit dem Zug irgendwohin wollen. Eine fröhliche Stimmung. Jonna entspannt sich und sieht sich zufrieden um. Gut. Hier kann sie bleiben.
    Sie dreht eine Runde durch die Wartehalle, um den besten Platz zu finden, kauft sich am Kiosk ein Brötchen und einen Joghurt und begibt sich dann in das untere Stockwerk, wo sie nach einigem Suchen bei den Schließfächern eine gute Ecke findet. Sehr fein. Wenn man nur in ein solches Schließfach kriechen könnte. Sie macht das größte davon einen Spaltbreit auf. Das wäre praktisch. Aber nein, so klein ist sie nicht.
    In einer anderen Ecke liegt ein Alter auf einem Stückchen Karton und schnarcht. Jonna sammelt sich ein paar Gratiszeitungen zusammen und geht damit zu dem Platz, den sie sich ausgesucht hat. Sie wird es wohl nicht wagen, an einem Ort wie diesem zu schlafen, aber sie kann sich zumindest einmal ausruhen. Vorsichtig setzt sie sich hin und sieht sich einfach nur um, doch als überhaupt nichts passiert, entspannt sie sich.
    Sie zieht den Deckel des Joghurts ab und bricht das Brot in kleine Stückchen, die sie einstippt und dann isst. Als sie bei den letzten Bissen angekommen ist, wird sie schläfrig. Ob sie sich vielleicht doch hinlegen soll? Es war ein langer Tag, schwindlig vor Müdigkeit lehnt sie den Kopf an die Wand. Sie leckt den letzten Rest Joghurt von den Fingern, sieht sich erneut um und spürt, wie ihr Körper sich danach sehnt, liegen zu dürfen. Also kauert sie sich auf den verknitterten Zeitungen zusammen, zieht sich zur Sicherheit, damit sie mehr wie ein Junge aussieht, die Kapuze über den
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