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Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Asa Anderberg Strollo
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Kopf und dreht das Gesicht zur Wand. Die Tasche nimmt sie als Kopfkissen, und redet sich selbst ein, dass sie jetzt nur ausruhen will, nicht schlafen.
    »He, du, hau ab hier!«
    Verdammt. Mit einem Ruck erwacht sie von einer wütenden Stimme direkt an ihrem Ohr. Dann kriegt sie etwas Hartes in den Rücken und dreht sich erschrocken um. Was? War das ein Spaten?
    Vor ihr steht eine Wand aus Beinen, und Jonna spürt, wie ihr Herz vor Schreck einen Sprung tut. Hilfe, was passiert hier, was hat sie falsch gemacht?
    »Das hier ist unser Platz. Verpiss dich!«
    Vier, fünf, sieben Männer stehen da und sehen auf sie herab, und Jonna kommt blitzschnell mit zitternden Knien und ausgetrocknetem Mund auf die Beine. Ihr Platz? Das konnte sie doch nicht wissen. In ihrem Kopf dreht sich alles, und sie sieht, dass es die Schneeräumer sind, sie erkennt die Neonwesten und die Overalls, aber warum stehen sie einfach nur da, warum lassen sie sie nicht vorbei? Entschuldigung! Sie will sie bitten, sie durchzulassen, aber es kommen nur mickrige Geräusche aus ihrem Mund, sie drückt sich an die Wand, und die Männer lachen.
    Doch dann nickt der, der den Spaten hält, und lässt sie gehen, und sie will mit weichen Knien fliehen und sieht, dass der Alte, der in der Nähe gelegen und geschlafen hat, jetzt weg ist. Wie lange hat sie eigentlich geschlafen, wie konnte sie nur so dumm sein einzuschlafen?
    »He, das hier ist vielleicht …«
    Einer der Schneeräumer hält sie auf, und sie fährt zusammen, aber dann erkennt sie, was da so komisch in seiner Hand baumelt. Reißt die Schultasche an sich und geht.
    Sie muss lange suchen, um einen neuen Platz zu finden.
    Der Schlag mit dem Spaten hat wirklich nicht wehgetan, aber er sitzt ihr dennoch in den Knochen. Sie hat Angst – wie soll sie verhindern, dass so etwas wieder passiert? Woher weiß man, ob man jemandem den Platz weggenommen hat, wenn hier nichts markiert ist?
    Je länger sie herumläuft und sucht und dabei langsam wieder zur Vernunft kommt, desto mehr gehen Sorge und Angst in Scham über. Natürlich haben die sie reingelegt, das war überhaupt nicht ihr Platz, sondern sie haben sie nur vertreiben wollen, und das ist ihnen auch gelungen. Oh nein. Sie schämt sich, dass sie so naiv und blöd ist, und seufzt noch mehr, als sie daran denkt, wie froh sie war, als
sie vor ein paar Stunden hierherkam. Da meinte sie noch, jetzt ganz unten angekommen zu sein und nun würde alles immer besser werden.
    Aber es wurde schlimmer. Ob es noch schlimmer werden kann?
    Zumindest ist es jetzt viel schwieriger, einen Platz zu finden. Er sollte ja nicht zu abgelegen sein, aber auch nicht zu öffentlich, und inzwischen ist ungefähr eine Stunde vergangen, und viele Leute sind in die Wärme gekommen und haben sich niedergelassen. In den meisten Ecken, an denen sie sich vorbeischleicht, sitzt bereits jemand, eine Jacke oder eine Decke um sich geschlungen.
    Mit einem Mal kommt ihr der ganze Bahnhof eng vor. Alle Menschen, die hierhergekommen waren, um einen Zug zu nehmen, sind abgefahren, die Stände mit Essen und die Geschäfte haben geschlossen, und die große, warme Wartehalle wirkt jetzt nur noch öde und hässlich. Überall liegen Fastfood-Müll und alte Zeitungen herum, und räudige Tauben fliegen kreuz und quer durch die Halle. Sie segeln dicht über einer Gruppe seltsamer Männer in Anzügen, die vor einem Fahrplan stehen, kreisen um ein paar Säufer, die an einem ringförmigen Geländer herumhängen, und landen dann vor einer Bank mit einem alten Weihnachtsmann, der sich räuspert und Schleim auf den Fußboden spuckt.
    Jonna bleibt stehen und sieht sich verschreckt um.
    Männer, die mit anderen Männern reden, Männer, die sich zusammengerollt haben, und Männer, die dastehen und sie anglotzen – sie ist die einzige Frau hier. Wie ist das nur geschehen? Was hat sie mitten in der Nacht hier verloren? Und was soll sie bis zum nächsten Morgen bloß tun?
    Sie irrt herum und sucht und findet schließlich eine Etage tiefer ein Café, das immer noch geöffnet hat. Es ist das letzte und einzige, und sie rennt hinein, das wird ihre Rettung sein. Sie kauft eine Tasse Tee, was das Billigste auf der Karte ist, und setzt sich an einen Tisch ganz hinten. Die Bänke mit Plastiküberzügen sind an der Wand festgeschraubt, sie lehnt den Kopf an und seufzt tief. Puh! Es sind keine weiteren Gäste in dem Café, und der dunkelhäutige Typ, der heute Nacht Dienst hat, ist damit beschäftigt, den Fußboden zu wischen
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