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Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Asa Anderberg Strollo
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Von innen her.
    Als sie zurückkommen, sind die anderen Mädchen schon in die Aktivität dieses Abends versunken. Einige sind in die Malecke gegangen und haben Acrylfarben und Pinsel hervorgeholt, andere benutzen die Farb- und Bleistifte, die zu Anfang ausgeteilt worden sind, und das Kritzeln auf Papier ist zu hören. Auf den Tischen brennen Teelichte, und die Konzentration hat ihre Flügel über den Raum gebreitet. Leise kriecht Jonna auf den Sessel, den sie vor einer Weile verlassen hat.
    Ein paar Minuten sitzt sie da und sieht sich nur um. Das kleine Mädchen, das vorige Woche hier Geburtstag gefeiert hat, sitzt auf dem Sofa gegenüber. Sie zeichnet etwas, das sie dann mit harten Strichen durchstreicht, anschließend kaut sie auf dem Stift und versucht es erneut. Kurz darauf reißt sie seufzend das Papier aus dem Block und wirft es auf den Boden.
    Jonna wendet den Blick zum Küchentisch. Dort sitzt ein Mädchen mit Schleier, das scheinbar besser vorankommt, sie wippt mit ihrem Stuhl und malt dick mit hellblauer Farbe über eine Pappscheibe. Neben ihr sitzt ein Mädchen, das sich sozusagen in voller Fahrt ein neues Blatt Papier nach dem anderen angelt, sie zeichnet Comics mit einer Energie, als ob sie wütend wäre.
    Was war noch das Thema? Jonna hält nach Helena Ausschau, doch die ist in die Küche gegangen und hilft Sandra und einer Volontärin, nach dem Abendessen aufzuräumen. Und eigentlich ist das Thema ja auch egal, Jonna ist ohnehin schlecht im Malen und wird auf keinen Fall irgendetwas zeichnen.
    Stattdessen fängt sie an zu schreiben, hält jedoch bald wieder inne. Auch das geht nicht. Wahrscheinlich ist es am besten, wenn sie einfach nur dasitzt und nachdenkt, sich nach diesem ewig langen Tag ausruht, nach dieser ewig langen Woche und dem ewig langen Gespräch mit Sandra. Sie malt eine Blume auf den Rand des Blocks und zupft Papierreste aus der Spiralbindung. Dann legt sie den Stift weg.
    Plötzlich bekommt das kleine Mädchen auf dem Sofa gegenüber einen Anfall: »Oh neiiin!« Sie wirft Stift und Papier von sich und brüllt: »Ich will nicht! Was zum Teufel machen wir hier?«
    Sie fährt vom Sofa hoch, aber auf dem Weg nach draußen dreht sie sich wütend zu allen Mädchen um.
    »Seid ihr total durchgeknallt? Oder was?«
    Helena unternimmt einen Versuch, sie zu unterbrechen, ist aber nicht schnell genug.
    »Warum sitzt ihr hier eigentlich? Die Welt ist die Hölle, und wir sollen hier hocken und so tun, als wären wir Künstlerinnen mit unseren ›Träumen‹.«
    Die Worte »Künstlerinnen« und »Träume« spuckt sie geradezu aus, und Jonna setzt sich im Sessel auf. Als wäre sie eben aufgewacht, sieht sie sich um und bemerkt, dass es im Raum ganz still geworden ist. Niemand zeichnet mehr, alle sehen das kleine Mädchen an, das jetzt weiterbrüllt: »Habt ihr nichts Wichtigeres zu tun? Unsere Träume sind doch sowieso vollkommen sinnlos!«
    Dann schluchzt sie kurz auf und verlässt das Zimmer. Helena läuft hinter ihr her in den Flur, und zwischen den anderen Mädchen erhebt sich eine Diskussion. Einige, die um den Couchtisch sitzen, seufzen nur und nehmen die Kleine in Schutz. Alle reden eifrig durcheinander und unterbrechen sich gegenseitig, aber dennoch sprechen sie auf respektvolle und offene Weise, wie damals bei dem Lasagne-Essen, als Jonna so fasziniert davon war.
    Sie selbst sitzt nur da und hört zu. Sie ist zu fertig, um sich zu engagieren, hauptsächlich stört sie, dass es plötzlich so laut geworden ist. Außerdem merkt sie, dass sie keine klare Meinung dazu hat, irgendwie kann sie beide Seiten verstehen. Wie oft hat sie sich nicht über ihre Träume und das Bedürfnis, sie aufzuschreiben, geärgert. Und wie oft hat ihr das im Nachhinein nicht doch geholfen?
    An einem der ersten Tage dachte ich, ich würde
aufhören, auf die Familie zu hoffen, und stattdessen meine Energie und Gedanken auf andere Dinge richten, konstruktive Dinge.
    Dann begann ich, an das Modell von Alex zu glauben, dass man alle Probleme selbst lösen muss.
    Vielleicht gibt es noch mehr Alternativen?
Andere Menschen, denen man vertrauen kann?
    Sie kann kaum den Stift halten. Also lässt sie sich wieder tiefer in den Sessel sinken, legt die Hände in den Nacken und schließt die Augen in der Hoffnung, dass das Geschnatter bald vorbei sein möge. Schließlich steckt sie sich die Zeigefinger in die Ohren und hofft, dass es die anderen Mädchen nicht stört oder verletzt.
    »Hört mal! Wollt ihr ein neues Thema, oder wollt
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