Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoellenprinz

Hoellenprinz

Titel: Hoellenprinz
Autoren: Zara Kavka
Vom Netzwerk:
jemand aus. Trotz der sommerlichen Wärme, fröstelte Ela. Sie zog sich ihre Jacke über, die sie kurz vor der Abfahrt in der Nähe des Lagerfeuers auf der Wiese gefunden und bis jetzt auf ihrem Schoß liegen hatte.
    Sie zuckte zusammen, als plötzlich jemand etwas sagte:
    Â»Wo ist eigentlich der Rest? Ich meine Tascha und Uwe und Luna. Die waren gestern doch auch noch bis zum Schluss da, oder?«
    Stimmt. Luna war nicht da. Das fiel Ela jetzt auch auf. Die anderen kannte sie nicht.
    Â»Die sind noch mit dem Auto heim«, antwortete Jonas. Ela kannte seinen Namen nur, weil er der Einzige mit einem 1,0-Abi war. »Uwe darf doch nicht zelten wegen seines Asthmas.«
    Â»Und die anderen?«
    Â»Keine Ahnung.« Das war Lukas’ Stimme und Caro vergrub ihren Kopf noch ein bisschen tiefer. »Sind wahrscheinlich einfach mit.«
    Caro blieb vergraben und Ela blickte auf ihren Schoß. Von der gebeugten Kopfhaltung wurde ihr übel, also hob sie ihren Kopf wieder und schloss die Augen. Sofort schossen die Bilder von heute Morgen vorbei. Daniel starrte sie an, als wollte er ihr noch etwas sagen, sie anklagen. Ela riss ihre Augen wieder auf. Wie sollte sie den Tag, die nächsten Tage, den Rest ihres Lebens mit diesen Bildern überstehen? Sie hatte Angst vor dem Alleinsein. Sie wollte nicht nach Hause, nicht zu ihrer Großmutter und ihrer Tante. Hier auf dem Traktor war es schrecklich, die Fassungslosigkeit, die Trauer, der Schock und ihre eigene Erschöpfung … aber all das zusammen war noch lange nicht so schlimm wie die Vorstellung, alleine zu Hause zu sein. Allein mit den Bildern. Allein mit den Gedanken. Allein mit dem Alleinsein.
    Der Traktor erreichte Maital. Gleich würden sie bei Caro halten und Ela würde gerne mit aussteigen. Aber Caro hatte sich die ganze Fahrt über kaum einen Millimeter bewegt und schon gar nicht mit ihr gesprochen. Und Ela traute sich nicht, sie zu fragen.
    Lukas flüsterte Caro etwas ins Ohr. Daraufhin hob sie den Kopf. Sie sah schrecklich aus, ihr Gesicht war vom Weinen ganz rot und verquollen. Der Traktor hielt und Caro stand auf. Zaghaft stand Ela auch auf. Gerade als sie über das Geländer kletterte, fragte Caro:
    Â»Was machst du da?«
    Â»Ich würde gerne mitkommen.«
    Â»Nein«, antwortete Caro nur. Nicht hart, nicht böse, einfach nur »Nein«. Und damit drehte Caro sich um und stieg vom Anhänger hinunter. Ela setzte sich zurück auf ihren Platz und beobachtete, wie ihre Freundin auf dem Weg zu ihrer Haustür nach dem Schlüssel in ihrem Rucksack kramte. Bevor der Traktor auf die Hauptstraße bog, konnte Ela noch sehen, wie die Tür von innen aufgemacht wurde, Caros Mutter ihre Tochter in die Arme schloss und Linus, Caros kleiner Bruder, dem Traktor hinterherblickte – schweigend. Ela kannte Linus seit seiner Geburt. So ruhig hatte sie ihn noch nie gesehen. Caros Familie wusste also bereits Bescheid.
    Ela spürte, dass einige sie beobachteten, und sie fragte sich, warum das so war, und vor allem, warum Caro so abweisend war. Den ganzen Morgen war sie ihr regelrecht aus dem Weg gegangen. Dabei wäre es nur normal gewesen, sich in dieser Situation an den vertrautesten Menschen zu wenden. Was also war passiert? War etwas vorgefallen, an das sie sich nicht erinnern konnte? Etwas, das Caro gegen sie aufgebracht hatte? Kurz überlegte sie, jemanden zu fragen. Doch es schien ihr unpassend und falsch, sich Sorgen um die Freundschaft zu Caro zu machen, während alle anderen um Daniel trauerten. Alle anderen? Was war mit ihr? Sie war diejenige, die Daniel am besten kannte. Warum trauerte sie nicht? Oder trauerte sie? Was war Trauer überhaupt? Wie fühlte sich Trauern an?
    Scheiße!
    Sie fror! Sie musste mal! Sie hatte Durst!
    Und die Fahrt dauerte noch ewig. Caros Dorf war am weitesten von Bautzberg, der Kleinstadt, in der Ela wohnte und in der alle zur Schule gingen, entfernt. Irgendwann erreichten sie endlich die Stadtgrenze und auch Elas Stadtviertel. Der Traktor hielt am Anfang ihrer Straße. Der Fahrer drehte sich nach hinten und fragte: »Kann ich dich hier absetzen?«
    Obwohl sie noch bis ans andere Ende der Straße laufen musste und der Traktor bisher alle direkt vor der Haustür abgesetzt hatte, nickte Ela. Sie konnte die anderen verstehen. Hätten sie sie vor die Tür gefahren, hätten sie direkt neben Daniels Haus stehen bleiben müssen. Das würde sie auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher