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Hoellenprinz

Hoellenprinz

Titel: Hoellenprinz
Autoren: Zara Kavka
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auf, dass ihr sofort wieder schwindelig wurde. Sie setzte sich zurück auf das Trittbrett. Frau Volkmann griff sie sanft am Oberarm.
    Â»Ich muss zu meiner Freundin«, sagte Ela entschuldigend.
    Â»Zu diesem Mädchen dort mit dem langen blonden Haar?«
    Â»Ja.«
    Â»Du kannst gleich zu ihr gehen. Es kümmert sich ja schon jemand um sie. Ich würde erst gerne von dir hören, wie du Daniel gefunden hast.«
    Die Kommissarin setzte sich nun neben sie. Ela musste dem Impuls widerstehen, sich an sie zu lehnen und loszuheulen.
    Â»Das war so, ich …« Sie stockte und dachte, dass sie sich nicht die Blöße geben wollte, ihren Vollrausch und die Nacht auf dem Waldboden zu erwähnen. »Ich musste mal. Also bin ich in den Wald gegangen und da hab ich ihn dann …«
    Was habe ich ihn dann?, fragte sie sich. Gab es dafür Worte?
    Â»Wie gut kanntest du Daniel?«
    Besser als er sich selbst, hätte sie bis vor Kurzem darauf geantwortet, aber seit er mit Caro zusammen war …
    Â»Gut«, antwortete sie einfach nur.
    Â»Wie gut?«
    Â»Sehr gut. Wir sind Nachbarn.«
    Â»Ah ja«, sagte die Kommissarin und schrieb etwas in ein Notizbuch. »Wie kam denn das Blut an deinen Pulli und deine Hände?«
    Ela betrachtete ihre Hände und unterdrückte einen Würgreiz.
    Â»Es war … er lag da. Auf der Seite. Hat sich nicht bewegt. Seine Augen. Ich habe ihn … ich musste ihn umdrehen. Ich wusste ja nicht, dass er tot war. Ich habe ihn geschüttelt.«
    Â»Ja, das verstehe ich. Es muss schrecklich für dich gewesen sein.«
    Ela nickte.
    Â»Darf ich denn den Pulli mitnehmen? Ich würde ihn gerne von unserem Labor untersuchen lassen.«
    Â»Labor? Untersuchen?«, wiederholte Ela die Worte langsam, um ihnen einen Sinn zu geben. Doch der stellte sich nicht ein.
    Die Kommissarin strich über Elas Rücken. »Ich muss einfach jeder Spur nachgehen, um den zu Fall lösen.«
    Â»Ist er denn … ich meine, hat man Daniel … also wurde er …«
    Die Beamtin kam ihr zu Hilfe: »Du meinst, ob Daniel umgebracht wurde?«
    Ela zuckte bei dem Wort zusammen, brachte aber ein Nicken zustande.
    Â»Das kann ich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich würde vorschlagen, du gehst jetzt nach Hause und heute Nachmittag um 16 Uhr kommst du ins Präsidium. Da kannst du gerne deine Eltern mitbringen. Dort machen wir ein Protokoll, nehmen deine Personalien und deine DNA auf und sprechen über alles Weitere, okay?«
    Â»Okay.«
    Â»Bekomme ich den Pulli?«
    Â»Natürlich.«
    Vorsichtig zog Ela ihn über den Kopf, bemüht, das Blut nicht mit ihrer nackten Haut in Berührung kommen zu lassen.

4
    N achdem alle gemeinsam den Platz aufgeräumt und die Sachen auf den Traktoranhängern verstaut hatten, ging es zurück in die Stadt. Wie gestern, nur in umgekehrter Reihenfolge, klapperten sie mit dem Traktor die einzelnen Wohnorte der Abiturienten ab. Es war grauenhaft. Viele weinten, andere starrten einfach nur auf den vorbeiziehenden Asphalt. Keiner sprach. Ela saß eingekeilt zwischen zwei Menschen, die sie kaum kannte. Eigentlich wollte sie sich zu Caro oder Sophie setzen, aber neben den beiden hatte es keinen Platz mehr gegeben, als sie auf den Anhänger geklettert war. Caro saß zwischen der Großen mit den kurzen schwarzen Haaren und Lukas. Sie hatte die Knie angezogen und sich mit den Armen zu einem Paket zusammengeschnürt. Ihr langes blondes Haar bedeckte den gekrümmten Rücken bis zur Taille. Lukas saß breitbeinig neben ihr und hatte die Augen geschlossen.
    Als Erstes hielten sie in Großweisel, dem Dorf, das dem Zeltplatz am nächsten lag. Hier wohnte die Schwarzhaarige. Sie stieg mit einem kurzen Nicken aus und der Traktor fuhr weiter. Ela nutzte die Chance und setzte sich auf den frei gewordenen Platz. Caro zeigte keine Regung, aber das war Ela egal, Hauptsache sie spürte ein bisschen Vertrautheit.
    Jetzt fuhren sie durch Weidenfeld. Der Ort wirkte im Vergleich zum Vortag gespenstisch und fremd. Ela atmete gegen die fröhlichen Töne von gestern an. Gejubelt hatten sie. Hier im Dorfkern. Massen. Den vorbeifahrenden Jugendlichen zum bestandenen Abitur gratuliert. Auch ihr, Michaela Janzen, die frühestens in zwei Jahren das Abitur machte. Wie unwirklich alles jetzt war. Das Dorf war wie ausgestorben, niemand war auf der Straße. Als führen sie durch ein Vakuum.
    Wieder stieg
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