Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenjagd

Höllenjagd

Titel: Höllenjagd
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
Bruders und zog ihn in den Waggon zurück. Er schwang den Griff der Pistole und traf sie an der Wange. Blut floss, doch sie hielt ihn so fest umklammert, dass er sie nicht abschütteln konnte.
    Die Vorderräder des Waggons folgten dem Tender unaufhaltsam über den Bug der Fähre. Bell versuchte Margaret zur Tür zu ziehen, aber sie klammerte sich zu fest an ihren Bruder. Der Ärmel ihres Seidenkleids zerriss, und ihr Arm entglitt ihm.
    Sie blickte Bell an, und ihre Augen wurden sanft. »Es tut mir leid, Isaac.«
    Er wollte sie wieder packen, doch es war zu spät. Bell stürzte aus dem Waggon.
    Im Fallen machte er eine heftige Drehung, stürzte auf das Holzdeck und traf mit der Schulter auf, die sich zum Glück nicht auf der Seite der gebrochenen Rippen befand. Der Aufprall war trotzdem hart genug, um ihn schmerzerfüllt aufstöhnen zu lassen. Er lag da und sah entsetzt zu, wie Cromwells Güterwaggon versank. Ein kurzer Hoffnungsblitz durchfuhr ihn, dass vielleicht Margaret doch noch ins Wasser hatte springen können. Doch da war nichts. Eine schäumende Wasserwand ergoss sich über den Wagen und drang mit solchem Druck durch die geöffnete Tür in den Innenraum, dass ein Entkommen unmöglich war. Bell, der auf dem wasserüberströmten Deck lag, starrte auf die Stelle, wo der Zug versunken war, doch weder Margaret noch ihr Bruder tauchten auf.
    Ohne die mehreren hundert Tonnen Gewicht schnellte der Bug der Fähre zurück, und der Rumpf hob sich fast einen halben Meter aus dem Wasser. Zur großen Erleichterung von Kapitän Boss auf dem Brückendeck gewann die Kalispell im nächsten Augenblick an Stabilität, und die Schaufelräder trieben sie durch die Wellen in Richtung Westufer.
    Bell brauchte gute zehn Minuten, um sich über das Deck zur Tür zu kämpfen, die zur Treppe des Brückendecks führte. Als er die Brücke erreichte, sah er wie ein nasser Pudel aus, und Boss starrte ihn verblüfft an.
    »Wo kommen Sie denn her?«
    »Ich bin an Deck gesprungen, als Sie in Woods Bay vom Kai abgelegt haben. Mein Name ist Bell. Ich bin Agent bei Van Dorn.«
    »Sie haben Glück gehabt, dass Sie nicht mit den anderen untergegangen sind.«
    »Ja«, sagte er leise. »Ich hatte Glück.«
    »Was waren das für Leute?«
    »Zwei waren harmlose Crewmitglieder, die als Geiseln genommen wurden, damit sie die Lok fuhren. Die anderen drei wurden wegen Mordes und Bankraubs gesucht. Ich wollte sie am Hafen verhaften.«
    »Arme Teufel. Ertrinken ist keine schöne Art, diese Welt zu verlassen.«
    Bell war voller Schuldgefühle und Trauer. Mit ausdruckslosem Gesicht blickte er auf den See hinaus. Die Wellen wirkten nicht mehr so bedrohlich, und der Seegang wurde sanfter. Der Chinook zog in östliche Richtung weiter, und der furchtbare Sturm verwandelte sich in eine steife Brise.
    »Nein«, murmelte er, »überhaupt keine schöne Art.«

AUS DER
    TIEFE EMPOR
    16. April 1950
    Flathead Lake, Montana
    Nachdem der Kohlentender geborgen und hinter der großen Pacific-Lok auf das Bergungsschiff gestellt war, führten die Taucher die Stahlseile unter dem Güterwaggon hindurch und befestigten sie am Kran, damit man den Waggon ebenfalls bergen konnte. Trotz des vielen Schlamms war der Name S OUTHERN P ACIFIC auf den Seiten des Tenders noch immer lesbar.
    Am späten Nachmittag ging Bob Kaufman, der Leiter der Bergungsoperation, ungeduldig auf Deck auf und ab, als die Taucher auf der Plattform nach oben gehievt wurden. Er blickte zu den Wolken hinauf, die dunkel, aber nicht bedrohlich waren, und zündete sich eine Zigarette an, während er darauf wartete, dass man dem Leiter des Tauchteams den Messinghelm abnahm.
    Sobald das geschehen war, fragte Kaufman: »Wie sieht's aus?«
    Der Taucher, ein kahlköpfiger Mann Anfang vierzig, nickte. »Die Seile sind befestigt. Sie können dem Kranführer sagen, dass er anheben kann.«
    Kaufman winkte dem Mann, der den großen Kran bediente, der vom Deck des Bergungsschiffs aufragte. »Seile sind befestigt!«, rief er. »Anheben!« Dann drehte sich Kaufman zu dem silberhaarigen Mann um, der neben ihm auf dem Deck stand. »Wir können jetzt den Güterwaggon bergen, Mr. Bell.«
    Isaac Bell nickte. Sein Gesichtsausdruck war gelassen und trotzdem erwartungsvoll. »In Ordnung, Mr. Kaufman. Mal sehen, wie er aussieht, nachdem er all die Jahre auf dem Grund des Sees gelegen hat.«
    Der Kranführer bediente die Hebel, und die Seile strafften sich, als der Dieselmotor von einer niedrigen zu einer hohen Drehzahl wechselte und der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher