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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund
Autoren: James Herbert
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würde.) Selbst die Flöhe irritierten mich, und wenn ich einen auf dem Rücken eines Gefährten herumhüpfen sah, dann stürzte ich mich immer wieder darauf und schnappte dabei nach dem anderen Hund. Das führte gewöhnlich zu einem herrlichen Gebalge, und dann schüttete meistens eine Weißhaut eine kaltmachende Flüssigkeit über uns. Bald war ich als Störenfried bekannt und wurde häufig von den anderen abgesondert und in einem eigenen Käfig untergebracht. Das machte mich nur noch mürrischer und reizbarer, und ich hatte recht bald das Gefühl, von niemandem geliebt zu werden. Die Leute begriffen einfach nicht: Ich hatte Probleme!
    Die Probleme waren natürlich tief in meinem Inneren begraben, wo sich ein seltsamer Konflikt vollzog. Ich wusste, dass ich ein Hund war; und dennoch sagte mir der Instinkt, sagten mir meine Sinne — man mag es auch Intuition nennen —, dass ich das nicht war. Der Konflikt brach in einer kalten, von Träumen erfüllten Nacht zur Oberfläche durch.
    Ich hatte am Rand einer Gruppe pelziger Körper geschlafen die sich gegen mich zusammengeschlossen hatten — zu jener Zeit war ich bei meinen Artgenossen nicht sonderlich beliebt —, und mein Kopf war voll von fremdartigen Bildern. Ich war groß, balancierte unsicher auf zwei Beinen, mein Gesicht war auf der gleichen Ebene mit den Gesichtern der Leute; eine Frau ging auf mich zu, und Freundlichkeit strahlte von ihr aus, nette Laute kamen aus ihrem Mund. Ich schien sie zu kennen und wedelte mit dem Schwanz, eine Bewegung, die mich beinahe das Gleichgewicht kostete. Sie gab ein leises Geräusch von sich, das mir vertraut war, und ihr Mund nahm eine eigenartige runde Form an. Ihr Kopf war nur wenige Zentimeter von dem meinen entfernt und kam näher, berührte den meinen. Meine Nase schlängelte sich heraus und leckte ihre Nase.
    Sie fuhr zurück, und ein einziger Laut entwich ihr. Ich konnte erkennen, dass sie von ihrem plötzlichen Körpergeruch überrascht war. Als ich dann zu keuchen anfing und noch heftiger mit dem Schweif wedelte, war sie noch überraschter. Sie zog sich zurück, und ich folgte ihr unsicher auf meinen zwei Hinterbeinen.
    Sie begann zu rennen, und da musste ich auf allen vieren gehen, um ihr zu folgen. Farben, Geräusche und Gerüche sprudelten durch meinen Kopf, und alles war Chaos, alles war Verwirrung. Andere Gesichter tauchten vor mir auf. Eines war winzig, schön, eine kleine Frau — ein Kind. Sie rieb ihren Kopf an dem meinen und stieg mir dann auf den Rücken, hieb mir die Beine in die Flanken. Wir balgten uns auf dem grünen Zeug, und ich hatte das Gefühl, als müsste ich vor Freude platzen. Dann überschattete Finsternis den Himmel. Ein anderes Gesicht. Zorn strahlte von ihm aus. Ich verschwand und befand mich in einem Käfig auf dem Marktplatz. Dann war ich unter anderen warmen Körpern, die erstarrten, eisigkalt wurden, als die Hunde die Augen öffneten und mich sahen.
    Dann war alles völlige Schwärze.
    Aber ich war in Sicherheit. Ich war warm. Ein lautes, behagliches, pochendes Geräusch klang dicht bei mir, fast in mir. Andere, weniger ausgeprägte Laute tickten rings um mich dahin, in wütender Eile. Alles war weich; ich war umhüllt von lebensspendender, lebenserhaltender Flüssigkeit. Ich befand mich im Leib meiner Mutter, und ich war zufrieden.
    Dann, hinter mir eine treibende Kraft — plötzliche, brutale Rucke, sich zusammenziehende Muskeln. Ich wurde aus meinem sicheren Nest gepresst, durch einen langen schwarzen Tunnel in die schroffe Kälte draußen gestoßen. Ich wehrte mich. Ich wollte bleiben. Ich kannte jenes Draußen schon von früher. Es gefiel mir nicht. Bitte, bitte, lasst mich bleiben! Schickt mich nicht hinaus! Ich will das Leben nicht. Der Tod ist angenehmer.
    Aber die Kräfte waren viel stärker als ich. Der Tod war stärker gewesen, und jetzt war es das Leben auch.
    Zuerst wurde mein Kopf durchgestoßen, und mein kleiner Körper verharrte noch einen Augenblick. Aber in der Schlange waren auch andere, und sie zwängten mich hindurch, übereifrig in ihrer Unwissenheit. Ich fröstelte, und meine Augen wollten sich nicht öffnen: Es war noch genügend Zeit dafür, dass die Realität mich fand. Ich spürte die anderen klitschnassen Körper um mich, und dann leckte eine Zunge so rauh wie Sandpapier all den Schmutz von mir, und ich lag da, armselig und verletzbar.
    Wiedergeboren.
    Ich schrie, und der Schrei weckte mich.
    Mein Kopf fühlte sich an, als müsste er von all dem neuen
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