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Höllenherz / Roman

Höllenherz / Roman

Titel: Höllenherz / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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unwirkliche Fäulnis in der Luft, als schwebte ein giftiger Schleier aus dem fleckigen Himmel herab und wollte die Stadt in seinen bösen Zauber hüllen.
    Es ist wieder da.
    Lor war auf Kontrollrunde durch die Innenstadt. Er konnte die Schwingungen fühlen, es riechen, beinahe im Zischeln der Autoreifen auf nassem Pflaster hören. Seit seiner Ankunft in Fairview hatte er sich an die urbane Landschaft gewöhnt und ihre Launen kennengelernt. Nun spürte er, wie Finsternis in ihre Energie kroch.
    Es war das, was er früher am Abend seinem Freund zu beschreiben versucht hatte. Perry wollte in einem Buch nachsehen, sein breites Wissen des Obskuren nutzen. Aber das Böse war hier, und Lor musste
jetzt
handeln. Das entsprach seiner Natur, der menschlichen wie der animalischen.
    Ich muss es finden.
Der Drang wurde zu einem wachsenden Druck in seiner Brust.
    Ich muss es töten.
    Vor langer Zeit war es das, wofür Höllenhunde wie er geboren wurden: Bedrohungen zu finden und auszuschalten, ehe sie zuschlugen. Als Halbdämonen hatten sie schon übernatürlichen Müll beseitigt, bevor Armani-Anzüge und Smartphones die Gerichte beherrschten. Damals hatte es keine Anhörungen gegeben, nur das Zermalmen von Knochen.
    Und momentan war Lor der Sheriff, so dass seine natürlichen Bedürfnisse von der rechtlichen Seite abgesegnet waren.
    Finden. Aufhalten.
    Obwohl er noch einen vollen Bauch vom Abendessen mit Perry hatte, überkam ihn der Jagdtrieb wie ein elektrisches Kribbeln auf der Haut. Als Höllenhund-Alpha war er sowohl hellseherisch begabt als auch mit einem überragenden Spürsinn ausgestattet. Die anderen Hunde hatten das Böse nicht gefühlt. Noch nicht. Er würde das Rudel alarmieren, sobald er wusste, womit sie es zu tun hatten. Ein guter Anführer ging bei riskanten Unternehmungen immer voran.
    Behielt den ersten Geschmack von Blut für sich.
    Noch während er das dachte, wurde die dunkle Fäulnis, die er auch in seinen Nervenbahnen spürte, dicker und sammelte sich im Norden.
    Er rannte los, immer noch in menschlicher Gestalt, aber schnell wie ein Raubtier. Seine langen Beine trugen ihn durch leere Straßen, in denen sich alte Fassaden zwischen neuere Geschäfte duckten, auf deren schmiedeeisernen Geländern Eisdiamanten glitzerten. Bei der klirrenden Kälte waren nur wenige Leute unterwegs. Die Gehwege waren rutschig und blinkten vor Frost.
    Lor wich einem Laternenpfahl aus und rannte an der viktorianischen Fassade des Empire Hotels vorbei. Die Kassettenfenster waren noch von Weihnachtslichtern umrahmt. einen Block weiter wummerte Musik aus einem Tanzclub, dessen Neonbuchstaben in die Nacht zwinkerten. Die Farben waren grell vor Kälte.
    Beim Einatmen brannte die Luft in seinen Bronchien, was Lor jedoch kaum registrierte. Die Ahnung von Gefahr pochte in seinen Ohren wie ein rasender Puls.
Schneller!
    In mancherlei Hinsicht war es ein Segen, dass die Gefahr hier lauerte, in dem Übernatürlichen-Ghetto, das von den Menschen »Spookytown«, Geisterviertel, genannt wurde. Die Leute hier wussten, wie man kämpfte. Manche der Feinde, mit denen Lor es aufgenommen hatte, konnten Menschen vernaschen wie Miniwindbeutel von einem Hors-d’œuvres-Tablett.
    Nicht dass er sich mit elegantem Essen auskannte, aber das Bild schien ihm passend.
    Nahe, sehr nahe.
Fast konnte er nach oben greifen und den Rand des Bösen berühren.
    Dann aber, zwischen zwei Pulsschlägen, veränderte sich die Nacht. Die Präsenz hatte einem nebligen Schleier geglichen, doch nun füllte sie die Luft wie Flüssigkeit, drang in Lors Mund und Lunge, drückte ihm auf die Haut, als wollte sie ihm die Angst durch die Poren aufzwingen. Lor blieb schlitternd stehen. Sein stoßartiger Atem bewölkte die Luft, und sein Herz hämmerte vor sprachlosem Entsetzen.
    Es wurde totenstill auf der Straße.
    Weiter entfernt kläffte ein Höllenhund tief, heulte eine Warnung, dass etwas Schreckliches vorbeigestreift war. Die Bedrohung war also deutlich genug, dass der Rest des Rudels sie wahrnahm. Der Ruf des ersten Hundes wurde von einem langgezogenen
Auuuuh
eines anderen beantwortet. Dann stimmte irgendwo ein Wolf ein, und schließlich bellten und jaulten die gewöhnlichen Hunde in den Gärten und Hinterhöfen.
    In jedem Haus, jeder Wohnung flackerten Lichter auf.
    Gefahr! Gefahr!
Lor fasste sich wieder, schob die Angst beiseite. Dann schrillte in der Ferne eine Alarmsirene los, irgendwo tief in Spookytown. Feuer? Einbrecher? Hatte diese Bedrohung, woraus auch immer sie
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