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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt
Autoren: Beatrix Gurian
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zu bekommen, aber er geht nicht ran und meine verzweifelten SMS ignoriert er einfach.
    Ich halte es einfach nicht mehr aus, habe Angst, vor Panik völlig durchzudrehen.
    Es gibt nur einen Weg. Ich muss zu ihm.
    Mir ist immer noch übel, als ich mich anziehe und das Haus verlasse. Auf dem Weg zu Valles Wohnung bleibe ich vor jedem Zeitungskasten stehen. Vielleicht war die Meldung über den Toten nur nicht in der Süddeutschen, sondern in einem anderen Blatt. Ich durchblättere die Bild-Zeitung, die TZ und die AZ nach Artikeln über unbekannte männliche Tote, aber auch hier nichts.
    Endlich erreiche ich den vornehmen Altbau in der Widenmayerstraße. Der Hausflur ist voll vergoldetem Stuck und es gibt sogar einen winzigen vergitterten Holzaufzug, der beim Hochfahren derart rattert, dass ich beim letzten Mal Angst hatte, ich würde nicht lebend oben ankommen.
    Valle wohnt allein oben im fünften Stock, von wo aus man einen Blick auf die Isar und das Müllersche Volksbad hat.
    Als ich ihn das erste Mal dort besucht habe, hatte ich erwartet, dass die Wände alle schwarz oder dunkelrot gestrichen wären und überall seltsame Symbole – zum Beispiel ägyptische Zeichen von Seth oder Runen – an die Wand gemalt wären. Doch da hatte ich mich getäuscht.
    Die Wohnküche war knallrot, die Holzschränke sahen aus wie von Ikea, genauso die Spüle. Der Flur und das halbhoch türkis geflieste Bad waren weiß gestrichen. Überall waren Keramikfiguren verteilt, auf den Fensterbrettern, den Regalen und Kommoden. Tänzerinnen, Frösche, Kutschen. Fand ich zwar etwas eigenartig, aber nicht wirklich beängstigend.
    Außer Valle kenne ich nur Robert, der allein lebt. Robert wohnt in einem 70er-Jahre-Albtraum in Schwabing, aber sein Apartment ist modern und sehr stylish; schwarze Ledersessel, schwarze Regale mit vielen Büchern, in der Küchenecke alles aus Stahl, das Schlafzimmer asiatisch reduziert, nur ein Futonbett vor einer roten Wand, gegenüber ein fußballfeldgroßer Flachbildschirm.
    So etwas wie diese Herz-und Hortensienmagnete an Valles Kühlschrank hätte Robert sofort in den Müll geworfen.
    Mama wäre ganz sicher von beiden Wohnungen beeindruckt gewesen, weil sie so ordentlich aufgeräumt waren – ganz im Gegensatz zu meinem Zimmer.
    Ich klingle bei Behrmann und frage mich mal wieder, was Valle eigentlich den ganzen Tag macht. Mit der Schule ist er fertig, aber auf meine neugierigen Fragen hat er immer nur geheimnisvoll gegrinst und gemeint, dass ich es bei passender Gelegenheit schon erfahren würde. Und es für mich besser wäre, wenn ich es jetzt noch nicht wüsste. Was eindeutig unter Wichtigtuerei abzuspeichern ist. Ich vermute, dass er auf einen Studienplatz wartet. Wahrscheinlich gammelt er den ganzen Tag herum.
    In diesem Moment ertönt der Türsummer. Ich habe keine Zeit für den Aufzug und stürme die fünf Stockwerke hoch.
    Völlig außer Atem komme ich oben an, die Tür zur Wohnung ist offen. Valle steht im Flur, er scheint erst aufgestanden zu sein, trägt nur ein T-Shirt und schwarze Boxershorts. Seine Haare sind verstrubbelt. Er gähnt.
    »Was willst du denn hier um diese Uhrzeit? Hast du keine Schule?« Er geht in die Küche, stellt den Wasserkocher an und holt Kaffee aus dem Kühlschrank.
    »Ich muss endlich wissen, was mit dem Detektiv passiert ist«, presse ich noch immer fast atemlos hervor.
    »Wir haben uns um ihn gekümmert.« Er gießt Wasser auf das Pulver in der Kanne und rührt um.
    »Wir? Wieso wir? Ich dachte, du kümmerst dich um ihn.«
    Valle hält fragend einen leeren Becher hoch, aber ich schüttle den Kopf. Wie kann er jetzt an Kaffeetrinken denken? In aller Seelenruhe gießt er sich ein und setzt sich dann zu mir an den Tisch. »Wir sind eine Gruppe von Gleichgesinnten.« Er pustet über den dampfenden Becher.
    »Von Gleichgesinnten?«
    »Gibt’s hier ein Echo? Frag, was du willst, aber bitte lass dieses alberne Nachgequatsche.«
    »Rede nicht so mit mir! Ich fühl mich verdammt mies! Also noch mal: Wer sind diese Gleichgesinnten?«
    Er schlürft weiter seinen Kaffee, als wäre nichts passiert.
    Ich springe auf, plötzlich möchte ich ihn schütteln. »Geht’s vielleicht auch ein bisschen weniger geheimnisvoll? Ich werde verrückt, weil ich einen Menschen auf dem Gewissen habe! Kannst du jetzt endlich die Klappe aufmachen und mir erzählen, was genau ihr gemacht habt?« Meine Stimme überschlägt sich fast.
    Valles Augen blitzen auf. »Nicht in diesem Ton. Das kann ich nicht
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