Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
persönlich dafür verantwortlich, daß Mrs. Talbot morgen das Flugzeug besteigt, Tony.«
      »Ja, Sir.«
      »Gut.« Ferguson nahm sich nun Egan vor. »Und Sie, Sean, finden sich pünktlich um elf Uhr vormittags in meiner Woh­ nung am Cavendish Square ein. Wir müssen uns unbedingt unterhalten.« Er ließ Egan gar nicht mehr zu Wort kommen, sondern sagte bloß: »Gute Nacht, Mrs. Talbot«, und ging zur Tür.
      Villiers legte ihr die Hand auf den Arm. »Ich sehe dich mor­ gen früh, Sarah.« Er folgte Ferguson nach draußen.
      Die Haustür fiel ins Schloß, der Daimler fuhr an und brauste davon. Stille trat ein. Sarah stand reglos da in der alten See­ mannsjacke und der Wollmütze, das Gesicht dreckverschmiert.
      »Das war’s also?« fragte Egan.
      »O nein, Sean. Ich weiß es und Sie genauso, aber zuerst brauche ich eine Dusche und ein paar saubere Sachen.« Sie streichelte ihm kurz die Wange, eine Geste echter Zuneigung. »Soll ich Ihnen was sagen? Sie sind ein toller Bursche. Machen Sie uns in der Küche einen Tee, während ich mich umziehe, und dann reden wir.«
      Sie stand fünf Minuten unter der heißen Dusche, trocknete sich dann das Haar, kämmte es und band es, immer noch feucht, zu einem Pferdeschwanz. Sie nahm frische Unterwä­ sche aus dem Kleiderschrank, eine cremefarbene Seidenbluse. Es war, als habe sie alles, was in Irland geschehen war, wegge­ spült, und sie fühlte sich schon besser. Als sie in die Küche hinunterkam, trug sie die braune Wildlederhose und hochhak­ kige Stiefel.
      »Hübsch sehen Sie aus«, bemerkte er, als er Tee einschenkte.
      »Mir geht’s auch wirklich besser.« Sie saßen sich am Tisch
    gegenüber, in einer seltsamen Vertrautheit. »Etwas wollte ich Sie schon immer fragen, Sean.«
      »Und was ist das?«
      »Sie haben nie eine Frau in Ihrem Leben erwähnt.« Sie stockte. »Wegen Sally? Schließlich war sie ja nicht Ihre richti­ ge Schwester.«
      »Was mich angeht, war sie es und wird es immer bleiben.« Er steckte sich eine Zigarette an, hustete etwas und hielt inne. »Warum zum Teufel rauche ich dieses Zeug?« Er drückte sie aus. »Es gab ein Mädchen, damals in Belfast. Mary Costello. Ein nettes, katholisches Mädchen. Ihre Familie war natürlich nicht einverstanden. Eigentlich waren alle in ihrer Umgebung dagegen. Es war eine ganz und gar republikanische Gegend.«
      »Aber Sie sind doch selber Katholik«, wandte sie ein.
      »Ich war freilich auch Soldat der britischen Army. Eines Abends haben die dortigen Frauen sie jedenfalls geschnappt. Kahlgeschoren, geteert und gefedert, an einen Laternenpfahl festgebunden. Nicht mal ihre Eltern trauten sich raus zu ihr. Sie wurde am Morgen von einer Militärpatrouille gefunden und ins Krankenhaus gebracht.« Egan stand auf und starrte hinaus. »An dem Tag, an dem sie wieder entlassen wurde, hat sie sich im Liffey ertränkt.«
      Sarah schossen plötzlich heiße Tränen in die Augen. »Wie konnten diese Menschen nur so grausam sein?«
      »Nicht die Menschen sind grausam. Das Leben und was es ihnen antut, sind grausam. Sie werden in vollkommen unbarm­ herzige Verhältnisse hineingeboren, die ihnen gar keine Wahl lassen, keinen Ausweg.«
      Als er sich umdrehte, wirkte er so unglücklich, so gequält, daß sie zu ihm ging und ihn in die Arme schloß. »Ist es so schlimm?«
      »Schlimmer könnte es gar nicht sein.«
      »Also machen wir weiter.« Sie zog ihn an den Tisch, und sie setzten sich wieder. »Das Foto, das Leland Barry Ihnen gab, als Sie ihn mit der Waffe bedrohten, das Foto von dem Treffen in Stranraer. Sie wollten es mir zeigen, als er sich den Revolver schnappte und dann die Meute reinstürmte. Haben Sie’s noch?«
      »Ja.«
      »Aber Sie haben Tony und Ferguson kein Wort davon ge­
    sagt. Warum nicht?«
      »Weil es sie nichts angeht, nicht mehr. Jetzt ist es rein per­ sönlich.«
      »Der Kurier, den Smith geschickt hat, war eine Frau, das hat doch Barry gesagt?«
      »O ja.« Egan nickte. »Es war tatsächlich eine Frau.«
      Er nahm das Foto aus der Tasche und schob es über den Tisch. Es zeigte Murtagh, an einen Pfosten gelehnt an der Anlegestelle in Stranraer, und eine grauhaarige Frau im Win­ termantel, die mit ihm sprach. Ida Shelley.
      »O mein Gott!« flüsterte Sarah.
      Egans Gesicht war unnatürlich ruhig. »Sie ist in Wirklichkeit meine Kusine. Als Kind nannte ich sie natürlich Tante, und für Sally war sie immer Tante
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher