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Hoehepunkte der Antike

Titel: Hoehepunkte der Antike
Autoren: Kai Brodersen
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1583 als Titel einer von Dionysius Gothofredus herausgegebenen Gesamtausgabe. Moderne Ausgaben des
Corpus iuris civilis
enthalten als erstes die Institutionen, dann die Digesten, danach den
Codex
und abschließend die Novellen.
     
     
    Die Digesten
     
    Eingehender sei auf den nicht nur umfangreichsten, sondern vor allem inhaltlich bedeutendsten Teil der justinianischen Kompilation
     eingegangen: die Digesten. Zum weit überwiegenden Teil beschäftigen sie sich mit dem Privatrecht. Äußerlich sind sie in fünfzig
     Bücher eingeteilt, die (mit Ausnahme von Buch 30–32) in Titel unterteilt sind. Die Titel bestehen aus den Fragmente oder
leges
genannten Exzerpten der Juristenschriften, denen jeweils das Zitat des Juristen mit Titel und Buchziffer seiner Schrift, die
     so genannte
inscriptio
, vorangestellt ist; längere Fragmente werden seit dem Mittelalter in Paragraphen unterteilt. Dem glücklichen Umstand, dass
     die Kompilatoren, einer entsprechenden Anweisung Justinians (bzw. einem Einfall Tribonians) folgend, mit der
inscriptio
den Namen und das Werk des exzerpierten Juristen bewahrt haben, ist es zu verdanken, dass die historische Durchdringung des
     römischen Rechts möglich ist.
    Die Vollendung des gewaltigen, etwa tausend moderne Druckseiten umfassenden Projekts in nur drei Jahren grenzt an ein Wunder.
     Sie stellt eine organisatorische Meisterleistung Tribonians dar, deren Einzelheiten allerdings nach dem Stand der Überlieferung
     nicht vollständig rekonstruiert werden können. Sicher ist, dass er die vorhandenen Juristenschriften |221| nach Sachgebieten in drei „Massen“ (die so genannte Sabinusmasse, Ediktsmasse und Papiniansmasse; hinzu trat im Lauf der Kompilation
     noch ein Anhang, die so genannte Appendixmasse) teilen ließ. Dabei dürften die einzelnen Massen von je einer Unterkommission
     bearbeitet worden sein, welche die Texte den Digestentiteln zuwies. Im Rahmen dieser Arbeit wurden insbesondere die verschiedenen
     Großkommentare parallel gelesen und exzerpiert. Details zur Arbeit dieser Unterkommissionen sind nicht mit Sicherheit erkennbar.
     Tony Honoré hat (in Zusammenarbeit mit Alan Rodger) einen geistreichen, aber höchst spekulativen Versuch unternommen, dieses
     Rätsel zu lösen. Seine Thesen haben sich zwar nicht durchgesetzt, immerhin konnte Honoré aber zeigen, dass bei Zugrundelegung
     einigermaßen plausibler Arbeitshypothesen die Aufgabe innerhalb der drei Jahre bewältigt werden konnte. Verschiebungen einzelner
     Fragmente innerhalb der einzelnen Massen oder über die Massengrenzen hinaus zeigen, dass die Digestentitel nach einer anschließenden
     Redaktion der Exzerpte endgültig fertiggestellt wurden.
    Zwar existierten schon in vorjustinianischer Zeit Rechtssammlungen, die auch Exzerpte von Juristenschriften enthielten, so
     etwa im 4. Jahrhundert die
Fragmenta Vaticana
oder die
Collatio legum Mosaicarum et Romanorum
. Doch handelt es sich bei den Digesten um eine wirkliche Neukonzeption ohne ein konkretisierbares Vorbild. Alle bisherigen
     Versuche, die Existenz von „Prädigesten“ nachweisen zu wollen, dürfen als gescheitert gelten.
    Für die rechtskulturelle Bedeutung der Digesten wichtiger als die Frage nach den Einzelheiten ihrer Entstehung ist allerdings
     die Frage nach ihrem Inhalt. Mit anderen Worten: Was verbirgt sich hinter den bisher pauschal „Juristenschriften“ genannten
     Texten? Damit untrennbar verbunden ist die Frage nach der „Rechtsqualität“ der Juristenschriften.
    Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Das römische Recht manifestiert sich sowohl hinsichtlich seiner Entwicklung wie auch der Ergebnisse
     hauptsächlich in den Schriften der römischen Juristen. Sie stellen dessen Substrat dar. Die Schriften, deren Fragmente von
     den Digesten bewahrt wurden, sind frühestens in spätrepublikanischer Zeit (Quintus Mucius Scaevola, Alfenus Varus, Aelius
     Gallus) entstanden und reichen bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts. Zwischen ihrer Abfassung und der |222| justinianischen Kompilation liegen demnach mindestens drei Jahrhunderte. Dieser Umstand rückt die klassizistische Haltung
     Justinians bei seiner Kompilation in besonders helles Licht.
     
     
    Rechtsfindung in Rom
     
    Die Eigenart der Juristenschriften kann nur erfasst werden, wenn man die Aufmerksamkeit kurz auf die Methode der römischen
     Rechtsfindung richtet. Heutzutage gehört die Weisheit, dass ein Blick ins Gesetz die Rechtsfindung erleichtert, zu den Kalauern,
     die man
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