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Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern
Autoren: Anthea Bischof
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einmal, an welchen Tagen sie da war und er erinnerte sich dunkel, dass die Küche im Haus weit besser ausgestattet war, als er selbst es benötigte. Ganz zu schweigen davon, dass er weder in der Lage war, eine Mahlzeit zuzubereiten noch zu wissen, was er für sich selbst am besten einkaufte. Er hatte das während all der Jahre stets Christelle überlassen. Nun musste er sich neu organisieren. Denn, so ärgerlich es war, es blieb ihm nichts übrig, als sich mit Christelles Entscheidung abzufinden. Es gab, das sah er, keinen Weg zurück.
    Das Wochenende würde er damit verbringen, sich um all diese Details zu kümmern. Was für ein Ausblick. Er rief Roland an.
    „Sag einmal: Was muss ich denn machen, dass meine Kinder mich besuchen können?“ fragte er den Freund.
    „So einfach ist das nicht, weil sie ja noch ziemlich klein sind“, gab Roland zu bedenken.
    „Ich weiss, aber wenn ich ein Au-pair schicke, das die beiden einsammelt, hierher bringt, sie beaufsichtigt, wenn ich verhindert bin, und dann wieder zurückbringt, dann sollte doch für alles gesorgt sein, oder?“ fragte Karl.
    „Ähm“, murmelte er andere nachdenklich. „Das scheint mir gar keine schlechte Idee zu sein. Es ist gut, wenn du so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringst, damit sie dich als Bezugsperson nicht verlieren. Sonst kannst du später kein geteiltes Sorgerecht beanspruchen und das wird teuer. Aber die Idee mit dem Au-pair ist gut. Darauf können wir aufbauen. Hast du denn jemanden?“
    „Nicht im geringsten“, erwiderte Karl.
    „Dann schau dich mal um, das soll nicht ganz einfach sein. Die Person muss vertrauenswürdig sein, gell. Immerhin vertrauenswürdiger als Christelles neuer Kauz.“
    „Wer?!“
    „Hm. Hat sie dir das nicht gesagt?“ fragte Roland vorsichtig. Es war nicht seine Art, in Fettnäpfchen zu treten und nun war ihm seine Bemerkung sehr unangenehm.
    „Was? Was soll sie gesagt haben?“ rief Karl. Es war ihm selbst nicht bewusst, wie sehr er seine Stimme erhoben hatte.
    „Sie hat einen Architekten kennengelernt“, sagte Roland deswegen vorsichtig.
    Am anderen Ende war Stille. Karl dachte nach.
    „Die Idee mit der Au-pair finde ich sehr gut. Wenn ich dir bei der Auswahl irgendwie helfen kann?“ sprach Roland weiter, um die Situation zu überbrücken.
    „Kenn ich ihn?“ fragte Karl.
    „Ich glaube nicht. Ich habe ihn jedenfalls nicht gekannt“, meinte Roland.
    „Was ist das denn für einer?“ forschte Karl.
    „Ein bisschen ein Kauz eben. Langweilig. Setzt ziemlich Fett an. Er hat ein kleines Architekturbüro hier“, führte Roland aus.
    „Woher kennt sie ihn?“ fragte Karl weiter.
    „Das weiss ich nicht, davon habe ich keine Ahnung. Es tut mir Leid, dass ich dir jetzt die Botschaft überbracht habe, gell“, meinte Roland.
    „Schon gut“, sagte Karl. „Merci und tschüss.“
    Karl glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. War es möglich? Seine Christelle, die prüde, unzugängliche Christelle hatte sich einen Liebhaber gesucht? Ihm wurde übel. Es war nicht auszudenken. Ein Bild entstand vor seinem inneren Auge und vor Wut barst ihm fast die Brust.
    „Das ist dein verfluchter Grund?!“ sagte er. „Das ist dein ‚es gibt eine Zeit für Trennungen‘?“
    Ein fetter Architekt? Es war zum Speien.
    Er rief Anna herein und bat sie, sich zu setzen.
    „Hören Sie, ich brauche ein Au-pair. Für meine Kinder. Wissen Sie, wie ich am besten jemanden finde?“ sagte er unverblümt.
    Anna hob die Brauen und sagte: „Ich werde sehen, was ich tun kann.“
    Er war ihr über die Massen dankbar, dass sie ihm keine Fragen stellte. Er hatte so wenig Antworten.
    Auf keinen Fall, sagte er sich, konnte er heute Abend allein sein. Wo er sich aber die Sorte Gesellschaft auftrieb, das wusste er selbst, dafür war er auf keine Assistenz angewiesen.
     
    Sie hatten sich in der Lobby des Hotels Opera angetroffen. Sie hatte mit gewerblichem Ausblick die langen Beine übereinander geschlagen und nach Geselligkeit geblinzelt. Als Karl sie gefragt hatte, ob er sich setzen dürfe, hatte sie mit bescheiden einladendem Blick genickt.
    Er schätzte, dass sie vor gut zehn Jahren umwerfend ausgesehen haben musste. Kleine Fältchen breiten sich in ihren Mundwinkeln aus und wenn sie ihr warmes Lächeln gab, so waren ihre Augen in ein weiches Netz gebettet. Die stark glänzenden Lippen und das blondierte Haar zogen die Blicke auf sich, während ihre Sanftheit sie fast zurückhaltend erscheinen liess. Eine Masche, sagte sich Karl, die
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