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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall
Autoren: Regine Kölpin
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hier aber nicht.«
    »Wo steckt die Hebamme?«
    Das Grinsen des Wächters verbreiterte sich, schien sich bis zu den Ohrläppchen hochzuziehen. »Der Papist hört eine Toversche? Das sollte ihm zu denken geben. Nun halt’s Maul, ich helf dir nicht und dem Weib auch nicht. Das tut schon ein anderer, der ganz gut dafür bezahlt hat.«
    Er trat Garbrand in den Bauch und verschloss das Gitter der Zelle.
    Jan erwischte Anneke noch, bevor sie mit dem Meester der Kraweel handelseinig geworden war. »Du bleibst!«, stieß er hervor. »Und du spuckst jetzt aus, wo Hiske ist. Deine Gründe für alles, auch den Mord an Friso van Heek, kannst du mir später erklären. Jetzt will ich einfach nur wissen, wohin du die Frau, die mir alles bedeutet, verschleppen hast lassen, und wer dahintersteckt. Du wirst diesen Flecken nicht verlassen!«
    Anneke war bleich geworden und riss dem überraschten Meester die paar Schap aus der Hand. Geld hatte sie kaum genug für die Reise, also musste sie ihm noch andere Dienste versprochen haben. Jan sah das enttäuschte Blitzen in den Augen des Mannes.
    »Komm mit! Wir gehen zu Krechting«, sagte Anneke.
    Jan war erstaunt über das rasche Einlenken der Marketenderin, folgte ihr aber. »Erzähl mir bis dahin, was passiert ist. Und zwar alles!«
    Der Weg zu Krechting war lang, und es war, als sei ein Damm gebrochen, als Anneke auf dieser Strecke Jan eine Geschichte erzählte, die in Amsterdam ihren Anfang nahm und in der Herrlichkeit Gödens mit einem fatalen Wiedertreffen endete.
    Kurz vor der Burg, wo Krechting seine Amtsgeschäfte tätigte, hielt Jan an. »Ich dachte, du wärst bei der Hebamme groß geworden, mit der du ja auch den Wortsammler auf die Welt geholt hast?«
    Anneke nickte. »Nach Amilia habe ich für Dudernixen gearbeitet, und Magda hat alles geduldet, hat es ihr doch ein gutes Nebeneinkommen beschert. Aber auf der Knorr, während der Reise hierher, ist dann die alte Hebamme zu mir gekommen. Ich glaube, sie hat geahnt, was ich tun musste, obwohl sie nie gefragt hat. Sie war ein starkes Weib, und solange sie lebte, hat der Bader es nicht gewagt, mich als Duuvke arbeiten zu lassen. Sie hätte es gemeldet. Später ging es für mich nicht anders, wenn ich nicht hätte verhungern wollen. Ich hab mir das gefallen lassen, weil ich große Angst vor ihm hatte. Er kannte meine Mutter und wusste, dass sie unehrenhaft war. Er wusste von meiner Mutter, wie ich meine Unschuld in Amsterdams Gassen verloren habe an ein paar wollüstige Jungs. Nie habe ich gewollt, dass es jemand erfährt.« Sie schlug die Augen nieder. »Ich bin eben eine gefallene Frau. Das wollte ich auch vor dir immer geheim halten. Weiber wie mich schaut kein anständiger Mann an.« Sie machte eine kurze Pause. »Und den Geruch von Seife mag ich auch nicht mehr. Seife war stets mein größtes Unglück.«
    »Wer ist der böse Mann, von dem der Wortsammler sprach?«, fragte Jan, Annekes Bemerkung übergehend.
    »Klaas Krommenga, der Scharfrichter aus Jever. Er hat mich erpresst, weil er den Mord beobachtet hat.« Anneke begann zu weinen. »Hiske wusste auch zu viel. Von mir als Hure, über Linas Tod, weil sie sich selbst der Frucht entledigt hat. Alles! Und ich will noch nicht sterben!«
    Jan verspürte eine Mischung aus Mitleid, aber auch Abscheu. Wahrscheinlich wurde man so wie die Marketenderin, wenn schon als Kind alles Gute fehlte, was einen Menschen prägte. Anneke schien ihm wie ein Haus, dem der Sockel fehlte, um den Stürmen, die über das Meer wehten, standhalten zu können.
    »Wo ist Hiske, Anneke? Lebt sie noch? Was weißt du?«
    Anneke wand sich. »Ich weiß nicht, wo Hiske ist!«
    Jan griff nach ihrem Arm, umfasste ihn so fest, dass sie das Gesicht vor Schmerzen verzog. »Hiske wird dich nicht verraten, Anneke, und du hast schon alles zugegeben. Was sollte dir nun noch geschehen? Bitte, wenn dir unsere Freundschaft je etwas bedeutet hat: Sag mir, wo sie ist!«
    »Ich glaube nicht, dass sie noch lebt«, stieß Anneke schließlich hervor. »Und wenn, wirst du sie nicht so wiederbekommen, wie du sie kennst. Ein Mann wie Klaas Krommenga ist ein Seelenbrecher. Vor allem, wenn er von Hass und Rache zerfressen ist.«
    »Wo ist sie? Zum letzten Mal!«
    »Ich vermute, irgendwo auf der Burg. Wo sonst sollte Klaas seinen Folterkeller einrichten? Er hat Geld genug, seine Helfer und Helfershelfer zu bestechen.« In Annekes Stimme schwang eine gewisse Genugtuung. Jan wusste nun, warum er diese Frau nie hätte lieben
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