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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin
Autoren: Regine Kölpin
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hatte solche Furcht«, begann Anneke wieder. »Ich habe nicht deinen Mut, Hiske. Jeder hätte mir die Hölle heiß gemacht, wenn er gewusst hätte, dass ich mich mit dem vermeintlichen Irren abgebe. Außerdem war dann ja Tyde da, die ihm Milch und Brot hingestellt hat, da konnte ich mich zurückziehen.« Anneke machte eine Pause. Sie musste ihre Gedanken kurz sortieren, damit sie die folgende Anschuldigung richtig formulierte. »Aber später, als Adeles Mann vom Meer mitgenommen wurde, da hat von Ascheburg vor ihr gestanden, und da war dieser Blick wieder da. Ich habe es genau gesehen, wollte aber die Bedrohung nicht wahrhaben. Von Ascheburg war sehr wichtig für uns alle hier.«
    »Kein Beweis«, brummelte Dudernixen. »Die Frau war genauso irre wie ihr Balg. Mit dem Messer ist sie auf mich los.«
    Schemering hob die Hand, war wieder ganz der Landrichter. »Hier geht es um Recht und Gerechtigkeit. Ich werde und will nicht dulden, dass Unschuldige für etwas büßen, womit sie nichts zu tun haben.« Er blickte zu Dudernixen. »Adele Stausand hatte ein Motiv, Cornelius von Ascheburg und Tyde zu töten. Neid, Rache, Eifersucht. Später hat sich ihr Hass auch auf Hinrich Krechting übertragen, weil er derjenige war, der uns Täufer hier zusammenhält. Ein Glaube, der ihr Leben zerstört hat, weil wir in Münster es Jan van Leyden gleichgetan und mehrere Frauen geehelicht und später dann verstoßen haben.«
    Schemering sah zu Boden, und es schien Jan fast, als schäme er sich ein wenig.
    Er sah den Landrichter an. »Mehrere Frauen? Vielweiberei?«
    »Es waren mehr Frauen als Männer dort, sie mussten versorgt werden. Gefühle sollten keine Rolle spielen, aber wie wir sehen, hat es nicht immer geklappt.« Wolter Schemering räusperte sich. »Auf jeden Fall fehlt der Hebamme und auch dem Kind jedes Motiv, wir haben sie aufgegriffen ohne Beweise.«
    »Sie ist in Jever als Toversche angeklagt!«, stieß Dudernixen hervor.
    »Jever ist Jever, nicht die Herrlichkeit Gödens, werter Bader.«
    Dudernixen schürzte die Lippen, er wirkte beinahe beleidigt, schwieg aber nun.
    »Ich bin auch erst am frühen Morgen in die Herrlichkeit gekommen, von Ascheburg aber ist in der Nacht zuvor umgebracht worden. Ich kann es gar nicht gewesen sein«, schwor Hiske.
    In ihrer Stimme lag so viel Hoffnung, dass es Jan körperlich schmerzte, sie so zu sehen. »Das wäre ja noch schöner, wenn wir hier unter den Täufern eine Toversche nach Emden oder Aurich zum Prozess schicken. Ich bitte Euch, Schemering: Nehmt die Anklage wegen Hexerei zurück!« Jans Stimme klang flehend. »Ihr seid Täufer! Keine Katholiken, die an den Satan glauben!«
    »Der Junge …«, begann Dudernixen in einem letzten Anlauf.
    Jan war sich sicher, dass der Bader eine Menge zu verbergen hatte, er vermutete, dass der Tod Adeles nicht zwangsläufig notwendig gewesen wäre, auch wenn sie das Messer vermutlich als Erste in der Hand gehabt hatte. Der Bader war ein kräftiger Mann, es wäre ihm ein Leichtes gewesen, es ihr zu entwenden. Nur würde das niemand bezeugen können. Dudernixen war durchaus in der Lage, Fakten und Menschen ohne schlechtes Gewissen zu manipulieren.
    Schemering sah zu Anneke. »Was wisst Ihr noch? So wie Ihr weint, war das noch längst nicht alles.«
    »Einmal hatte sie Fieber, und da hat sie von Münster geredet.«
    »Und?«
    »Sie war die dritte Frau von Ascheburgs. Seine erste ist schon in Münster verstorben, so wie die andere auch. Adele kam fast zeitgleich mit mir und Euch. Sie war hochschwanger, und Ihr habt sie kurzerhand mit Stausand verehelicht.«
    Wolter nickte, ihm schien die Dimension dieser Handlung erst jetzt bewusst zu werden. Nie hatte er hinterfragt, von wem Adeles Kind war, zumal es schließlich tot geboren und somit aus den Gedanken der Menschen verschwunden war. Jeden Gedanken daran, dass der Irre, der Schatten, damit etwas zu tun haben könnte, hatte er immer wieder erfolgreich verdrängt. Ein grober Fehler, weil sie alle mit Blindheit geschlagen waren und nur ihre Sache gesehen hatten.
    »Sie hat ihn gehasst, weil er sie nach Münster als Ehefrau verstoßen hatte. Weggeworfen wie die Schale eines Apfels, hat sie mal gesagt. Das war ihr Lieblingsspruch. Und als von Ascheburg dann Tyde geheiratet und sie sogar geschwängert hat, ist sie durchgedreht. Ihr Hass hatte gewonnen, alles andere war diesem einen Gefühl untergeordnet.«
    »Besser hätte ich es nicht sagen können«, sagte Wolter. »Der einzige Vorteil ist: Sie kann kein
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